Sie sollen für ihn in den Krieg ziehen – und als Kanonenfutter dienen
Putin ködert Kirgisen und Usbeken mit Russen-Pass

Die Botschaften der zentralasiatischen Nachbarländer von Russland sind besorgt. Usbekische, tadschikische und kirgisische Arbeitsmigranten könnten unter Druck gesetzt werden, sich dem russischen Militär anzuschliessen.
Publiziert: 23.09.2022 um 10:56 Uhr
Jenny Wagner

In Russland arbeiten laut Angaben der russischen Regierung mehr als 4,5 Millionen Usbeken und fast eine Million Kirgisen. Manche pendeln, andere haben eine Aufenthaltsgenehmigung. Die Botschaften der zentralasiatischen Nachbarländer sind besorgt, dass die Arbeitsmigranten unter Druck gesetzt werden, sich nun der russischen Armee anzuschliessen.

Wladimir Putin (69) verkündete am 21. September, dass er 300'000 Reservisten in die Ukraine schickt. Die usbekische Generalstaatsanwaltschaft warnte ihre Bürger kurz darauf, keine Verträge mit dem russischen Militär zu unterzeichnen. Denn wer für ein anderes Land in den Krieg zieht, gilt als Söldner und muss mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen. In Kirgistan erwarten Söldner fünf bis zehn Jahre Gefängnis. Kasachischen Bürgern, die im Ausland kämpfen, droht eine Haftstrafe von bis zu neun Jahren. Am 20. September ist von der russischen Duma allerdings ein weiteres Gesetz verabschiedet worden: Wer ein Jahr lang dem russischen Militär dient, bekommt einfacher die russische Staatsbürgerschaft.

Militär ködert mit Staatsbürgerschaft, Geld und Häusern

Im März erzählte ein usbekischer Taxifahrer in einem Telegram-Video, dass er für drei Monate dem russischen Militär dienen werde. Dafür bot man ihm die russische Staatsbürgerschaft, eine Unterkunft und ein Gehalt von 50'000 Rubel im Monat. Das entspricht etwa 821 Schweizer Franken. Auch werden die Arbeitsmigranten teilweise angerufen und unter Druck gesetzt, schreibt das Onlineportal The Diplomat. Es ist nicht klar, ob es sich dabei tatsächlich um offizielle Anrufe oder um Betrüger handelt.

Putin gab am 21. September bekannt, dass er 300'000 Reservisten an die ukrainische Front schickt.
Foto: keystone-sda.ch
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Für viele ist die Hoffnung auf eine russische Staatsbürgerschaft, einen Job und ein Haus sehr viel wert. Denn obwohl die westlichen Sanktionen Russland hart treffen, sind die Lebensbedingungen dort vielerorts besser als in den Nachbarländern. Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan sind sehr arme Länder mit einer hohen Anzahl an Arbeitslosen.

Abhängigkeit kann ausgenutzt werden

Die Arbeitsmigranten sind abhängig von ihren Jobs in Russland, viele stehen unter dem Druck, die Familie ernähren zu müssen. Die Botschaften haben die Sorge, dass den Arbeitnehmern gedroht wird, sie könnten ihre Jobs verlieren, wenn sie nicht ins Militär gehen.

In Putins Dekret zur Teilmobilmachung gibt es ausserdem eine 7. Klausel, die geheim ist. Darin steht unter anderem, dass die Reservisten aus Dagestan, einer sehr armen Republik in Russland, als erste an die Front geschickt werden sollen. In der Vergangenheit gab es schon mehrfach Vorwürfe, dass Russland ethnische Minderheiten als Kanonenfutter im Krieg nutze. So schreib die «Welt» im Mai, dass die Mehrzahl der russischen Kriegstoten aus armen russischen Provinzen oder Teilrepubliken stammten.

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