Ziehen Bern und Zürich nach?
Lausanne startet Pilotprojekt zum Wohnungstausch

Viele Menschen wohnen in Wohnungen, die zu gross für sie sind. Lausanne will dem nun mit einem Pilotprojekt zum Wohnungstausch entgegenwirken. Findet das Modell bald auch in Bern und Zürich Nachahmer? Blick hat nachgefragt.
Publiziert: 19.02.2024 um 16:46 Uhr
Blick_Lucie_Fehlbaum2.png
RMS_Portrait_AUTOR_316.JPG
Lucie Fehlbaum und Sarah Frattaroli

Scheidung, Tod des Ehepartners, flügge gewordene Kinder. Es gibt zahlreiche Gründe, warum viele Mieterinnen und Mieter in Wohnungen leben, die zu gross für sie sind. Oft sind es Seniorinnen und Senioren: Bei den Über-65-Jährigen liegt der Flächenverbrauch bei mehr als 55 Quadratmetern pro Kopf. Bei den 25- bis 50-Jährigen sind es zwischen 39 und 45 Quadratmeter, wie eine Raiffeisen-Studie jüngst aufzeigte.

Das Problem: Die älteren Semester müssten für eine kleinere Wohnung oft mehr bezahlen als für die zu grosse, deren Mietzins noch auf den Mietpreisen von vor Jahren oder gar Jahrzehnten beruht. Anreize, die Senioren zum Umzug bewegen, sind rar.

Senioren zu Hause statt im Pflegeheim

Die Stadt Lausanne startet nun ein Pilotprojekt, um dem entgegenzuwirken: Senioren und Familien, die in städtischen Wohnungen leben, werden von der Stadt proaktiv kontaktiert. «Wir schlagen ihnen einen Tausch vor, ohne ihnen etwas aufzuzwingen», fasst die zuständige Stadträtin Natacha Litzistorf (55) gegenüber dem Westschweizer Radio RTS zusammen. 

Lausanne startet ein Pilotprojekt zum Wohnungstausch.
Foto: Keystone
1/5

Davon sollen nicht nur Familien profitieren, die so mehr Platz erhalten, sondern auch die Senioren: Indem sie in kleineren, besser geeigneten Wohnungen leben, bleiben sie länger selbständig – und müssen nicht ins Altersheim ziehen, so die Hoffnung der Verantwortlichen.

Die Stadt Lausanne verfügt über 1300 Wohnungen, auf die das Pilotprojekt in einem ersten Schritt angewendet wird. Ende Jahr soll Bilanz gezogen werden. In der Folge könnte das Projekt auch auf private Eigentümer ausgeweitet werden, hofft Litzistorf.

In Zürich und Bern gelten Belegungsvorschriften

Und auf die Deutschschweiz? Wohl kaum: Sowohl Bern als auch Zürich lassen auf Blick-Anfrage verlauten, der Wohnflächenverbrauch pro Kopf in den städtischen Liegenschaften liege schon heute unter dem Durchschnitt. Grund dafür sind Belegungsvorschriften: «Die Mindestpersonenzahl in einer Wohnung berechnet sich aus der Zimmerzahl minus 1», erklärt Kornel Ringli von Liegenschaften Stadt Zürich.

Eine vierköpfige Familie hat damit Anrecht auf eine 5-Zimmer-Wohnung. Wenn die Kinder ausziehen, müssen auch die Eltern raus – theoretisch zumindest. Bei Immobilien Stadt Bern heisst es dazu: «Haben die Mitarbeitenden von Immobilien Stadt Bern Kenntnis von Unterbelegungen, versuchen sie, die Mieterinnen und Mieter ohne Druck zu einem Umzug zu motivieren.»

Es gehe nicht nur darum, den Menschen genügend Zeit zu geben, um eine preiswerte kleinere Wohnung zu finden – sondern idealerweise auch eine im gleichen Quartier anzubieten. «Gerade für ältere Menschen ist ihr angestammtes soziales Umfeld wichtig», so die Verantwortlichen in Bern. Das macht die Suche nach einer passenden Ersatzwohnung schwierig – und die Idee vom Tausch zwischen jungen Familien und alleinstehenden Rentnern in vielen Fällen zu einem Wunschtraum.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.