Gab es doch mehr als einen Schützen?
Jetzt packt der Bodyguard von John F. Kennedy aus

Paul Landis war in der Nähe von John F. Kennedy als die tödlichen Schüsse fielen. Jetzt, 60 Jahre nach dem Attentat, berichtet der Ex-Bodyguard von dem Anschlag und enthüllt neue Details.
Publiziert: 11.09.2023 um 14:18 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2023 um 14:55 Uhr

Die Aufnahmen brannten sich in das Gedächtnis der USA: Präsident John F. Kennedy (1917–1963) sackte während einer Fahrt im offenen Cabrio in Dallas, Texas, zusammen. Seine Frau Jacqueline «Jackie» (1929–1994) beugte sich noch verzweifelt über ihren tödlich verletzten Mann. Kurz darauf war er tot.

Den Tag kann Paul Landis (88) nicht mehr vergessen. Er war nur wenige Meter von Kennedy entfernt, als die Schüsse fielen. Damals war Landis beim Secret Service und für die Sicherheit des US-Präsidenten verantwortlich. Der Tag verfolgte ihn. Nach sechs Monaten verliess er den Geheimdienst, zügelte mehrmals und hielt sich mit mehreren Jobs über Wasser. Über das, was er erlebt hatte, schwieg er. 

«Ich wollte nicht darüber reden. Ich hatte Angst. Ich hatte Angst, dass ich etwas falsch gemacht haben könnte, und dass ich nicht darüber sprechen sollte», sagt Landis zur «New York Times». Doch jetzt hat er all das aufgeschrieben, was er an dem Tag erlebte. Sein Buch «The Final Witness», das am 10. Oktober erscheint, liefert neues Futter für Verschwörungstheorien. Denn rund um den Anschlag ranken sich zahlreiche Theorien.

Paul Landis liefert neue Details zum Kennedy-Attentat.
Foto: AMIR HAMJA/The New York Times/Redux/Redux/laif
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Theorie der «magischen Kugel»

Eine offizielle Untersuchung war nach Kennedys Tod zu dem Ergebnis gekommen, dass er von dem Einzeltäter Lee Harvey Oswald (1939–1963) erschossen wurde, der wiederum zwei Tage später von dem Nachtclub-Besitzer Jack Ruby (1911–1967) getötet wurde. Die Version wurde vor allem von Verschwörungstheoretikern immer wieder angezweifelt.

So gibt es Spekulationen, der Kommunismus-Sympathisant Oswald sei von Kuba oder der Sowjetunion auf Kennedy angesetzt worden – oder von Kuba-feindlichen Gruppen mithilfe des FBI. Andere glauben, politische Rivalen könnten hinter der Ermordung des Präsidenten stehen.

In seinem Buch thematisiert Landis besonders einen Aspekt, der bis heute Rätsel aufwirft. Es geht um die «magische» Kugel. Laut offiziellem Bericht wurde Kennedy von einer Kugel getroffen, die am Hals austrat und danach noch den damaligen Gouverneur von Texas, John Connally (1917–1993) traf, der ebenfalls im Auto sass. Er wurde am Rücken, der Brust und am Bein getroffen. Es schien unglaublich, dass eine einzige Kugel all das bewirken konnte, weshalb Skeptiker die Theorie der «magischen Kugel» aufstellten.

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Die Kugel steckte in der Rückenlehne

Die Ermittler kamen unter anderem deshalb zu diesem Schluss, weil die Kugel auf einer Bahre gefunden wurde, auf der Connally im Parkland Memorial Hospital gelegen haben soll, sodass sie davon ausgingen, dass das Projektil offenbar aus dem Körper gefallen war, als die Ärzte sich um den Verletzten kümmerten. Der Ex-Bodyguard erklärt in seinem Buch jetzt, wo die Kugel wirklich plötzlich herkam. 

Landis behauptet, dass er die Kugel im Wagen gefunden habe. Sie steckte in der Rückenlehne. Er habe sie genommen und auf die Bahre von John F. Kennedy gelegt, damit sie als Beweismittel nicht verloren gehe. Wie die Kugel dann auf die Bahre von Connally kam, kann er sich nicht erklären. Möglicherweise als diese zusammengeschoben wurden. 

«An diesem Punkt beginne ich an mir selbst zu zweifeln»

«Es war niemand da, um den Tatort zu sichern, und das hat mich sehr, sehr gestört», sagte Landis. «Alle Agenten, die dort waren, konzentrierten sich auf den Präsidenten.» Eine Menschenmenge hatte sich versammelt. «Das ging alles so schnell über die Bühne. Und ich hatte einfach Angst – es war ein Beweisstück, das wurde mir sofort klar. Sehr wichtig. Und ich wollte nicht, dass es verschwindet oder verloren geht. Also hiess es: ‹Paul, du musst eine Entscheidung treffen›, und ich schnappte es mir.»

Das bedeutet: Die Theorie der «magischen Kugel» könnte falsch sein. Landis glaubt, dass eine weitere Kugel abgefeuert wurde, die dann Connally verletzte. Er habe immer geglaubt, dass Oswald als alleiniger Schütze geschossen habe. Mittlerweile ist er sich da nicht mehr so sicher. «An diesem Punkt beginne ich an mir selbst zu zweifeln», sagte er. «Jetzt fange ich an, mich zu fragen.» (jmh) 

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