Der Friedensdeal könnte ihm wichtige Stimmen aus dem Bibelgürtel bringen
Rettet der Nahost-Coup Trump die Haut?

Es ist wohl kein Zufall, dass Donald Trump gerade jetzt einen Friedensdeal für Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate vorgestellt hat. Das Abkommen dürfte Donald Trump wichtige Stimmen für die Wahlen im November bringen.
Publiziert: 14.08.2020 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2020 um 12:49 Uhr
Lässt sich feiern: Donald Trump mit seinem Schwiegersohn Jared Kushner, Finanzminister Steven Mnuchin, dem Nationalen Sicherheitsberater Robert O'Brien und weiteren Beratern (v.r.).
Foto: AFP
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Guido Felder

Es war eine riesige Überraschung, als US-Präsident Donald Trump (74) am Donnerstag einen Friedensplan für Israel und die Vereinigten Arabische Emirate (VAE) ankündigte. Diesmal scheint es sich nicht um einen Luftballon zu handeln, wie beim Friedensvorschlag vor einem halben Jahr, bei dem Israel als klarer Gewinner des Nahen Ostens dagestanden wäre.

Sowohl Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (70) als auch Abu Dhabis Kronprinz Scheich Mohammed Bin Zayed (59) als Vertreter der VAE haben in einer gemeinsamen Erklärung zugestimmt, die Beziehungen zwischen ihren bisher verfeindeten Staaten zu normalisieren.

Delegationen aus Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten werden sich in den kommenden Wochen treffen, um bilaterale Abkommen über Investitionen, Tourismus, Direktflüge, Sicherheit, Telekommunikation und andere Fragen zu unterzeichnen. Auch Botschaften will man gegenseitig eröffnen. Israel hat angekündigt, den Siedlungsbau im Westjordanland bis auf Weiteres zu stoppen.

Trump braucht Stimmen

Dass der Friedensdeal gerade jetzt kommt, ist kein Zufall. Trump braucht im eigenen Land für die Präsidentschaftswahl am 3. November dringend Unterstützung. Laut Umfragen liegt er klar hinter dem demokratischen Herausforderer Joe Biden (77).

Boden gut machen dürfte Trump mit seinem Coup vor allem bei den evangelikalen Protestanten im Bibelgürtel im Südosten der Vereinigten Staaten. Der amerikanisch-israelische Politstratege Joel Rosenberg (53) schrieb in der «Jerusalem Post», dass die Evangelikalen einen Stopp der Siedlungen im Westjordanland begrüssten.

Rosenberg über Trump: «Wenn er zwischen Israel und dem arabischen Land einen Friedensvertrag aushandeln kann, wird das den Evangelikalen sicher Antrieb geben.» Und Rosenberg weiter: «Die Evangelikalen wollen, dass Israel sicherer, stärker und friedlicher ist, nicht unbedingt grösser.»

Gemeinsamer Feind Iran

Dass sich die beiden Staaten nun die Hand reichen, hängt unter anderem damit zusammen, dass sie sich ihres gemeinsamen Feindes Iran besinnen. Rosenberg: «Die nukleare Bedrohung durch den iranischen Terrorismus und die Bedrohung durch Unterwanderung waren die Schlüsselfaktoren, die jeden arabischen Führer in der Region dazu gebracht haben, seine Sichtweise zu überdenken und sich zu fragen: ‹Wer ist mein Freund und wer ist mein Feind?›»

Die VAE sind eine Föderation von sieben Emiraten im Osten der Arabischen Halbinsel in Südwestasien. Sie besteht aus den Emiraten Abu Dhabi, Adschman, Dubai, Fudschaira, Ra’s al-Chaima, Schardscha und Umm al-Qaiwain.

Die Emirate sind nach Ägypten und Jordanien das dritte arabische Land, das diplomatische Beziehungen zu Israel aufnimmt. Der jüngste Deal dürfte eine Sogwirkung auf weitere Staaten ausüben. Bereits wird darüber gesprochen, dass sich auch Länder wie Oman, Bahrain und Marokko anschliessen könnten.

Nobelpreis für Trump?

Die Palästinenser verurteilen das Abkommen als aggressives Vorgehen gegen das palästinensische Volk und haben ihren Botschafter aus den Vereinigten Arabischen Emirate zurückgerufen. Das türkische Aussenministerium kritisierte die Einigung als Verrat an den Interessen der Palästinenser.

Trump reibt sich die Hände und verkündet nicht ohne Stolz: «Nach 49 Jahren werden Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate ihre diplomatischen Beziehungen vollständig normalisieren. Alle sagten, das wäre unmöglich.» Seine Anhänger fordern für ihn bereits den Friedensnobelpreis.

Für diese höchste Friedensauszeichnung wird es für den sonst nicht sehr friedensstiftenden Präsidenten wohl eher nicht reichen. Aber wohl für Stimmen, die ihm am 3. November zur Wiederwahl verhelfen könnten.


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