Das ist der Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin
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Prigoschin im Exil in Belarus
Lässt Putin den Wagner-Chef umbringen?

Nach dem Marsch gegen Moskau findet Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin Unterschlupf in Belarus. Von dort aus wird er zuschauen müssen, wie seine Privatarmee zerschlagen wird. Was wird aus ihm selbst?
Publiziert: 25.06.2023 um 11:31 Uhr
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Aktualisiert: 25.06.2023 um 22:10 Uhr
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Guido FelderAusland-Redaktor

Nach dem abgeblasenen Marsch auf Moskau wird die brutale Wagner-Privatarmee in ihrer heutigen Form unter der Führung von Jewgeni Prigoschin (62) vermutlich verschwinden. Das meinen jedenfalls die Experten des Institute for the Study of War. Möglich sei, dass Teile der heutigen Organisation unter neuer Führung aktiv sein würden.

Der Deal zwischen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko (68) und Prigoschin enthält den Verzicht auf strafrechtliche Vorwürfe wegen Rebellion und Hochverrats, dafür muss Prigoschin im Gegenzug die Kontrolle über die Wagner-Gruppe abgeben.

Gemäss der Vereinbarung soll ein Teil der zurzeit vermutlich noch gegen 20'000 Mann starken Wagner-Gruppe dem russischen Verteidigungsministerium unterstellt werden, was Verteidigungsminister Sergei Schoigu (68) schon lange angestrebt hat.

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (62) verlässt am Samstagabend das Militär-Hauptquartier in Rostow am Don in einem Auto. Kurz davor hat er den Marsch seiner Söldner auf Moskau abgeblasen.
Foto: DUKAS
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Es bleibt jedoch unklar, was mit den Söldnern passieren soll, die nicht an der Rebellion beteiligt gewesen sind. Es besteht die Möglichkeit, dass dieses Personal individuelle Verträge mit dem Verteidigungsministerium abschliessen kann oder sich in Russland demobilisiert. Alternativ könnten sie auch in irgendeiner Funktion nach Belarus reisen oder im Ausland eingesetzt werden, um die bisherigen Operationen der Wagner-Gruppe in Afrika oder im Nahen Osten zu unterstützen.

ETH-Militärexperte Mauro Mantovani (58) rechnet damit, dass nur eine Minderheit zur regulären russischen Armee übertreten wird. «Eine Mehrheit wird den besseren Anstellungsbedingungen folgen, die private Sicherheits- und Militärfirmen anbieten. Das ist Söldnermentalität ...»

Laut Mantovani war es «der letzte, verzweifelte Versuch von Prigoschin, die Eingliederung seiner Gruppe Wagner in die reguläre Armee zu verhindern und sich selbst eine starke Position im russischen Machtapparat zu verschaffen». Mit beidem sei er gescheitert. Immerhin habe er erreicht, dass seine Kritik an der Militärführung landesweite Beachtung finde.

Die Frist des Verteidigungsministeriums vom 1. Juli zur Kontrolle aller irregulären Formationen, einschliesslich der Wagner-Gruppe, wurde von Prigoschin als existenzielle Bedrohung für seine politische und möglicherweise persönliche Existenz betrachtet.

Luxusleben oder Mord?

Offen ist, was mit Prigoschin passiert. Mantovani geht davon aus, dass er im weissrussischen Exil «ein luxuriöses Leben in relativer Sicherheit» geniessen wird und das Kriegsgeschäft anderen überlässt.

Militärexperte Ralph D. Thiele (69) vom Institut für Strategie-, Politik-, Sicherheits- und Wirtschaftsberatung in Berlin hingegen schliesst nicht aus, dass Prigoschin getötet wird. Thiele sagt auf ntv.de, er könne sich nicht vorstellen, dass er ungeschoren davonkomme. Prigoschin werde wohl bald festgenommen, worauf es zu einem «Unfall» kommen könnte.

Ein Überleben Prigoschins ziehe er nur in Betracht, wenn es sich bei der Rebellion um eine Inszenierung gehandelt habe. Mit einem solchen Trick könnte der russische Präsident Wladimir Putin (70) in seinem Land eine weitere Mobilmachung sowie die Ausrufung des Kriegsrechts begründen.

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