Rettungskräfte dringen ins Innere der Konzerthalle
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Terroranschlag in Moskau:Rettungskräfte dringen ins Innere der Konzerthalle

115 Tote bei Anschlag in Moskau – jetzt spricht einer der Terroristen
«Ich tat es für eine halbe Million Rubel»

Schwer bewaffnet stürmten mehrere Männer ein Konzert in Moskau und eröffneten das Feuer. Mindestens 115 Menschen wurden getötet. Inzwischen konnten die mutmasslichen Terroristen geschnappt werden. Einer von ihnen spricht über die Hintergründe der Bluttat.
Publiziert: 23.03.2024 um 13:37 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2024 um 22:37 Uhr

Es sollte ein schöner Abend werden. Die Konzerthalle Crocus City Hall nahe der russischen Hauptstadt Moskau war am Freitag voll besetzt. Die russische Rockgruppe Piknik sollte gleich auf der Bühne loslegen, da stürmten plötzlich mehrere Männer das Gebäude und feuerten wahllos in die Menge. Mindestens 115 Menschen wurden beim Anschlag getötet. Ermittler fanden später Waffen und viel Munition. Tütenweise sammelten die Behördenmitarbeiter leere Patronenhülsen ein.

Die Schützen flüchteten zunächst unter anderem in einem Renault. Die Polizei konnte den Wagen in der Nacht stoppen. Ein Verdächtiger wurde sofort festgenommen. Der andere flüchtete in den Wald, wurde kurz darauf aber auch verhaftet. Laut dem russischen Geheimdienst FSB wurden insgesamt elf Personen im Zusammenhang mit dem Anschlag verhaftet, darunter auch die vier Schützen.

Nach dem Anschlag in Moskau wurde unter anderem Schamsiddin F. verhaftet. Ein Video seiner Befragung kursiert derzeit auf Telegram.
Foto: Screenshot
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«Ich wurde auf Telegram angeschrieben»

Einer von ihnen ist Schamsiddin F.* (25). Auf Telegram wird gerade ein kurzes Video geteilt, in dem F. zum Anschlag befragt wird. Er kniet auf dem Boden, seine Stimme zittert. «Was hast du in der Konzerthalle gemacht?», wird F. gefragt. «Ich habe auf Menschen geschossen», antwortet der Mann in gebrochenem Russisch. Warum, lautet die nächste Frage. «Für Geld. Eine halbe Million Rubel», antwortet der 25-Jährige. Das sind umgerechnet 4872 Franken.

Hier kämpfen sich Einsatzkräfte durch die Trümmer
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Nach Terroranschlag in Moskau:Hier kämpfen sich Einsatzkräfte durch die Trümmer

Das ganze Geld habe F. aber noch nicht bekommen, nur die Hälfte. Die Waffen hätten die Schützen gestellt bekommen. Von wem der Auftrag kam, kann F. nicht genau sagen. Nur so viel: «Ich wurde auf Telegram angeschrieben. Ich habe keinen Namen. Gar nichts», beteuert der Terror-Verdächtige. Er habe auf Telegram einem Prediger zugehört und sei plötzlich von seinem Assistenten angeschrieben worden. Das sei vor einem Monat passiert. Einen Namen wisse er nicht. Man habe ihm viel Geld angeboten. «Für was?», wird F. gefragt. Die Antwort: «Um zu töten!» Sein Auftrag lautete einfach, zu töten. Egal wen. Dann bricht das Video ab. 

Mütter versuchten, ihre Kinder vor den Schüssen zu schützen

Währenddessen kämpfen sich die Rettungskräfte in Moskau durch die Trümmer in der Konzerthalle. Nach und nach wird das furchtbare Ausmass des Anschlags deutlich. Kurz nach der Attacke war die Rede von 64 Toten. Inzwischen ist die Zahl der Toten auf mindestens 115 Menschen gestiegen.

Grund für den enormen Anstieg: Nach Angaben von Baza, einem russischen Nachrichtenchannel auf Telegram, wurden bei Aufräumarbeiten 28 Leichen auf einer Toilette gefunden. Weitere 14 Tote wurden auf einer Notfall-Treppe für Evakuierungen entdeckt. Laut dem Bericht lagen sich einige der Opfer in den Armen. Darunter auch Mütter, die versuchten, ihre Kinder vor den Schüssen zu beschützen.

«Ich hörte Schüsse – dann gerieten die Menschen in Panik»
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Augenzeuge war im Saal:«Ich hörte Schüsse – dann gerieten die Menschen in Panik»

Russland hat Ukraine im Verdacht

Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) beanspruchte auf einem ihrer Kanäle den Anschlag für sich. Die Terror-Gruppe, die gegen Russland in Syrien kämpft und auch in der russischen Kaukasusregion aktiv ist, schrieb via Telegram, Kämpfer hätten «eine grosse Zusammenkunft am Rande der russischen Hauptstadt Moskau» angegriffen.

Die Angreifer auf die Konzerthalle in Moskau hatten nach Einschätzung des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB Kontakte in die Ukraine und versuchten auch, nach dem Angriff dorthin zu fliehen. «Nachdem sie den terroristischen Angriff verübt hatten, wollten die Kriminellen die russisch-ukrainische Grenze überqueren», zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass den FSB.

Die ukrainische Seite hatte jedwede Verwicklung in den Angriff bestritten. Die Ukraine habe «absolut nichts» mit dem Angriff zu tun, erklärte der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (46), Mychailo Podoljak (52). «Die Ukraine hat niemals terroristische Kriegsmethoden angewandt», schrieb er via Telegram.

* Name bekannt 

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