Das Versagen des Donald Trump
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Corona-Protokoll des Grauens:Das Versagen des Donald Trump

BLICK auf die USA: US-Korrespondent Nicola Imfeld erklärt, warum die Corona-Krise lange heruntergespielt wurde
Trump hat sein Land verraten

Jede Woche schreibt USA-Korrespondent Nicola Imfeld in seiner Kolumne über ein Thema, das jenseits des Atlantiks für Aufsehen sorgt. Heute erklärt er, warum US-Präsident Donald Trump die Corona-Krise so lange heruntergespielt hat.
Publiziert: 19.03.2020 um 08:25 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2020 um 20:38 Uhr
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Donald Trump (73) ist nicht schuld am Ausbruch des Coronavirus in den USA. In unserer globalisierten Welt war es nur eine Frage der Zeit, bis Covid-19 auch in Amerika grassieren würde. Der US-Präsident ist aber mitverantwortlich für die Katastrophe, die Amerika Experten zufolge bevorsteht.

Trump hat die Gefahren des Coronavirus über Wochen hinweg kleingeredet. Er nannte es einen «Scherz», kritisierte die Medien für deren Berichterstattung, behauptete, dass das Virus im April «wie ein Wunder» verschwinden würde, und verglich es mit der saisonalen Grippe. Das Perfide daran: Trump wusste genau, wie gefährlich das Coronavirus ist. Seine Experten haben ihn laut der «New York Times» bereits im Januar detailliert auf die Bedrohung hingewiesen.

Und dennoch wählte der US-Präsident den Weg der Ignoranz. Die Auswirkungen sind dramatisch: Das Land verfügt immer noch über zu wenige Corona-Tests, die Bevölkerung scheint unvorbereitet sowie verunsichert, und die Spitäler wurden um wichtige Vorbereitungstage gebracht.

Nicola Imfeld, USA-Korrespondent der Blick-Gruppe.
Foto: Mario Heller
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Trumps Börsengewinne sind ausradiert

Der Grund für Trumps Corona-Ignoranz ist simpel und tragisch zugleich: Es geht um seine politische Zukunft. Im November will er sich bei den Präsidentschaftswahlen eine zweite Amtszeit sichern. Ein offenbar hochansteckendes und gefährliches Coronavirus kommt da natürlich zum dümmsten Augenblick.

Der US-Präsident weiss genau, was über seine Zukunft entscheiden wird: die Wirtschaft. Und die lief bis Ende Februar hervorragend. An der Wall Street wurde ein Rekord nach dem anderen aufgestellt. Trump wollte diesen geölten Wirtschaftsmotor nicht aufhalten – und verschloss vor dem Coronavirus die Augen. Bis ihn im März die Wirklichkeit einholte.

Die USA haben mittlerweile fast 8000 Corona-Infizierte. Es gibt über 120 Todesopfer. Und die Zahlen steigen von Tag zu Tag exponentiell weiter an. Die Märkte haben reagiert und befinden sich seit knapp drei Wochen auf Talfahrt: Seit Mittwoch sind Donald Trumps Börsengewinne offiziell ausradiert – der US-Leitindex Dow Jones fiel unter die Marke von 20'000 Punkte und bewegt sich auf dem Niveau vom Januar 2017.

Was eine Rezession politisch bedeutet

Amerika steht deshalb wie viele andere Länder auch vor einer Rezession. Politisch kommt das in den USA in der Regel einem Todesstoss gleich. Ein Blick zurück zeigt: Kein anderer Faktor fällt so sehr ins Gewicht wie die Lage der Wirtschaft, wenn es um die Wieder- oder Abwahl eines US-Präsidenten geht. Seit dem amerikanischen Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert wurde nur ein Präsident wiedergewählt, bei dem in den letzten beiden Kalenderjahren seiner ersten Amtszeit eine Rezession auftrat: William McKinley im Jahr 1900.

Weil sich Trump über drei Jahre hinweg für die guten Zahlen an der Wall Street rühmte, muss er jetzt auch die Rezession auf seine Kappe nehmen. Mitverantwortlich ist er ohnehin: Einerseits hat der US-Präsident die Wirtschaft über drei Jahre hinweg künstlich und mit einer hohen Staatsüberschuldung auf Kurs gehalten, andererseits hat er mit seiner miserablen Reaktion auf das Coronavirus die Märkte zu lange in Sicherheit gewähnt.

Trump will 1000-Dollar-Schecks verteilen

Erste Modelle deuten darauf hin, dass Trump für sein Versagen die Zeche bezahlen wird. Lange Zeit ging man in den USA von einem sicheren Wahlsieg des Republikaners aus, seit dieser Woche liegt nun aber der demokratische Präsidentschaftskaniddat Joe Biden (77) bei den meisten Wettanbietern vorne.

Der US-Präsident versucht derweil verzweifelt, die Märkte zu beruhigen. Dafür will er ein Rettungspaket in der Höhe von bis zu einer Billion US-Dollar schnüren und erstmals in der Geschichte Helikopter-Geld aushändigen. Die Idee dahinter: Die US-Notenbank Fed druckt Geld und verteilt es direkt an die Bevölkerung. Trump möchte den betroffenen Bürger Schecks in der Höhe von 1000 Dollar schenken.

Warum das Coronavirus in den USA zum «China-Virus» wurde

Auch in Sachen Covid-19 hat sich Trump auf eine politische Strategie festgelegt. Seit einigen Tagen bezeichnet er das Coronavirus konsequent als «China-Virus». Damit will er implizieren, dass er nichts für dessen Ausbreitung kann. Dabei nimmt Trump in Kauf, dass er die Bevölkerung einmal mehr weiter spaltet als vereint. Die Berichte der Amerikaner mit asiatischen Wurzeln, die in sozialen Medien von rassistischen Übergriffen berichten, häufen sich bereits.

Donald Trump pfeift darauf. Er ignoriert Fragen und Kritik zu diesem Thema genauso, wie er die Gefahren des Coronavirus im Januar und Februar heruntergespielt hat. Tragisch: Trumps Egoismus dürfte in den USA Menschenleben kosten. Und das kann der US-Präsident auch mit 1000-Dollar-Schecks nicht wieder gut machen. Das amerikanische Volk hat im November die Gelegenheit, Trumps Verrat an Land und Leute an der Urne abzustrafen.

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