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Schweizer UNO-Sonderbeauftragter über Prozess gegen Julian Assange
«Das erinnert an ein diktatorisches Regime»

Der Schweizer Nils Melzer kümmert sich bei der UNO um Julian Assange. Der Sonderbeauftragte für Folter kritisiert die US-Justiz – und das Schweigen des Bundesrats.
Publiziert: 28.12.2019 um 23:16 Uhr
|
Aktualisiert: 27.03.2020 um 10:07 Uhr
Interview: Reza Rafi

Im Jahr 2010 machte Wikileaks-Gründer Julian Assange (48) US-amerikanische Kriegsverbrechen im Irak publik. 2016 verspielte er sich viele Sympathien mit seiner Nähe zu Russland und der Rolle ­seiner Enthüllungsplattform im US-Wahlkampf; heute sitzt er in einem britischen Hochsicherheitstrakt. Im Februar wird gerichtlich entschieden, ob Assange auf Verlangen der USA ausgeliefert wird. Nils Melzer (49) ist Uno-Sonderbeauftragter für Folter. Die Tragweite des Falls werde unterschätzt, sagt er.

SonntagsBlick: Bei Folter denkt man vielleicht an Syrien oder Nordkorea. Wieso beschäftigen Sie sich gerade mit Julian Assange?

Nils Melzer: Auch ich hielt den Begriff Folter in diesem Zusammenhang anfänglich für etwas zu hoch gegriffen. Bis letzten März.

Als sich Assanges Anwälte an Sie wandten.

Genau. Sie übergaben mir Dokumente von Ärzten, die ihn untersucht hatten. Das sind keine Leute, die für reisserische Headlines ­bekannt sind. Ich wollte mir aber ­selber ein Bild machen und besuchte ihn zusammen mit einem auf ­Folteropfer spezialisierten Ärzteteam in der Haft.

Wikileaks-Gründer Julian Assange wird am 1. Mai 2019 ins Gericht in London gebracht.
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Wie erlebten Sie ihn?

Assange zeigte klinisch messbare Folgen von psychologischer Folter, also von Folter, die keine äusseren Spuren hinterlässt. Gewisse kognitive Fähigkeiten waren schon damals beeinträchtigt.

Wie funktioniert psychologische Folter?

Der Folterer kontrolliert alle Ressourcen, die ein Mensch für sein Wohlbefinden braucht, das ist der entscheidende Punkt. Also isoliert er ihn von allen freundlichen Einflüssen – seiner gewohnten Umgebung, seinen Kontakten, seiner Kommunikation. Dann lässt er ihn 22 oder 23 Stunden täglich allein, ohne Beschäftigungsmöglichkeiten. Zur Isolation kommt die 24-stündige Videoüberwachung. Jeder Mensch hat ein Rückzugs­bedürfnis. Dieser zusätzliche Stressfaktor machte Assange ex­trem verletzlich. Und dann die ­Vorwürfe, gegen die er sich nicht mit normalen rechtsstaatlichen Mitteln wehren kann, weil seine Verfahrensrechte systematisch verletzt werden. Assange sass mehr als sechs Jahre als politischer Flüchtling in der ecuadorianischen Botschaft in London fest …

… wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs in Schweden.

Ohne jemals angeklagt worden zu sein. Alle Möglichkeiten zur Reha­bilitierung hat man ihm verbaut. Dann, nach mehr als neun Jahren, stellte Schweden das Verfahren sang- und klanglos ein. Es wurde für seine Verfolgung nicht mehr gebraucht, denn jetzt sitzt er in britischer Haft – wegen Anschuldigungen aus den USA, die auf geheim ­gehaltenen Beweisen beruhen, zu denen er keinen Zugang hat. Er kann seine amerikanischen Anwälte nicht sprechen, er hat keine Einsicht in die Akten, für das strenge Haftregime fehlt jede Grundlage. Zum Zweck der Fluchtverhinderung würde auch ein Hausarrest genügen. Seine Geschichte wird von keinem Richter ernst genommen. Das wird ihm auf jedem Schritt deutlich gemacht.

Wie reagieren Menschen in einer solche Situation?

Kumulativ führt diese zutiefst willkürliche Praxis zu einer konstanten nervlichen Überstimulierung, welche erfahrungsgemäss zu einem Kreislaufkollaps oder Nervenzusammenbruch führen kann, bis hin zur Todesfolge. Und das ohne jede Blutspur. Das versteht man unter White Torture, weisser Folter. Eine nicht ganz so drastische, aber ähnliche Methode kennen wir übrigens auch in der Schweiz.

Welche?

