Lombardei plant Ausgangssperre wegen steigender Corona-Infektionen
Ab 23 Uhr darf niemand mehr auf die Strasse

Innerhalb einer Woche stieg die Zahl der Neuinfektionen in Italien dramatisch an. Besonders betroffen sind die Schweizer Grenzregionen Lombardei, Venetien und Piemont. Drastischere Einzelmassnahmen sollen einen generellen Lockdown verhindern.
Publiziert: 20.10.2020 um 14:06 Uhr
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Aktualisiert: 27.10.2020 um 16:36 Uhr
Myrte Müller

Kein Shoppen mehr in Einkaufszentren am Wochenende. Keine Drinks mehr an der Bar ab 18 Uhr. Und wer nicht zur Arbeit oder in die Apotheke muss, darf zwischen 23 und 5 Uhr morgens nicht mehr auf die Strasse. Das sind nur einige der einschneidenden Massnahmen, welche die Lombardei ab Donnerstag in Kraft setzt. Damit toppt die Region noch die Anti-Corona-Verfügungen des Ministerpräsidenten Giuseppe Conte (56) vom vergangenen Sonntag.

Das Schreckgespenst geht wieder herum. Es zeigt sich in spitzen Kurven auf der Statistik, aber auch in ersten alarmierenden Hiobs-Botschaften aus Spitälern sowie Alters- und Pflegeheimen. Das Coronavirus bemächtigt sich wieder Italien. Bis zu 11'700 Neuinfektionen in nur 24 Stunden meldet das Land am Wochenende. Jeder zehnte Getestete ist positiv. Die tägliche Todeszahl stieg am Montag auf 73. Besonders betroffen, einmal mehr, sind – neben dem süditalienischen Kampanien – die Grenzregionen der Schweiz.

Piemont setzt seit heute Schnell-Tests ein

So meldet die Lombardei am Sonntag 1687 Neuinfektionen, 814 davon allein in Mailand innerhalb von 24 Stunden. Sechs Menschen starben in diesem Zeitraum, 113 liegen auf der Intensivstation. Experten warnen: «Bis Ende Monat könnte die Zahl der Intensiv-Patienten auf 600 steigen.» Hastig werden die 17 Covid-Spitäler des Frühjahrs wieder aktiviert, plus ein weiteres vorbereitet sowie das Feld-Lazarett in der Mailänder Messehalle auf Vordermann gebracht.

Vor 9 Uhr beginnt in der Oberstufe kein Unterricht. Gleitzeiten beim Unterricht sind gefordert. Mit Massnahmen wie dieser will Giuseppe Conte die Verbreitung des Virus an Schulen eindämmen.
Foto: keystone-sda.ch
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Sorgen bereiten auch die Regionen Piemont und Venetien. Letztere geriet bereits vor zehn Tagen auf die Schweizer Liste der Risikogebiete. Im Piemont sind seit heute Schnell-Tests im Einsatz. In 15 Minuten könne die Corona-Infektion erkannt werden. Das erklärte der Chef der Region, Alberto Cirio, im TV-Sender TG3 Piemonte. Sie würden von Privat-Laboren, Hausärzten und Apotheken angeboten. An der Grenze zum stark von der Pandemie belasteten Frankreich soll stichprobenweise Fieber gemessen und über die Covid-Regeln im Land informiert werden.

Giuseppe Conte will landesweiten Lockdown vermeiden

«Es gilt einen landesweiten Lockdown, wie er im Frühjahr verhängt wurde, zu verhindern», beschwört unterdessen Giuseppe Conte gegenüber italienischen Medien. Man habe seit der ersten Welle viel dazugelernt. Doch, so Conte: «Regional gezielte Lockdowns sind immer möglich.» Bereits Anfang Oktober verhängte Italien die allgemeine Maskenpflicht auch im Freien. Der neue Massnahmen-Katalog des Premiers enthält Einschränkungen für die Gastronomie, für den Allgemeinsport, Schulen und Unis sowie für Veranstaltungen. Sie gelten vorerst bis Mitte November.

Mitternacht ist Sperrstunde. Es dürfen nicht mehr als sechs Personen an einem Tisch sitzen. Ab 18 Uhr ist das Stehen an der Theke verboten. Beim Amateursport sind die Mannschaftsspiele gestrichen. Nur 15 Prozent der Zuschauer dürfen bei Profi-Meisterschaften und Wettkämpfen dabei sein, wenn das Limit von 1000 Teilnehmern im Freien nicht überschritten wird. Höhere Schulen und Unis dürfen nicht vor 9 Uhr beginnen, Gleitzeit ist erwünscht. Und Bürgermeister haben die Befugnis, wann immer sie es für nötig halten, ihre Piazza ab 21 Uhr zu sperren.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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