So tickt Wladimir Putin
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Sein Leben in zehn Stationen:So tickt Wladimir Putin

Russland-Experte erklärt
Darum wird der Tod von Putin nicht den Krieg beenden

Selenski ist überzeugt, der Tod Putins würde den Krieg beenden. Russland würde sich innenpolitisch neu ausrichten müssen. Doch ganz so einfach ist es laut Osteuropa-Experte Alexander Wöll nicht.
Publiziert: 17.12.2022 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2022 um 08:28 Uhr
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Jenny WagnerRedaktorin News

Der amerikanische Moderator David Letterman (75) traf für seine Show «My Next Guest» den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (44). Sie sprachen über Persönliches, aber auch über den Krieg und über den russischen Präsidenten Wladimir Putin (70). «Was würde passieren, wenn Putin aus dem Fenster fällt und plötzlich stirbt?», fragt Letterman. Für Selenski ist klar: «Es würde keinen Krieg mehr geben.»

Würde der Tod des Kremlchefs den Krieg tatsächlich beenden? Nein! «Durch den Tod Putins ändert sich das System nicht», sagt Alexander Wöll (54), Slawist an der Universität Potsdam, zu Blick. Stattdessen würde nur eine neue Schlüsselfigur, die ähnliche Ideologien anstreben würde, an seine Stelle treten.

«Der Hauptgrund für den Krieg ist das politische System in Russland, das Putin so viel Macht gibt», hält Selenski im Interview fest. Wöll sieht es ähnlich. Er beschreibt das russische Regierungsmodell als hierarchisches Mafia-System. «An der Spitze gibt es nur eine Person, die alle Entscheidungen trifft», erklärt er. Nach Putin käme ebenfalls ein starker Mann aus dem Kreml. Deshalb sei es wenig verwunderlich, dass die russische Bevölkerung keinen Machtwechsel möchte. Das macht einen Putsch sehr unwahrscheinlich.

Der amerikanische Moderator David Letterman (l.) traf sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski.
Foto: Youtube
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Es fehlt an Kraft, um für Ordnung zu sorgen

Sollte Putin allerdings von der Bildfläche verschwinden, würde die russische Bevölkerung es sehr schwer haben. «Sie werden sich mit ihrer Innenpolitik befassen müssen und nicht mit aussenpolitischen Fragen», sagt Selenski zu Letterman.

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Doch wer könnte in Putins Fussstapfen treten, wenn er stirbt? Eine richtige Alternative gebe es laut Wöll nicht. «Die Gefahr ist gross, dass es jemand mit noch rechtspopulistischeren und chauvinistischeren Ideologien wird», stellt er klar. Die Opposition habe in Russland viel zu wenig zu sagen und nach dem Krieg ist Russland ruiniert – da fehle der kleinen Gruppe ohne internationalen Eingriff die Kraft, um für Ordnung zu sorgen, ordnet Wöll die Lage ein.

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«Es droht der Zerfall von Russland»

«Damit sich etwas ändert, muss das gesamte System zusammenbrechen», erklärt der Slawist. «Und das ist höchst gefährlich, denn Russland ist nun einmal eine Atommacht.» Einen Ausweg aus dieser Misere gebe es nicht.

Russland komme nach dem Krieg nicht schonungslos davon – ob mit oder ohne Putin an der Macht. Im Gegenteil: «Es droht der Zerfall von Russland», tönt Wölls düstere Prognose. Die Tschetschenen etwa gewinnen durch den Ukraine-Krieg unglaublich an Macht. «Was hält sie davon ab, irgendwann den Kreml zu stürmen? Viele Szenarien sind denkbar», sagt Wöll.

Eines sei für ihn aber sicher: «Russland wird 30 Jahre in seiner Entwicklung zurückgeworfen. Das wird zu innenpolitischen Unruhen führen.» Auf lange Sicht könnte das dann doch zu einem Putsch führen – und zu Chaos.

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