Die Beugehaft: Wenn du nicht gestehst, bleibst du drin, bis du gestanden hast. So wird das Leiden täglich intensiver, bis der Wille gebrochen ist.

Sie haben als Uno-Sonderbeauftragter nach Ihrem Besuch bei Assange zwei aufsehenerregende Berichte verfasst.

Ich habe der britischen Regierung zwei Briefe geschrieben – im Uno-Jargon keine Reports, sondern sogenannte Communications. Mit unseren Befunden und der dringenden Aufforderung, dieser rechtswidrigen Willkür ein sofortiges Ende zu setzen.

Wie lautete die Antwort?

Sie fiel knapp aus: Die Briten lehnen jeden Vorwurf der Folter ab. ­Assange werde von unabhängigen Gerichten nach englischem Recht behandelt. Es war klar, dass sie jeden Dialog ­abwürgen wollten. So auch die Schweden, von denen ich offizielle Erklärungen zu 50 mutmasslichen Verfahrensverletzungen verlangte, jedoch nur ein kurzes Antwortschreiben erhielt, wonach die Regierung in dieser Angelegenheit keine weiteren Bemerkungen zu machen gedenke.

Und über all dem hängt das Damoklesschwert Auslieferung an die USA ...

Ganz genau. Ist Assange nämlich erst mal in die USA ausgeliefert, ist es endgültig fertig mit der Rechtsstaatlichkeit.

Die Vereinigten Staaten sind doch ein demokratischer Rechtsstaat!

Ja, aber Staatssicherheitsprozesse landen in den USA immer im selben Bezirk beim selben Gericht: dem ­Federal Court in Alexandria, Virginia. Es amtet sogar immer dieselbe Richterin. Dort gibt es keine Hoffnung mehr. Das hat System.

Warum?

Bei einem Geschworenen-Prozess muss die Jury die Bevölkerung des Distrikts repräsentieren. Und die Bevölkerung von Alexandria, Virginia, besteht zu 85 Prozent aus Angestellten des Verteidigungsministeriums, der NSA, der CIA und so weiter, also des gesamten US-amerikanischen Sicherheitsapparats. Jede Jury, die dort ausgewählt wird, wird von vornherein parteiisch sein. Das ist der Grund, weshalb solche Prozesse immer dort abgehalten werden.

Mit immer derselben Richterin?

Ja, einer berüchtigten Einzelrichterin. Sie spricht drakonische Strafen aus – die Whistleblowerin Chelsea Manning bekam dort 35 Jahre Gefängnis, bevor sie nach sieben Jahren von Präsident Obama begnadigt wurde. Zum Vergleich: 35 Jahre kriegen in Den Haag die Hauptkriegsverbrecher. Hier aber werden Whistle­blower und Journalisten bestraft, während die von ihnen enthüllten Kriegsverbrechen allesamt straflos bleiben. Und der ganze Gerichtsprozess spielt sich hinter verschlossenen Türen ab. Die Verteidigung hat keinen Zugang zu Beweisen. Es gilt einfach, was die Anklage sagt. In manchen Punkten hat angeblich nicht einmal das Gericht Zugang zu den Beweisen! Das ist rechtsstaatlich ­inakzeptabel und erinnert an ein ­diktatorisches Regime, aber nicht an eine moderne Demokratie.

Assange ist wegen Verletzung des Espionage Acts, des US-Spionage-Gesetzes, angeklagt.

Das muss Sie als Journalisten besonders aufschrecken.

Weshalb?

Ihm wird gemäss Anklageschrift ­vorgeworfen, geheime Dokumente der US-Regierung erhalten und ­veröffentlicht zu haben. Ein höchst gefährlicher Vorwurf.

Warum?

Was machen Sie als Journalist anderes? Sie erhalten Informationen von öffentlichem Interesse und publizieren sie. Assange hat die Informationen ja nicht gestohlen oder gehackt. Chelsea Manning, welche die Dokumente an Wikileaks weiterreichte, hatte immerhin noch ihre Geheimhaltungspflicht verletzt. Nicht so ­Assange. Nehmen wir ein Beispiel: Sie veröffentlichen als Journalist vertrauliche Dokumente aus der Bundesverwaltung, die den Nachweis für Amtsmissbrauch erbringen – sind Sie dann ein Spion? Eben. Nun hätte ein Urteil gegen Assange für die Pressefreiheit weltweiten Präzedenz-Charakter.

Das müssen Sie erklären.

