Jetzt droht Trump der WHO
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Corona-Katastrophe in den USA:Jetzt droht Trump der WHO

Corona-Katastrophe in den USA – New York meldet neuen Höchststand
Jetzt droht Trump der WHO

Donald Trump irritiert mit Drohungen gegen die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der US-Präsident will zudem einen Corona-Bericht seiner Regierung im Januar übersehen haben. Derweil vermeldet New York einen neuen Höchststand. Die Übersicht aus den USA.
Publiziert: 08.04.2020 um 02:23 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2020 um 18:37 Uhr
21. Juli, Washington: US-Präsident Donald Trump hält die erste Corona-Pressekonferenz seit Monaten ab.
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Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Die Corona-Krise in den USA schreitet weiter voran. Am Dienstagabend (Ortszeit) zählten die Behörden bereits rund 400'000 Infizierte und knapp 13'000 Todesopfer – das Land gilt mittlerweile als Epizentrum der weltweiten Pandemie.

Bei Donald Trump (73) scheinen die Nerven blank zu liegen. Am Montag beschimpfte der US-Präsident bei einer irren Pressekonferenz zahlreiche Journalisten. Der Grund: Einige Stunden zuvor hat der Generalinspekteur des Gesundheits- und Sozialministeriums (HHS) einen Bericht veröffentlicht, der das Versäumnis der Trump-Regierung im Detail aufzeigt. Es geht um Krankenhäuser, die nicht mit den erforderlichen Test- und Ausrüstungsressourcen versorgt wurden (BLICK berichtete).

Am Dienstagnachmittag versammelte Trump zum alltäglichen Corona-Update die Journalistenschar erneut im Weissen Haus. Nun hatte es der US-Präsident nicht auf die Medien abgesehen, sondern auf die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dabei verwirrte Trump mit einem Zickzack-Kurs sondergleichen. Bei seinen einleitenden Worten liess er die Bombe platzen: «Sie haben es falsch eingeschätzt. Sie haben den Zeitpunkt verpasst. Wir werden unsere Ausgaben für die WHO einfrieren.»

Trumps Rückzieher

Als Trump seine Ansprache beendete und zur Fragerunde überging, hat die Meldung des amerikanischen Bruchs mit der Weltgesundheitsorganisation bereits die Runde gemacht. Doch dann folgte plötzlich der Rückzieher. Auf eine entsprechende Frage relativierte Trump: «Ich sage nicht, dass wir es tun werden, wir werden es untersuchen und die Beendigung der Finanzierung prüfen.» Damit revidierte der US-Präsident seine Aussage, die er nur wenige Minuten zuvor verkündet hatte. Verwirrung pur!

Trump legte in der Fragerunde mit seiner WHO-Kritik nach und behauptete, dass die Organisation «wahrscheinlich mehr gewusst» habe, als sie offengelegt hat. Er warf der in Genf ansässigen Organisation zudem vor, «sehr chinazentriert» zu sein, und betonte, dass die USA den «grössten Anteil» zum WHO-Budget leisteten.

Das steckt hinter Trumps WHO- und China-Kritik

Die Kritik Trumps kommt insofern nicht überraschend, da er in den vergangenen Tagen seinen Ton gegenüber der Weltgesundheitsorganisation und China verschärft hat. Wiederholt warf er den Chinesen vor, wichtige Daten zurückgehalten und das neuartige Virus zuerst verschwiegen zu haben. Auch andere Experten und Politiker haben gegenüber China dieselben Vorwürfe erhoben. Und es stimmt auch, dass die WHO Peking öffentlich lange Zeit verteidigt hatte.

Der US-Präsident aber hat nicht immer diese Meinung vertreten. Im Vergleich zu seinen Äusserungen vor rund einem Monat ist die jetzige Kritik eine Kehrtwende. Am 10. Februar sagte Trump noch, man habe in Sachen Coronavirus alles «unter Kontrolle» und die Gesundheitsbehörde CDC arbeite mit der WHO, alle würden einen «fantastischen Job» machen. Am 24. Februar schrieb Trump zudem auf Twitter: «Das Coronavirus ist in den USA sehr gut unter Kontrolle. Wir stehen mit allen und allen relevanten Ländern in Kontakt. CDC und WHO haben hart und sehr klug gearbeitet.»

Es ist nicht der einzige Kurswechsel, den das Weisse Haus und Trump vollziehen mussten. Der US-Präsident hat im Januar, Februar und bis Mitte März die Gefahren von Covid-19 konsequent heruntergespielt und immer wieder darauf verwiesen, dass man alles «unter Kontrolle» habe. Trump ging zwischenzeitlich gar soweit zu behaupten, dass das Coronavirus «ein Scherz» sei und bis im April «wie durch ein Wunder» verschwinden würde.

Die Strategie scheint nun zu sein: Die Schuld auf andere schieben. In diesem Fall zulasten der WHO und China.

