Herausforderungen und Blockaden beim Umgang mit Ukraine, Migration und China
Die europäische Einigkeit bröckelt

Der EU-Gipfel in Brüssel hat wieder einmal gezeigt, dass es in der Union kaum Konsens gibt – egal ob bei Ukraine-Fragen, Flüchtlingspolitik oder dem Umgang mit China. Dabei ist Einigkeit zwingend notwendig.
Publiziert: 30.06.2023 um 19:44 Uhr
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

38 Milliarden Euro, um die Ukraine vor dem Bankrott zu wahren, weitere 17 Milliarden Euro für ukrainische Flüchtlinge und 15 Milliarden Euro an militärischer Hilfe: Es ist eine beeindruckende Liste von Massnahmen, welche die 27 EU-Staaten seit Beginn des Krieges gemeinsam beschlossen und durchgezogen haben. Der Ukraine-Krieg war eine Zerreissprobe für den europäischen Zusammenhalt, der man bisher standhalten konnte.

Ob das so bleibt, ist allerdings unsicher. Je länger der Krieg dauert, je zäher das Geschehen an der Front, desto schwieriger wird es, milliardenschwere Hilfen aufrechtzuerhalten. Erste Risse zeigen sich bereits, wie Streitereien während des zweitägigen EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag gezeigt haben.

Viele Knacknüsse – kaum Lösungen

So blockiert beispielsweise Ungarn seit Wochen das nächste millionenschwere Hilfspaket für die Ukraine. Österreich weigert sich, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben. Irland, Malta und Zypern ebenso. Was damit gemeint oder eben nicht gemeint ist, bleibt auch nach dem EU-Gipfel offen. Währenddessen fordern Länder wie Frankreich und Estland noch viel mehr Sicherheitsgarantien für die Ukraine.

Die EU unter Ursula von der Leyen ist sich in kaum einem Punkt einig.
Foto: AFP
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Die Ukraine-Frage war noch längst nicht die einzige Knacknuss am EU-Gipfel. Mindestens ebenso verzwickt ist die Debatte rund um die europäische Asylreform. Ungarn und Polen wollen nach wie vor keine Flüchtlinge aufnehmen und lehnen die geplanten Strafzahlungen kategorisch ab. «Unser Umgang mit der Migration ist inakzeptabel», wetterte der ungarische Regierungschef, Viktor Orban (60). Genau das sagte auch der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki (55).

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Das Ergebnis: Der gesamte Gipfel geriet ins Stocken, als die Staats- und Regierungschefs von Frankreich und Deutschland sowie der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, mit Ungarn und Polen verhandelten. Kurz nach dem wenig befriedigenden Ende der Debatte twitterte Orbans politischer Direktor: «Heftiger Kampf gegen die Pro-Migrationskräfte in Brüssel!» Wenig überraschend, dass auch am Freitag kein Konsens gefunden werden konnte, wie mehrere Diplomaten gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bestätigen.

Einigkeit ist zwingend notwendig

Auch die China-Politik der EU wurde am Rande angeschnitten. Laut Beobachtern vor Ort hat sich allerdings wenig geändert in der europäischen Haltung. Auch hier: Unter den Mitgliedsländern gibt es keine gemeinsame Haltung, wie scharf sich Europa gegenüber der immer aggressiver auftretenden Weltmacht abgrenzen soll.

Während EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (64) vorschlägt, einen härteren Kurs gegenüber China zu fahren, halten immer noch einige Länder – beispielsweise Deutschland – dagegen. Auch Charles Michel (47), Präsident des EU-Rats, setzt auf Deeskalation, wie bereits seit Monaten.

Wieder einmal hat die Zusammenkunft der EU-Spitzenpolitiker gezeigt: Einigkeit sieht anders aus. Und um die anstehenden Hürden – der EU-Beitritt der Ukraine, die Bedrohung aus Russland und China und der Klimawandel – souverän zu meistern, ist Einigkeit eigentlich zwingend.

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