Zu viele Halbtax und GA? Hoher-Kasten-Chef verteidigt Rabatt-Streichung
«In 5 bis 10 Jahren laufen alle Seilbahnen in ein Riesenproblem»

Die Preisanpassung bei der Seilbahn Hoher Kasten sorgt für Aufregung. Keine andere Seilbahn zieht nach – bis jetzt.
Publiziert: 17.06.2023 um 17:37 Uhr
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Ab 2024 vereinheitlicht die «Hoher Kasten Drehrestaurant und Seilbahn AG» in Brülisau AI ihr Preismodell. Mit dem Austritt aus der «Alliance Swisspass» gibt es keinen Rabatt mehr für Inhaber von Halbtax- oder General-Abos. Für diese bedeutet das einen happigen Preisaufschlag, während für herkömmliche Tagesausflügler die Preise leicht sinken.

Die Blick-Community reagiert weitgehend irritiert auf diese neue Preispolitik. Für die meisten Nutzer bedeutet diese nämlich eine Preiserhöhung. Dazu sind zwei Drittel der Blick-Leserinnen und -Leser in einer Abstimmung mit fast 30'000 Teilnehmern der Meinung, dass das GA und Halbtax überall zur Anwendung kommen müssten.

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Letzteres ist aber nicht der Fall. Es steht jedem einzelnen Transport-Unternehmen frei, ob es im Verkehrsverbund Alliance Swisspass (ASP) mitmacht oder nicht.

Die Seilbahn auf den Hohen Kasten im Alpstein verändert ihr Preismodell.
Foto: BAA_2014_07_03
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Hoher Kasten rechnet mit maximal 15 Prozent Einbusse

Martin Ebneter (46), CEO auf dem Hohen Kasten, nimmt die Kritik in Kauf: «Wir haben uns diesen Schritt genau überlegt. Im schlimmsten Fall erwarten wir einen Gästerückgang von 15 Prozent.» Das aktuelle Problem sei vielschichtig. Primär bemängelt Ebneter, dass die Kosten für Seilbahnen aufgrund der immer höheren Anzahl an GA/Halbtax-Inhabern immer höher steigen. Die Hälfte der mobilen Bevölkerung der Schweiz, rund 3 Millionen Personen, verfügt jetzt schon über GA oder Halbtax. Tendenz steigend.

Ein solcher Gast zahlt also 50 Prozent des Normalpreises, rund 20 Prozent kommen aus dem Halbtax-Ausgleich dazu. Die restlichen 30 Prozent müssen von Vollzahlenden gedeckt sein. Im Falle des Hohen Kasten sind dies besonders viele Gäste aus dem Ausland – laut Ebneter stammen fast 20 Prozent der Gäste aus Süddeutschland.

Darüber hinaus fliessen bei einer Buchung über die SBB-App Provisionsgelder zur SBB. Diese ist dann im Problemfall auch Anlaufstelle, und nicht die Seilbahn. «In 5 bis 10 Jahren laufen alle Seilbahnen in ein Riesenproblem» prophezeit Ebneter.

Niemand getraue sich aktuell, sich öffentlich gegen den ÖV zu stellen. «Wir tun das auch nicht, aber gehen nun einen anderen Weg», sagt Ebneter. Man sei selbstbewusst genug, diesen Schritt zu wagen.

Studie wird unterschiedlich interpretiert

Vor einigen Monaten analysierte die Fachhochschule Nordwestschweiz die Auswirkungen eines möglichen Ausstiegs aus dem ASP. Dabei teilgenommen haben sechs Schweizer Seilbahnen: Hoher Kasten und Ebenalp in Appenzell Innerrhoden, Kronberg, Säntis und Pizol im Kanton St. Gallen und Pfingstegg im Kanton Bern. Mit Ausnahme der Pfingstegg alles Unternehmen aus der Ostschweiz. Ziehen diese mit dem Hohen Kasten gleich?

Mario Koller (61), Geschäftsführer der Luftseilbahn Wasserauen-Ebenalp im Alpstein, sagt: «Es erfüllt uns teils schon mit Unbehagen, dass Schweizer gegenüber Gästen aus Deutschland oder Österreich dank Halbtax oder GA preislich bevorteilt sind». Aufgrund der Studie habe man sich aber gegen den Austritt entschieden. «Wir sind im Verbund auf dem richtigen Weg», so Koller. Wesentlich sei, dass die Bahnen weiterhin einen fairen Anteil aus dem Halbtax-Ausgleich erhalten. Im Moment seien bei der Preispolitik keine einschneidenden Veränderungen notwendig.

Auch für Jakob Gülünay (49), seit April 2023 Geschäftsführer der Säntisbahnen, ist ein Austritt aus dem ASP absolut kein Thema: «Wir interpretieren die Studie so, dass ein Verbleib im ASP besser ist.» In der Schweiz gibt es ihm zufolge Bestrebungen, die Dienstleistungen hinsichtlich eines schweizweiten Verkehrsverbunds noch weiter auszubauen. «Da wäre ein Ausstieg zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv.»

Felix Merz (47), Geschäftsführer der Luftseilbahn Jakobsbad-Kronberg, winkt auch ab: «Wir setzen stark auf Familien und Stammgäste, da ist man mit solchen Aktionen sehr vorsichtig.» 69 Prozent der Kronberg-Gäste verfügen über GA oder Halbtax.

Alle schauen auf den Hohen Kasten

Die Aussagen der Studienteilnehmern drücken zumindest Vorsicht aus. Was sagen Bahnunternehmen, die nicht an der Studie teilnahmen? «Wir können uns einen Austritt aus dem ASP nicht leisten: 73 Prozent unserer Tickets werden mit Halbtax-Rabatt verkauft», so Jürg Balsiger (60), Direktor der Stanserhornbahn. Die gute Anbindung an den ÖV sei zentral. Bau, Betrieb und Unterhalt von Seilbahnen seien aber auch teuer, weshalb Balsiger die Situation beobachtet.

Frédéric Füssenich, CEO Rigibahnen AG, bemerkt: «Wir verdienen zwar mehr an Vollzahlenden als an rabattierten Gästen. Aber diese geben auch viel aus vor Ort und sind für die gesamte Wertschöpfung des Ausflugsziels Rigi wichtig.» Beide argumentieren mit dem Komfort: «60 Prozent unserer Gäste kommen mit dem ÖV und können mit einem Billett von Zürich direkt auf die Rigi», so Füssenich. Das unkomplizierte Reiseerlebnis sei fast so wichtig wie der Preis.

250 Transportunternehmen landesweit sind in der ASP. Der Hohe Kasten geht also eine riskante Wette ein. Oder wird zum Modellfall: «Die ganze Seilbahn-Schweiz blickt gespannt zum Hohen Kasten», resümiert Merz.

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