Wenn ein Nichtamerikaner wie ­Assange, der ausserhalb der USA amerikanische Kriegsverbrechen aufdeckt, wegen Spionage bis zu 175 Jahre Gefängnis kassiert, dann wird das in Zukunft auch für Journalisten des «Guardian», des SonntagsBlicks oder für wen auch immer ­gelten. Noch schlimmer: Im Umkehrschluss hiesse das, wenn ein ­US-Journalist über nordkoreanische Geheiminformationen schreibt, kann Nordkorea diesen künftig als Spion brandmarken, ihn zu entführen und abzuurteilen versuchen.

Die öffentliche Empörung hält sich bislang in Grenzen ...

Die USA handeln geschickt: Sie ­wollen an einem Mann ein Exempel statuieren, der zu diesem Zweck ­zuerst in der öffentlichen Meinung unsympathisch gemacht worden ist. Würde so mit einem Nelson Mandela umgegangen, gäbe es ­einen Aufschrei. Aber noch hat ­niemand gemerkt, dass der Präzedenzfall Assange künftig eben nicht nur auf «unsympathische» Leute angewandt würde, sondern eben auf jeden, der die schmutzige ­Wäsche der Mächtigen ans Licht zu ziehen versucht.

Was sagen Sie zur Reaktion der US-Medien?

Die Mainstreammedien müssten viel energischer reagieren. Viele der grossen Medienhäuser in aller Welt arbeiteten 2010 mit Wikileaks ­zusammen und veröffentlichten die geheimen Dokumente gemeinsam mit Assange. Es kann gut sein, dass diese Medien heute mit den Behörden bezüglich der missbräuchlichen Verfolgung von Assange ein Stillhalteabkommen haben, damit sie von der Justiz in Ruhe gelassen werden.

Assange als Bauernopfer?

Richtig. Anders kann ich mir das Schweigen der grossen Verlage nicht erklären.

Haben Sie als Sonderbericht­erstatter überhaupt noch irgend­einen Handlungsspielraum?

Ich bin ständig daran. Ich habe den Regierungen von Grossbritannien, Schweden, den USA und Ecuadors geschrieben. Im Falle von Ecuador,…

... das Assange im April ohne ­jedes Verfahren sein Asyl in der Londoner Botschaft entzog …

… ist die Sache ja ziemlich simpel: Ecuador benötigte dringend einen Milliardenkredit des Währungsfonds. Kurz nach der Übergabe von Assange an die britische Polizei hat Ecuador dann 4,2 Milliarden Dollar erhalten. Momentan bin ich aber auch in Kontakt mit dem deutschen Bundestag. Und ich werde mich wohl erneut an die Briten wenden müssen.

Was sagen Sie zur Rolle der Schweiz?

Die Stadt Genf wollte Assange ja Asyl gewähren. Doch der Bundesrat ging offenbar nicht darauf ein. Die Schweiz möchte es wohl vermeiden, sich hier auf die falsche Seite zu ­stellen, sich zu exponieren. Denn die Schweiz ist wirtschaftlich davon ­abhängig, dass die Amerikaner nicht mit dem Vorschlaghammer auf den Finanzplatz losgehen. Aber in ­diesem Fall geht es ja nicht nur um Assange persönlich.

Sondern?

Es geht um den Schutz von Whistle­blowern, der freien Presse und des Rechtsstaats. Um Themen also, für die unsere Politik einsteht. Dass die Schweiz hier schweigt, ist langfristig sicher nicht in ihrem besten Interesse. Mit ihrer demokratischen, humanitären und menschenrechtlichen Tradition könnte die Schweiz auch gegenüber mächtigen Staaten viel deutlicher sein und auf diplomatischem Wege zur Einhaltung grundlegender völkerrechtlichen Normen mahnen.

Persönlich

Der Schweizer Nils Melzer (49) ist seit 2016 Uno-Sonderbeauftragter für Folter. Es ist ein ehrenamtliches Mandat. Melzer studierte in Zürich Rechtswissenschaften und ist Professor für Internationales Recht an der Universität von Glasgow (Grossbritannien). Er unterrichtet zudem an der Genfer Akademie für humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte. Zuvor war der Völkerrechtsexperte für das IKRK tätig.

Der Schweizer Nils Melzer (49) ist seit 2016 Uno-Sonderbeauftragter für Folter. Es ist ein ehrenamtliches Mandat. Melzer studierte in Zürich Rechtswissenschaften und ist Professor für Internationales Recht an der Universität von Glasgow (Grossbritannien). Er unterrichtet zudem an der Genfer Akademie für humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte. Zuvor war der Völkerrechtsexperte für das IKRK tätig.

Mehr
Der Fall Assange

Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse rund um Julian Assanges Zeit in der Botschaft in Ecuador.

