Italiens Premierministerin überrascht mit Ideen zu Europawahlen und G7
Giorgia Meloni geht auf Abstand zur AfD

Im neuen Jahr will die 163 Zentimeter grosse italienische Ministerpräsidenten über sich hinaus wachsen. Die Chefin der postfaschistischen Fratelli d`Italia will eine starke Rechte in der EU – ohne die deutsche AfD. Zudem übernimmt sie mit Ehrgeiz den G7-Vorsitz.
Publiziert: 09.01.2024 um 17:49 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2024 um 17:56 Uhr
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Myrte MüllerAussenreporterin News

Zweimal musste Giorgia Meloni (46) die Pressekonferenz zum Jahresende verschieben. Grund: eine Entzündung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr. Ins Wanken gerät Italiens Ministerpräsidentin deshalb noch lange nicht. Als sie schliesslich am 4. Januar 2024 die Journalisten in Rom empfängt, ist ihre Macht so standfest wie nie. Noch heute unterstützen 28,6 Prozent des Wahlvolks ihre Politik. Jeder dritte Italiener würde die zierliche Römerin und ihre Fratelli d`Italia wiederwählen, glaubt man Umfragen im Land.

Aussenpolitisch scheint Meloni geradezu über sich hinauszuwachsen. Seit ihres Wahlsieges im September 2022 zeigt sich die Rechtspopulistin EU-treu. Sie steht fest zur Nato, unterstützt mit Vehemenz Waffenlieferungen an die Ukraine und Sanktionen gegen Russland. Selten schiesst Meloni quer. Zur gefürchteten italienischen Version eines bockigen Viktor Orbans (60) aus Ungarn ist Giorgia Meloni nie mutiert. Sie macht den Rechtspopulismus salonfähig.

Statt auf Polemik und Provokation setzt Meloni auf Diskurs. Sie zeigt sich internationalen Partnern gegenüber pragmatisch und staatsmännisch. Ihre sonore Stimme hebt sie nicht mehr für hetzerische Slogans, allenfalls noch, um eigenen Abgeordnete zurechtzuweisen. Ihre Botschaft an die Welt: Mit der Rechten Italiens kann man auf Augenhöhe sprechen.

Giorgia Meloni stellt sich am 4. Januar 2024 im Parlament den Fragen der Journalisten. Die Premierministerin musste wegen einer Innenohrentzündung zweimal die Jahrespressekonferenz verschieben.
Foto: IMAGO/Gruppo LiveMedia
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Unüberbrückbare Differenzen mit der AfD

Im kommenden Juni sind Europa-Wahlen. Melonis «Brüder Italiens» zielen nicht auf die rechtsextreme Fraktion Identität und Demokratie, die von der Lega angeführt wird und zu der auch die AfD gehört. Ein Bündnis mit der AfD sei nicht denkbar, erklärt Meloni auf der Jahrespressekonferenz, «die Differenzen sind unüberbrückbar, allein schon, was Russland betrifft». Ihre kalte Schulter gilt auch Koalitionspartner und gleichsam Rivale Matteo Salvini (50), Chef der Lega.

Die Fratelli d`Italia gehören zur Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer. Giorgia Meloni hat den Vorsitz. Mit ihrer europäischen Rechts-Aussen-Partei liebäugelt offen der deutsche CSU-Europaparlamentarier Manfred Weber (51). Statt der AfD bevorzugt Giorgia Meloni die französische Partei Rassemblement National. Deren Chefin Marine Le Pen (55) habe gute Chancen, Frankreichs nächste Präsidentin zu werden, so die Italienerin vorausschauend. Meloni hofft, dass Le Pen für die Präsidentschaftswahlen 2027 moderater wird, sich von Russland abwendet, die Spielregeln der EU einhält und sich vielleicht doch zum transatlantischen Bündnis bekennt. Und noch eine Überraschung: Giorgia Meloni würde Ursula von der Leyen (65) für eine zweite Präsidentschaft in der EU-Kommission wählen.

Giorgia Meloni übernimmt G7-Präsidentschaft

In der Vergangenheit schlug Meloni noch forsche Töne an, drohte beispielsweise mit einer Seeblockade, um Flüchtlingsboote aufzuhalten. Als Premier aber ist davon keine Rede mehr – obwohl 2023 mit rund 153'000 doppelt so viele Migranten an Italiens Küsten strandeten als noch zu Mario Draghis (76) Regierungszeit. Lieber würde Meloni Italiens Flüchtlinge an Drittländer loswerden. Dafür hatte sie mit Albanien einen Vertrag abgeschlossen. Der Deal wird noch von einem albanischen Gericht blockiert.

In diesem Jahr übernimmt Italien den Vorsitz des G7-Gipfels, der in Apulien steigen wird. Gastgeberin Giorgia Meloni will dann für den Wirtschaftsaufbau in afrikanischen Ländern werben. Ziel und Zweck: Neuer Wohlstand hält die Menschen in der Heimat. Zudem könnte man diese Staaten für Abschiebe- und Aufnahmelager gewinnen. Eine Lösung, die mittlerweile auch EU-Staaten aller politischer Couleur gefällt.

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