Wodka, Whiskey und die Schweizer Wirtschaft
Wie wichtig sind Russland und die USA für uns?

Nicht nur wenn sich die beiden Präsidenten Biden und Putin in der Schweiz treffen, geniesst unser Land grosse Aufmerksamkeit von den USA und Russland. Denn als Wirtschaftsstandort ist die Schweiz bei beiden beliebt.
Publiziert: 13.06.2021 um 18:57 Uhr
Christian Kolbe

Oligarchen und Organisationen, Menschen und Moneten, Gazprom und Google. Das sind stark verkürzt die wirtschaftlichen Verflechtungen der kleinen, offenen Volkswirtschaft Schweiz mit den beiden Grossmächten Russland und USA, deren Präsidenten sich am 16. Juni in Genf treffen.

Oligarchen, Menschen und Gazprom: Es sind die Oligarchen, schwerreiche Wirtschaftsmagnaten, die das Bild der Wirtschaftsbeziehung zwischen der Schweiz und Russland prägen. Die Liste illustrer Persönlichkeiten ist lang, angeführt von Viktor Vekselberg (64), der über seine Renova-Gruppe unter anderem namhafte Anteile an Schweizer Industrie-Ikonen wie Sulzer oder OC Oerlikon besitzt.

Von Sanktionen betroffen

Oder Gennadi Timtschenko (68), der es mit einem Vermögen von 12,5 Milliarden Franken auf Rang zwölf der Liste der reichsten Schweizer geschafft hat und in Cologny GE wohnt. Sein Geld hat er im Öl- und Gasgeschäft verdient, hat beim Judo auch schon mal Wladimir Putin (68) auf die Matte gelegt oder mit dem russischen Präsidenten Eishockey gespielt. Mit Vekselberg teilt er das Schicksal, auf der US-Sanktionsliste zu stehen.

Von den Amerikanern stark kritisiert, aber nicht sanktioniert: Die Gaspipeline North Stream 2. Das Bild zeigt ein Spezialschiff einer Schweizer Firma bei der Verlegung von Röhren vor der deutschen Insel Rügen.
Foto: Keystone/DPA/BERND WÜSTNECK
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Bei den Amerikanern in der Schweiz fehlen so illustre Figuren, die prominentesten sind Vas Narasimhan (44), Konzernchef von Novartis, oder Erik Fyrwald (61) von Syngenta.

Beide Welten verbindet die gebürtige Russin Margarita Louis-Dreyfus (59), die mit dem ehemaligen Schweizer Notenbanker Philipp Hildebrand (57) liiert ist und im Vorstand der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer sitzt. Eine wichtige Institution, hätte es die US-Wirtschaft 2020 doch beinahe geschafft, mit einem Volumen von knapp 40 Milliarden Franken zum wichtigsten Exportpartner für die Schweiz aufzusteigen. Zum Vergleich: Russland liegt in dieser Rangliste mit knapp drei Milliarden Franken lediglich auf Rang 17.

Riesige Geldströme

Organisationen, Moneten und Google: Schweizer wie amerikanische Firmen investieren ihr Geld gerne im jeweils anderen Land. Dabei geht es um gewaltige Summen: Schweizer Firmen haben 286 Milliarden Franken in den USA investiert, sind damit die Nummer sechs, umgekehrt stecken 211 Milliarden Franken US-Direktinvestitionen in Schweizer Firmen – das macht die USA zur Nummer eins in der Schweiz.

Die Liste der grössten US-Firmen der Schweiz liest sich wie ein Who's who der Weltwirtschaft. Die Top Five sind McDonald's (Fast Food), Johnson & Johnson (Pharma), IBM (IT), Philip Morris (Tabak) und General Electric (Industrie). Dicht gefolgt von Google, das seinen Sitz in Zürich zum wichtigsten ausserhalb der USA gemacht hat.

Auch wenn sich die Direktinvestitionen russischer Firmen in der Schweiz mit knapp 30 Milliarden vergleichsweise gering ausnehmen, führen sie doch dazu, dass die rohstofflose Schweiz mit Zug und Genf zu den wichtigsten Handelsplätzen für Öl, Gas und andere Rohstoffe aufgestiegen ist. Energiegiganten wie Gazprom oder Rosneft haben eigene Handelsableger in der Schweiz. Gut möglich, dass Nord Stream 2 Thema am Gipfel sein wird. Die umstrittene Gaspipeline wird von einer Gazprom-Tochter mit Sitz in Zug gebaut.

Russische Reiche ziehts nach Frankreich

Unter anderen um Geld für Rohstoffdeals oder Kredite für russische Firmen aufzutreiben, sind Sberbank und Gazprombank – die Nummern eins und drei der russischen Finanzbranche – prominent in der Schweiz vertreten.

Eine Studie zeigt: Die Russen stehen auf den Schweizer Pass, sind die Einbürgerungsweltmeister hierzulande. Ein Grund: Der Schweizer Pass öffnet für Russen viele Türen, die ihnen der russische Pass verschlossen hat. Nur eines ist noch beliebter: ein Schweizer Bankkonto. Das wollen 98 Prozent aller vermögenden Russen.

Schon seit einigen Jahren hat St. Moritz GR seinen Status als Winter-Hotspot für russische Schöne und Reiche verloren. Gstaad BE steht zwar noch bei vielen auf der Agenda, doch der (umgewechselte) Rubel rollt inzwischen offenbar im französischen Nobelskiort Courchevel.

Lieber Whisky als Wodka

Übrigens hat die Exportförderung Switzerland Global Enterprise Schweizer Weinbauern eben dazu ermuntert, Wein nach Russland zu exportieren. Denn trotz harter Konkurrenz scheine es durchaus «Raum für Schweizer Weine zu geben». Es könnte sich also lohnen, der russischen Delegation die eine oder andere Kiste Schweizer Wein zu schenken. Auch wenn die Russen (noch) keine grossen Weinkonsumenten sind, total trinken sie über fünfmal mehr Alkohol als die Schweizer.

Beim Alkoholimport hat dagegen der Whiskey dem Wodka inzwischen deutlich den Rang abgelaufen. Nicht jeder Whiskey kommt aus den USA, ebenso wenig jeder Wodka aus Russland. Aber zusammen machen die beiden Spirituosen alleine ein Drittel der gesamten Spirituosen-Einfuhren in die Schweiz aus.

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