Trump hat Corona-Bericht im Januar «nicht gesehen»

Für weiteren Wirbel sorgte am Dienstag ein Bericht von Trumps Handelsberater Peter Navarro (70). Der ranghohe Regierungsmitarbeiter hat bereits Ende Januar vor einer Coronavirus-Pandemie gewarnt, in deren Folge Hunderttausende Amerikaner ums Leben kommen könnten. Die Bevölkerung in den USA wäre dem Virus «schutzlos» ausgeliefert, weil es weder Immunität noch eine Impfung dagegen gebe, schrieb Navarro Medienberichten zufolge in einem Memorandum an den Nationalen Sicherheitsrat des Weissen Hauses. Bei einem ungünstigen Verlauf könnten in den USA mehr als eine halbe Million Menschen an den Folgen einer solchen Epidemie sterben, hiess es demnach weiter. Navarro forderte deshalb, keine Einreisen aus China mehr zuzulassen.

Trump bestätigte am Dienstag die Existenz dieses Berichts, behauptete aber, nichts davon mitgekriegt zu haben. «Ich habe das nicht gesehen. Ich habe erst gestern oder vorgestern davon erfahren», so der US-Präsident. Er versicherte aber, er habe zum gleichen Zeitpunkt aus eigenem Antrieb in diesem Sinne gehandelt, ohne den Vermerk gelesen zu haben, «weil ich den gleichen Instinkt hatte». Trump lobte sich selbst ausdrücklich: «Ich hätte es nicht besser machen können.»

Tatsächlich hat der US-Präsident Ende Januar einen Einreisestopp gegen Menschen aus China erlassen. Es gilt als seine stärkste, frühe Massnahme gegen Covid-19, die damals von den Medien und auch dem wahrscheinlichen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden (77) stark kritisiert wurde. Biden bezeichnete Trump in der Folge als «fremdenfeindlich». Mittlerweile musste der Ex-Vizepräsident zurückrudern. Am Wochenende gab er in einem Interview an, dass er Trumps Einreisestopp nun unterstütze.

Immer mehr Tote in New York – es gibt aber auch Hoffnung

Obwohl die Corona-Fälle und Todesfälle in den USA weiter steigen, gab es am Dienstag auch Hoffnung. Zwar hat der Bundesstaat New York 731 Tote an nur einem Tag verzeichnet. Insgesamt lag die Zahl der Toten damit bei etwa 5500, wie Gouverneur Andrew Cuomo (62) bei seiner täglichen Pressekonferenz sagte. In den vergangenen Tagen waren um die 600 Patienten in dem Staat gestorben.

Der Gouverneur machte dann aber wegen anderer, sinkender Zahlen – vor allem die der neu eingelieferten Patienten – Hoffnung: «Soweit wir sehen, gibt es eine Abflachung (der Kurve) oder ein mögliches Plateau. Das liegt an dem, was wir tun. Und wir müssen es weiter tun.» In New York mit seinen knapp 20 Millionen Einwohnern gelten seit Wochen strenge Ausgangsbeschränkungen.

New Yorker Kathedrale dient als Notklinik

Unterdessen werden in der gleichnamigen Millionenmetropole weiterhin alle möglichen Gebäude zu Notfallkliniken umfunktioniert, zum Beispiel die Kathedrale St. John the Divine. In dem knapp 200 Meter langen Kirchenschiff sollen Zelte für bis zu 200 Patienten aufgebaut werden, berichteten Lokalmedien am Dienstag unter Berufung auf Dekan Clifton Daniel. Auch die darunterliegende Krypta soll genutzt werden. Die rund 100 Jahre alte Episkopalkirche im Nordwesten Manhattans gilt als eines der grössten gotischen Gotteshäuser der Welt.

Der Bundesstaat New York mit seinen insgesamt rund 19 Millionen Einwohnern ist in der Corona-Krise derzeit das Epizentrum der USA. Die Fallzahlen dort sind um ein vielfaches höher als in anderen Staaten – auch, weil dort deutlich mehr getestet wird. Die Zahl der bestätigten Fälle liegt bei mehr als 138'000. Derweil zeigen sich andere Bundesstaaten solidarisch: Kalifornien und Washington haben angekündigt, einige hundert Beatmungsgeräte nach New York zu schicken. Beide Staaten haben deutlich weniger Corona-Fälle zu beklagen.

Mehr Todesopfer als 9/11

US-Medien betonten am Dienstag zudem, dass die Zahl der Corona-Todesopfer in New York City die der Terroranschläge des 11. September überstiegen habe. Damals starben knapp 3000 Menschen. Auch im Nachbarstaat New Jersey sind laut Johns-Hopkins-Universität in Baltimore nun bereits mehr als 1000 Menschen gestorben.

Besonders betroffen sind auch die Polizisten von New York City. Mindestens zwölf Mitarbeiter seien bereits in Zusammenhang mit mutmasslichen Coronavirus-Infektionen gestorben, berichtete der Nachrichtensender CNN am Dienstag. Mehr als 2000 weitere Mitarbeiter seien mit dem Erreger Sars-CoV-2 infiziert. Bürgermeister Bill de Blasio (58) betonte allerdings bei einer Pressekonferenz am Montagabend (Ortszeit), die Situation bessere sich allmählich. Immer mehr Polizisten würden sich nach überstandenen Krankheiten zurück zum Dienst melden.

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