Geschäftsleute rühmen sich mit «innovativen» Kreationen
Das dubiose Geschäft mit den Russen-Drohnen

Mehrere russische Unternehmer sind im Zuge des Kriegs in der Ukraine ins Drohnengeschäft eingestiegen. Viele der «innovativen» Kampfdrohnen entpuppen sich allerdings als umetikettierte chinesische Importe.
Publiziert: 09.04.2024 um 17:02 Uhr
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Marian NadlerRedaktor News

Die kremlkritischen Journalisten der russischen Investigativ-Plattform The Insider haben einen Blick hinter die Kulissen der russischen Drohnenproduktion gewagt. Ans Licht gekommen ist dabei ein doppeltes Spiel der zwielichtigen Tüftler und Geschäftsleute, die mit ihren «innovativen» Kreationen die Frontlinien beliefern und gleichzeitig ihr Image als erfolgreiche Unternehmer aufpolieren.

Wie sich bei den Recherchen herausstellte, sind viele der angeblich in Russland entwickelten Flugobjekte nichts weiter als Spielzeug aus dem Angebot des chinesischen Ramsch-Anbieters Aliexpress. Es handelt sich um clever getarnte Importware und frei verfügbare Technik, die durch geschicktes Rebranding als militärische Machtprojektion verkauft wird. Wer sind die angeblichen «Erfinder», die nun Putins Truppen beliefern?

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Alexander Atamanow

Der Start-up-Unternehmer Alexander Atamanow interessiert sich schon länger für unbemannte Flug- und Transportobjekte. Er hat mehrere Patente für fahrerlose Taxis entwickelt. Auf Facebook posiert er zudem neben einem Hoverbike-Prototyp. Atamanows erster Ausflug in die Welt der Militärtechnik brachte im vor allem eins ein – Spott. Sein Unternehmen Intellekt Mashin präsentierte auf dem russischen Armeeforum 2022 den Prototypen eines Roboterhundes, der mit einem Granatwerfer ausgerüstet war. Bei genauerer Betrachtung fiel Beobachtern allerdings auf, dass es sich bei dem Robo-Tier um ein Spielzeug des chinesischen Unternehmens Unitree Robotics handelte. Der Hund wird auf Aliexpress angeboten. Der Granatenwerfer schien nur eine Attrappe zu sein. Um die Herkunft des Roboterhundes zu verschleiern, wurde der Maschine kurzerhand ein schwarzer Stoffüberzug verpasst.

Alexander Atamanow posiert im Jahr 2018 neben einem Flugvelo. Heute produziert er Militärtechnik.
Foto: Facebook
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Mittlerweile produziert Intellekt Mashin Drohnen namens «Bumerang». «Ein Anti-Drohnen-Geschütz ist gegen sie nutzlos», jubilierte das russische Verteidigungsministerium im März 2023. Gegenüber The Insider bewertet ein ukrainischer Kämpfer die Drohne als minderwertig. «Das Problem ist, dass keine Sanktionen der Welt ihre Herstellung stoppen können», ergänzt er.

Nikita Schulpin

Vom einfachen Fotografen zum Drohnen-Millionär: Das ist die Geschichte von Nikita Schulpin. Der St. Petersburger nutzte den Rückzug des Drohnenherstellers DJI aus Russland, um den Gewinn seines Unternehmens in die Höhe zu schrauben. 2023 waren es umgerechnet fast 20 Millionen Franken. Seine unbemannten Flugobjekte importiert er vor allem aus China, einige davon sind leicht als Aliexpress-Pridukte zu erkennen. Bei russischen Kriegsbloggern sind Schulpins Drohnen aber nicht sonderlich beliebt. Sie kritisieren die schlechte Qualität und den überhöhten Preis für die «Produkte eines minderwertigen 3D-Drucks». 

Andrej Terechow

Andrej Terechow leitet eine Nicht-Regierungsorganisation namens Center for Integrated Support, die von der Kreml-Propaganda gelobt wird. Im Südwesten Russlands, in Orenburg, nutzt das Zentrum eine Anlage, um Drohnen zu montieren. Sie tragen die Namen «Frost» und «Schneesturm». Lokale Medien berichteten stolz, dass die Teile für die Drohnen vor Ort hergestellt werden. Recherchen von The Insider zeigen jedoch, dass die Drohnen die Aufschrift CADDXFPV tragen. Dabei handelt es sich um einen bekannten Lieferanten von Drohnenteilen mit Sitz im chinesischen Shenzhen.

Wladimir Tkatschuk

Der in Jekaterinburg lebende Wladimir Tkatschuk wurde im Alter von 18 Jahren wegen der angeblichen Verbreitung von Kinderpornografie angeklagt, später verdingte er sich als Immobilienmakler. Das russische Verteidigungsministerium gilt als Hauptabnehmer seiner «Ghul»-Drohnen, die er seit 2022 herstellt.

Pawel Tschernyschow

Als «Cryptomoneybro» verkaufte Pawel Tschernyschow (39) bis vergangenes Jahr noch Handelssignale für Devisen an seine Social-Media-Follower. Heute stellt er Drohnen des Typs «Piranha» her. Seit dem vergangenen Winter lieferte Tschernyschows Firma SKB Piranha 8000 Drohnen an die Front. Angeblich soll es einer «Piranha»-Drohne laut der russischen Zeitung «Izvestia» gelungen sein, einen US-amerikanischen Abrams-Panzer zu zerstören. Diese Information lässt sich nicht unabhängig prüfen.

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