2010:

  • Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470'000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250'000 Dokumente kommen später hinzu.
  • Im November bewirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen vorgeworfen. Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuss.

2011

  • Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äussert sich besorgt: Er fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte, wo ihm wegen der geleakten Dokumente ein Prozess und womöglich sogar die Todesstrafe droht.

2012

  • Julian Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl. Ecuador bittet die britische Regierung vergeblich um die Erlaubnis, Assange nach Quito auszufliegen.

2016

  • Schwedische Ermittler scheitern mit ihrem Anliegen, Assange in der Londoner Botschaft zu vernehmen. Eine Uno-Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass Assange im Botschaftsgebäude «willkürlich inhaftiert» sei und dafür von Grossbritannien und Schweden entschädigt werden müsse. Beide Länder weisen die nicht bindende Entscheidung zurück.
  • Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht Wikileaks rund 20'000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Aussenministerin Hillary Clinton.

2017

  • Nach der Begnadigung von Chelsea Manning, einer Hauptquelle von Wikileaks, erklärt die Organisation, Assange könne sich Ermittlungen in den USA stellen, wenn seine Rechte garantiert würden. Unterdessen stellt die Staatsanwaltschaft in Schweden die Ermittlungen gegen Assange ein.
  • Die britische Polizei will ihn allerdings weiterhin festnehmen, weil er seine Kautionsauflagen verletzt hat. Assange bekommt die ecuadorianische Staatsangehörigkeit, allerdings scheitert die Regierung in Quito mit ihrem Anliegen, bei den britischen Behörden Diplomatenstatus für Assange anzumelden. Das hätte ihm ermöglicht, das Botschaftsgebäude zu verlassen, ohne festgenommen zu werden.

2018

  • Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges «unhaltbare» Situation zu beenden. Ein Antrag, den Haftbefehl aus gesundheitlichen Gründen zurückzuziehen, scheitert. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge, weil er sich in die Angelegenheiten anderer Länder eingemischt habe. Ein Wikileaks-Anwalt beschreibt Assanges Lebensumstände als «unmenschlich».
  • Im Oktober erlegt Ecuador Assange neue Verhaltensregeln auf und warnt, eine Verletzung der Vorgaben könne zum Entzug des Asyls führen. Unterdessen taucht in den USA ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.

2019

  • Ecuadors Präsident Lenin Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl «wiederholt verletzt». Am 25. April soll ein unabhängiger Menschenrechtsexperte Assange besuchen und eine Einschätzung abgeben, ob die ihm vorgeworfenen Verstösse eine Untersuchung notwendig machen.
  • Doch dazu kommt es nicht: Am 11. April nimmt die britische Polizei Assange fest, nachdem ihm das Asyl entzogen wurde.

2020

  • Assange sitzt im Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh im Südosten Londons.
  • Assange, hofft auf eine Freilassung unter Kautionsauflagen wegen der Coronavirus-Pandemie. Der Antrag wird abgelehnt.

2021

  • Dem Wikileaks-Gründer wird die ecuadorianische Staatsbürgerschaft entzogen.

  • Das Gericht lehnt die Auslieferung in die USA ab und begründet diese Entscheidung mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen, die ihn in den USA erwarten würden. Es sei damit zu rechnen, dass er sich in Isolationshaft das Leben nehmen werde.
  • Die USA zweifeln am medizinischen Gutachten und legen Berufung ein. Das Auslieferungsverbot wird im Dezember aufgehoben

  • Nach Angaben seiner Verlobten Stella Moris erleidet Assange im Gefängnis einen leichten Schlaganfall. Grund soll der «extreme» Stress gewesen sein.

Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse rund um Julian Assanges Zeit in der Botschaft in Ecuador.

2010:

  • Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470'000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250'000 Dokumente kommen später hinzu.
  • Im November bewirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen vorgeworfen. Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuss.

2011

  • Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äussert sich besorgt: Er fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte, wo ihm wegen der geleakten Dokumente ein Prozess und womöglich sogar die Todesstrafe droht.

2012

  • Julian Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl. Ecuador bittet die britische Regierung vergeblich um die Erlaubnis, Assange nach Quito auszufliegen.

2016

  • Schwedische Ermittler scheitern mit ihrem Anliegen, Assange in der Londoner Botschaft zu vernehmen. Eine Uno-Arbeitsgruppe kommt zu dem Schluss, dass Assange im Botschaftsgebäude «willkürlich inhaftiert» sei und dafür von Grossbritannien und Schweden entschädigt werden müsse. Beide Länder weisen die nicht bindende Entscheidung zurück.
  • Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht Wikileaks rund 20'000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Aussenministerin Hillary Clinton.

