SPD-Chef muss mit schweren Auflagen zu Groko-Verhandlungen
Schulz soll es richten

Die deutschen Sozialdemokraten wollen mit den christlichen Parteien über eine Neuauflage der Grossen Koalition verhandeln. Der Weg dorthin ist weit – und schwierig.
Publiziert: 08.12.2017 um 13:18 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 00:35 Uhr
Kanzlerin Angela Merkel steht vor der schwierigsten Regierungsbildung ihrer Karriere.
Foto: Imago/Metodi Popow
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In Berlin hat der Parteitag der SPD am Donnerstagabend die ersten grossen Hürden genommen: Martin Schulz ist trotz seiner Niederlage bei den Bundestagswahlen im September in seinem Amt als Parteivorsitzender bestätigt worden. Die Delegierten machten den Weg frei für «ergebnisoffene» Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Grossen Koalition (GroKo) mit den beiden christlichen Unionsparteien.

Fast drei Monate nach den Wahlen soll das erste Treffen zwischen CDU, CSU und SPD bereits am Mittwoch kommender Woche stattfinden.

Zustimmung für GroKo-Neuauflage steigt

Eine so lange Phase der Unsicherheit gab es in der Bundesrepublik noch nie. Denn dies wird bereits der zweite Anlauf zu einer Regierungsbildung sein. Der erste Versuch der beiden christlichen Parteien, gemeinsam mit den Grünen und den Liberalen eine sogenannte Jamaika-Koalition zu schmieden, war Mitte November gescheitert.

Seitdem steigt in der Bevölkerung wieder die Zustimmung für eine Neuauflage der GroKo. Und erste Umfragen von Donnerstagabend zeigen, dass die Mehrzahl der Wähler an einen positiven Ausgang der Verhandlungen glaubt.

Bis dahin aber ist es noch ein langer Weg. Denn die SPD hat hohe Hürden für ihre Rückkehr in die Regierungsverantwortung aufgebaut.

Breiter Forderungskatalog der SPD

Da sind einmal die inhaltlichen Differenzen: Die Sozialdemokraten wollen einem Koalitionsvertrag nur zustimmen, wenn sie die Bürgerversicherung, ein Einwanderungsgesetz und die Fortsetzung der Energiewende durchsetzen können. Zudem soll den Kriegsflüchtlingen, vor allem aus Syrien, der Familiennachzug erlaubt werden. Nur so, glauben die Sozialdemokraten, könne die Integration in die deutsche Gesellschaft gelingen.

Alles programmatische Vorgaben, gegen die sich vor allem Horst Seehofer und seine bayerische CSU bisher vehement gewehrt haben.

Neben den inhaltlichen muss SPD-Chef Schulz aber auch mit einer Reihe von verfahrenstechnischen Vorgaben fertig werden. Der erste Tag des Parteitags machte deutlich: Das Vertrauensverhältnis zwischen der sozialdemokratischen Basis und der Parteispitze ist schwer gestört.

Unmittelbar nach der Niederlage am 24. September hatte Schulz eine Neuauflage der GroKo noch kategorisch ausgeschlossen. Die SPD wollte in die Opposition, um sich in den nächsten Jahren inhaltlich und personell neu aufzustellen. Darüber hinaus wollte Schulz der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) nicht die Rolle der Oppositionsführung im Bundestag zugestehen.

Via Zickzack-Kurs in die Sondierungsgespräche

Diese Position hatte Schulz auch nach den gescheiterten Jamaika-Gesprächen noch einmal wiederholt. Doch seitdem schickte der Vorsitzende seine Partei auf einen politischen Zickzack-Kurs – der jetzt genau dort endet, wo Schulz angeblich nie hinwollte: in Sondierungsgesprächen mit Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer.

Der streitbare Bayer ist bei diesen Verhandlungen ein erheblicher Unsicherheitsfaktor. Nach Wochen des parteiinternen Streits will Seehofer im kommenden September nicht mehr für das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten kandidieren. Den Parteivorsitz allerdings will er behalten. Aus der christsozialen Kulisse ist zu hören, dass Seehofer seine politische Karriere am Kabinettstisch von Angela Merkel beenden will.

Da kann er sich allzu grosse Zugeständnisse an die Sozialdemokraten nicht leisten.

Sonderparteitag müsste Schulz erst grünes Licht geben

Nichts werde ohne die Beteiligung der Basis entschieden, musste Schulz den Parteitagsdelegierten versprechen: «Es gibt keinen Automatismus auf dem Weg in eine Grosse Koalition.» Und so wird es zum Ende der Sondierungsgespräche einen Sonderparteitag geben, auf dem die Basis ihrem Vorsitzenden grünes Licht für den Eintritt in die eigentlichen Koalitionsverhandlungen geben muss.

Und sollten sich die Parteispitzen einigen, werden die Mitglieder der SPD noch einmal ihre Zustimmung geben müssen. Vor Mai 2018 – wird in Berlin deshalb bereits geunkt – wird es eine Regierungsbildung kaum geben können.

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