Aussenminister wehrt sich
Steht die Gegenoffensive vor dem Scheitern?

Die ukrainischen Streitkräfte versuchen, die russischen Linien zu durchbrechen, stossen jedoch auf erbitterten Widerstand. Nun mehren sich Stimmen, die nicht mehr an einen Erfolg glauben.
Publiziert: 20.08.2023 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 21.08.2023 um 15:11 Uhr

Die kaum überwindbaren und riesigen Minenfelder vor den russischen Stellungen reiben die ukrainischen Kräfte auf – bei der Gegenoffensive kommt die Armee nur langsam voran. Eines ihrer Ziele: Die Rückeroberung der strategisch wichtigen Stadt Melitopol. Doch offenbar glauben westliche Geheimdienste nicht mehr daran. 

Das berichten Quellen aus dem US-Geheimdienst der «Washington Post». Auch andere Rückeroberungen von Städten in der Nähe von Melitopol, werden als «extrem schwierig» angesehen. Die Probleme der Ukrainer: Fehlende Luftunterstützung und die drei Verteidigungslinien der Russen. 

«Wir nehmen solche Äusserungen gelassen hin»

Militäranalyst Rob Lee sagt zur «Washington Post»: «Es ist nicht nur eine Frage, ob die Ukraine eine oder zwei davon durchbrechen kann, sondern ob sie alle drei durchbrechen kann und nach der Zermürbung genügend Kräfte zur Verfügung hat, um etwas Bedeutsameres wie die Einnahme von Tokmak oder etwas darüber hinaus zu erreichen.» 

Die ukrainische Armee kommt bei ihrer Gegenoffensive nur langsam voran.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images
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Gegen die pessimistische Einschätzung wehrt sich nun Ukraines Aussenminister Dmytro Kuleba (42). Er sagt zur «Bild»: «Wir nehmen solche Äusserungen gelassen hin. Nach Ansicht ungenannter Beamter, Generäle und Analysten hätte die Ukraine im Februar 2022 innerhalb von drei bis zehn Tagen aufhören sollen zu existieren.» 

Die Analysten sollten bei ihren Prognosen und langfristigen Vorhersagen vorsichtiger sein. Er sagt zur Zeitung: «Wir brauchen nichts zu beweisen – unser Erfolg wird die Optimisten belohnen und den Ruf der Zweifler ruinieren.» 

«Mein Glaube schwindet»

Stimmen werden laut, die die westlichen Verbündeten für ihre Zögerlichkeit kritisieren. Militärexperte Ben Hodges geht in einem Interview mit dem «Tagesspiegel» so weit, den USA und Deutschland die Schuld zuzuweisen, wenn die Gegenoffensive scheitern sollte. 

«Will der Westen den Sieg der Ukraine? Mein Glaube schwindet», sagt der ehemalige Befehlshaber der US-Streitkräfte in Europa. Zwar sei die Lieferung von F-16-Kampfjets jetzt in die Wege geleitet, aber das lange Zaudern der US-Regierung sei ein Beispiel für die fehlende Entschlossenheit. 

Zögerlich sei auch Deutschland bei der Entscheidung über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern, sagt Hodges. Sollte die Gegenoffensive der Ukraine scheitern, «muss man die Regierungen der USA und Deutschlands dafür verantwortlich machen». 

Nicht alle teilen den Pessimismus einiger Exerten. US-Generalstabschef Mark Milley sagt zur «Washington Post»: «Ich habe vor ein paar Monaten gesagt, dass diese Offensive langwierig, blutig und langsam sein würde. Und genau das ist es: langwierig, blutig und langsam, und es ist ein sehr, sehr schwieriger Kampf.» (neo)

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