2017

  • Nach der Begnadigung von Chelsea Manning, einer Hauptquelle von Wikileaks, erklärt die Organisation, Assange könne sich Ermittlungen in den USA stellen, wenn seine Rechte garantiert würden. Unterdessen stellt die Staatsanwaltschaft in Schweden die Ermittlungen gegen Assange ein.
  • Die britische Polizei will ihn allerdings weiterhin festnehmen, weil er seine Kautionsauflagen verletzt hat. Assange bekommt die ecuadorianische Staatsangehörigkeit, allerdings scheitert die Regierung in Quito mit ihrem Anliegen, bei den britischen Behörden Diplomatenstatus für Assange anzumelden. Das hätte ihm ermöglicht, das Botschaftsgebäude zu verlassen, ohne festgenommen zu werden.

2018

  • Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges «unhaltbare» Situation zu beenden. Ein Antrag, den Haftbefehl aus gesundheitlichen Gründen zurückzuziehen, scheitert. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge, weil er sich in die Angelegenheiten anderer Länder eingemischt habe. Ein Wikileaks-Anwalt beschreibt Assanges Lebensumstände als «unmenschlich».
  • Im Oktober erlegt Ecuador Assange neue Verhaltensregeln auf und warnt, eine Verletzung der Vorgaben könne zum Entzug des Asyls führen. Unterdessen taucht in den USA ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.

2019

  • Ecuadors Präsident Lenin Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl «wiederholt verletzt». Am 25. April soll ein unabhängiger Menschenrechtsexperte Assange besuchen und eine Einschätzung abgeben, ob die ihm vorgeworfenen Verstösse eine Untersuchung notwendig machen.
  • Doch dazu kommt es nicht: Am 11. April nimmt die britische Polizei Assange fest, nachdem ihm das Asyl entzogen wurde.

2020

  • Assange sitzt im Hochsicherheitsgefängnis HMP Belmarsh im Südosten Londons.
  • Assange, hofft auf eine Freilassung unter Kautionsauflagen wegen der Coronavirus-Pandemie. Der Antrag wird abgelehnt.

2021

  • Dem Wikileaks-Gründer wird die ecuadorianische Staatsbürgerschaft entzogen.

  • Das Gericht lehnt die Auslieferung in die USA ab und begründet diese Entscheidung mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen, die ihn in den USA erwarten würden. Es sei damit zu rechnen, dass er sich in Isolationshaft das Leben nehmen werde.
  • Die USA zweifeln am medizinischen Gutachten und legen Berufung ein. Das Auslieferungsverbot wird im Dezember aufgehoben

  • Nach Angaben seiner Verlobten Stella Moris erleidet Assange im Gefängnis einen leichten Schlaganfall. Grund soll der «extreme» Stress gewesen sein.

Mehr
Drei Fakten zu Julian Assange
  1. 7 Jahre in der Botschaft Ecuadors
    Julian Assange, Mitbegründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, wurde letzten Donnerstag verhaftet. Ecuador hat seine Asylgewährung widerrufen. Assange war 2012 aus Angst vor einer Auslieferung an die USA in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen.

  2. 720 000 Dokumente publizierte Wikileaks
    Von Juli bis Oktober 2010 veröffentlichte die Plattform Wikileaks rund 470 000 als geheim eingestufte US-Dokumente, die vor allem mit der Rolle der USA in den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250 000 Dokumente kamen später hinzu.

  3. 2 Frauen werfen ihm sexuelle Gewalt vor
    2010 reichten zwei Frauen wegen Vergewaltigung und sexueller Gewalt gegen Assange Klage ein. 2017 stellte die schwedische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Nun hat die Staatsanwaltschaft Göteborg beantragt, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.
  1. 7 Jahre in der Botschaft Ecuadors
    Julian Assange, Mitbegründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, wurde letzten Donnerstag verhaftet. Ecuador hat seine Asylgewährung widerrufen. Assange war 2012 aus Angst vor einer Auslieferung an die USA in die ecuadorianische Botschaft in London geflohen.

  2. 720 000 Dokumente publizierte Wikileaks
    Von Juli bis Oktober 2010 veröffentlichte die Plattform Wikileaks rund 470 000 als geheim eingestufte US-Dokumente, die vor allem mit der Rolle der USA in den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250 000 Dokumente kamen später hinzu.

  3. 2 Frauen werfen ihm sexuelle Gewalt vor
    2010 reichten zwei Frauen wegen Vergewaltigung und sexueller Gewalt gegen Assange Klage ein. 2017 stellte die schwedische Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Nun hat die Staatsanwaltschaft Göteborg beantragt, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.
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