Wer krank ist, zahlt weiter
Migros-Tochter Activ Fitness prellt Kunden um Abo-Pause

Die Migros-Tochter Activ Fitness erlaubt ihren Kunden keinen Abostopp bei Krankheit oder längeren Reisen. Die Begründung: Die Abos laufen aufgrund der Corona-Lockdowns sowieso schon auf Zeitgutschrift. Die Stiftung für Konsumentenschutz spricht von «Vertragsbruch».
Publiziert: 22.09.2021 um 01:04 Uhr
Sarah Frattaroli

Wer im Fitnessstudio aufs Laufband, die Hantelbank benutzen oder an die Beinpresse will, braucht seit kurzem ein Covid-Zertifikat. Für ungeimpfte Sportfanatiker heisst das: alle paar Tage zum Test.

Wem das nicht passt, der hat zwar kaum Chancen, sein Abo zu kündigen. Aber viele Fitnesszentren bieten an, die Mitgliedschaft vorerst zu pausieren. Darunter die Migros-Tochter Activ Fitness, mit 87 Studios die laut eigenen Angaben erfolgreichste Fitnesscenter-Gruppe im Land. Kostenpunkt für den sogenannten Timestop: 50 Franken.

Activ Fitness zeigt sich gegenüber Zertifikats-Gegnern also offenbar kulant. Wer hingegen länger verreist, krank wird oder sich verletzt, hat weniger Glück. Ein Timestop wird zum Ding der Unmöglichkeit.

Fabienne S. konnte ihr Fitnessabo nicht pausieren, obwohl sie monatelang verreiste. Blick in ein Studio von Activ Fitness in Zürich-Oerlikon.
Foto: Keystone
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So passierte es Fabienne S.* (29). Sie trainiert dreimal pro Woche in den Fitnessstudios von Activ Fitness. Im Frühsommer verreiste Fabienne für drei Monate und wollte ihr Abo pausieren.

Die Antwort von Activ Fitness: «Momentan läuft Ihr Abo auf Zeitgutschrift, und deshalb können wir keine Pausierung oder eine weitere Zeitgutschrift geben.» So steht es in einem E-Mail, das Blick vorliegt.

Konsumentenschützerin empört

Die Fitnessstudios waren aufgrund der Corona-Beschränkungen insgesamt sechs Monate lang komplett dicht. Fabiennes Abo wurde automatisch pausiert. Als die Studios im April wiedereröffneten, lief Fabiennes Abo weiter. Obwohl sie verreist war und nicht trainieren konnte.

Auf Anfrage von Blick verteidigt Activ Fitness das Vorgehen: «Die Lockdown-Garantie war und ist eine freiwillige Dienstleistung, die wir unseren Mitgliedern als Dankeschön für ihre Treue gewährt haben. Die Verlängerung der Abonnements um insgesamt sechs Lockdown-Monate kann nicht nochmals zusätzlich durch ein ärztliches Attest, das entweder in die Zeit des Lockdowns oder in die Zeit der bereits erhaltenen Lockdown-Verlängerungen fällt, heraufgesetzt werden.»

Das sorgt bei der Stiftung für Konsumentenschutz für Stirnrunzeln. Geschäftsleiterin Sara Stalder (54) findet das Vorgehen von Activ Fitness schlicht und einfach «falsch». In den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist nämlich nirgends davon die Rede, dass ein Abo nicht pausiert werden kann, wenn es auf Zeitgutschrift läuft. «Sie können nicht einfach schalten und walten, wie es ihnen beliebt. Das entspricht einem Vertragsbruch.»

Auch, dass die Lockdown-Garantie freiwillig erfolgt sei, sieht Stalder anders. «Der Kunde konnte während der Lockdowns die Leistungen nicht beziehen. Fitnessstudios müssen den Kunden also das Geld zurückerstatten oder eine Zeitgutschrift gewähren.»

Wehren können sich Betroffene wie Fabienne S. allerdings kaum, gibt Sara Stalder zu: «Man kann die Konsequenzen ziehen und sich ein neues Fitnesscenter suchen. Aber wenn Activ Fitness nicht einlenkt, müsste man vor Gericht ziehen, um den Timestop einzufordern. Das ist kosten-, zeit- und nervenintensiv, das raten wir niemandem.»

Geduldsfaden gerissen

Die Fitnessbranche wurde durch Corona arg gebeutelt, kämpfte mit Schliessungen und sieht sich nun mit der Covid-Zertifikatspflicht konfrontiert. Das sei aber noch lange keine Ausrede, um nun zusätzliche Kosten auf die Kunden abzuwälzen, findet Stalder: «Wir haben die Konsumenten lange dazu aufgefordert, kulant zu sein, gemeinsam mit den Fitnesszentren nach Lösungen zu suchen. Wir mussten aber feststellen, dass sich gerade grosse Anbieter querstellten.»

Der Geduldsfaden bei Stalder ist gerissen. Sie empfiehlt Sportfreunden nun, ihre Rechte bei den Fitnessstudios aktiv einzufordern.

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