Repressionen in Russland
Alleinerziehender Vater in Russland verhaftet – weil Tochter in der Schule Anti-Kriegs-Bild malte

In Russland werden Menschen, die sich gegen den Krieg in der Ukraine aussprechen, immer stärker verfolgt. Jetzt wurde ein alleinerziehender Vater abgeführt – weil seine Tochter in der Schule ein Anti-Kriegs-Bild gemalt hatte. Die Teenagerin muss in ein Kinderheim.
Publiziert: 01.03.2023 um 16:49 Uhr
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Marian NadlerRedaktor News

Eine Anti-Kriegs-Zeichnung hat für den alleinerziehenden Vater Alexej Moskaljow (54) und seine Tochter Maria (12) in Russland ernsthafte Folgen. Er sitzt in Haft, sie wurde in einem Kinderheim untergebracht. Was war passiert?

Im April vergangenen Jahres forderte eine Lehrerin in der Stadt Jefremow in der russischen Region Tula ihre Schülerinnen und Schüler auf, Bilder zu malen, die ihre Unterstützung für das russische Militär in der Ukraine zeigen sollten. Maria malte hingegen ein Anti-Kriegs-Bild. Die Zeichnung zeigt zwei Flaggen, eine russische und eine ukrainische, mit den Aufschriften «Nein zum Krieg» und «Ruhm für die Ukraine». Zwischen den Flaggen flogen Raketen von der russischen Seite auf eine Frau und ein Kind auf der ukrainischen Seite zu.

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Die Lehrerin meldete das Ganze dem Schuldirektor. Dieser rief sofort die Polizei, wenig später schaltete sich der russische Inlandsgeheimdienst FSB ein, wie die unabhängige russische Zeitung «Spektr» am Mittwoch unter Berufung auf eine der Familie nahestehende Person berichtet.

Maria Moskaljowas Anti-Kriegs-Zeichnung hat den russischen Inlandgeheimdienst auf den Plan gerufen.
Foto: OVD Info
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Maria bekam Angst und lief nach Hause. Noch ausser Atem erklärte sie ihrem überraschten Vater, was passiert war. «Papa, die Polizei hätte mich fast erwischt – ich habe ein Bild gemalt.»

Beamte beschlagnahmen Tausende Rubel

Das Mädchen wurde seitdem mehrere Male zur örtlichen Polizeiwache gebracht und die Wohnung, in der sie mit ihrem Vater lebte, wurde mehrmals durchsucht.

Laut Moskaljow warfen die Beamten Gegenstände aus den Regalen und Möbel um. Die gesamten Ersparnisse, 123'000 Rubel (Rund 1500 Franken) und 3150 Dollar, waren im Anschluss weg. Zudem wurden ein Computer und die Mobiltelefone der beiden beschlagnahmt.

Ein Mal redeten FSB-Beamte dreieinhalb Stunden lang auf den Vater ein. «Sie sagten, sie würden sie mir wegnehmen und mich ins Gefängnis stecken», erzählt er. Ein anderes Mal schlugen die Beamten seinen «Kopf gegen die Wand und auf den Boden» und sperrten ihn zweieinhalb Stunden lang in einen Verhörraum, während die russische Nationalhymne auf voller Lautstärke spielte.

Drei Jahre Haft für «Diskreditierung» der Armee

Der Vater und seine Tochter zogen extra aus Jefremow in die Nachbarstadt Uslowaja um. Es nützte nichts. Die Polizei nahm ihn auf dem Weg zur Arbeit fest.

Ihm wird «Diskreditierung» der Armee im Internet vorgeworfen. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren wegen Kommentaren in den sozialen Netzwerken eröffnet. Nun drohen bis zu drei Jahre Haft.

Maria wurde unterdessen in ein Kinderheim in Jefremow geschickt, wie die Menschenrechtsorganisation OVD Info auf Telegram mitteilte. Es wird berichtet, dass sie dort bleiben wird, bis eine Entscheidung über den Vater getroffen oder ihre Mutter kontaktiert wurde.

Die Mutter verliess Maria und ihren Vater, als das Kind drei Jahre alt war. Sie wohnt mittlerweile in einer anderen Stadt. Nach Alexej Moskaljows Angaben wird sie die Sechstklässlerin nicht zu sich nehmen. Ein Anwalt von OVD Info wird die Verteidigung des Mannes vor Gericht übernehmen.

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