Tiktok-Chef findet kein Gehör im US-Kongress
«Ihre Plattform sollte verboten werden»

Unterhaltsam, lustig, beliebt – und ein Spionage-Tool der chinesischen Kommunistischen Partei. Das ist Tiktok laut dem US-Kongress. Den Argumenten des Tiktok-Chefs wird nicht zugehört.
Publiziert: 24.03.2023 um 07:34 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2023 um 10:22 Uhr

«Ihre Plattform sollte verboten werden.» Diese Worte von Republikanerin Cathy McMorris Rodgers (53) sind die ersten, die Tiktok-Chef Shou Zi Chew (40) bei seiner Befragung im US-Kongress zu hören bekommt. Bei der rund fünfstündigen Anhörung betonten die Demokraten von US-Präsident Joe Biden (80) und die Republikaner in seltener Eintracht, dass bisherige Schritte zur Abschottung von US-Daten der Kurzvideo-App vom aus China stammenden Mutterkonzern Bytedance ihnen nicht ausreichten. Bereits jetzt wurde die App teilweise verboten, ein vollständiges Verbot soll folgen.

Ein zentrales Thema am Donnerstag waren die Eigentumsverhältnisse. «Tiktok muss ein amerikanisches Unternehmen mit amerikanischen Werten werden und die Verbindungen zur chinesischen Kommunistischen Partei kappen», sagte etwa der demokratische Abgeordnete Darren Soto (45). Auch die Republikanerin Marianette Miller-Meeks (67) betonte, die Technologie anderer Social-Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter werde «in den USA, nach US-Richtlinien, unter US-Gesetzen zum Datenschutz entwickelt».

Shou Zi Chew verwies seinerseits auf Probleme von US-Plattformen beim Datenschutz wie den Facebook-Skandal um Cambridge Analytica. Tiktok betont, man sei keine Tochter eines chinesischen Konzerns, da Bytedance zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren sei und der offizielle Firmensitz auf den Cayman-Inseln in der Karibik liege. Kritiker kontern, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und Bytedance eine grosse Zentrale in Peking habe. Laut Medienberichten fordert die US-Regierung einen Ausstieg chinesischer Anteilseigner.

Fünf Stunden lang wurde der Tiktok-Chef vom US-Kongress verhört.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images
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Überwacht die Kommunistische Partei die USA?

Tiktok zeigte sich enttäuscht über den Verlauf der Anhörung, bei der Shou Zi Chew oft von Abgeordneten unterbrochen wurde und nicht zu deren Vorwürfen Stellung nehmen konnte. Der Tag sei von «politischer Effekthascherei dominiert» worden, sagte eine Sprecherin. Dabei seien «die wirklichen Lösungen» nicht angesprochen worden.

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Der Tiktok-Chef hatte versucht, die Abgeordneten mit einem Plan mit dem Namen «Projekt Texas» zu überzeugen. Dabei sollen Daten von US-Nutzern auf Servern in den USA gespeichert und der Zugang dazu eingeschränkt und kontrolliert werden. Dazu gehört auch, dass jede Aktualisierung der App vom US-Softwarekonzern Oracle geprüft wird, bevor sie an die Nutzer geht.

Der ranghöchste Demokrat im Handelsausschuss, Frank Pallone (71), entgegnete, der Datensilo-Plan sei «einfach nicht akzeptabel». Er glaube, «dass die kommunistische Regierung in Peking alles, was sie tun, kontrollieren und beeinflussen wird», sagte er dem Tiktok-Chef.

China: «US-Regierung hat keine Beweise»

Shou Zi Chew bestritt die Vorwürfe, ging Konfrontationen aber auch oft aus dem Weg, indem er anbot, Informationen später nachzuliefern. Die Frage, wieso die chinesische Regierung ankündigte, einen Zwangsverkauf von Tiktok verhindern zu wollen, wenn Bytedance kein chinesisches Unternehmen sei, beantwortete er nicht.

Als Reaktion auf die Tiktok-Anhörung im US-Kongress wies China Vorwürfe zurück, private Unternehmen zur Herausgabe von Daten aus dem Ausland zu zwingen. Es sei nie von einer Firma oder von Personen verlangt worden, Daten oder Geheimdienstinformationen aus anderen Ländern zu sammeln oder weiterzugeben, sagte eine Sprecherin des Pekinger Aussenministeriums am Freitag. Dies werde sich auch in Zukunft nicht ändern.

«Die US-Regierung hat keine Beweise dafür vorgelegt, dass Tiktok die nationale Sicherheit der USA bedroht», so die Sprecherin weiter. Stattdessen seien «wiederholt Schuldvermutungen geäussert und das Unternehmen in unangemessener Weise unterdrückt» worden. Die USA sollten die Prinzipien der Marktwirtschaft und des Wettbewerbs respektieren.

Starker Algorithmus entscheidender Erfolgsfaktor

In der App kann man von einem kurzen Video zum nächsten scrollen. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg ist der Software-Algorithmus, der Clips für jeden Nutzer individuell auswählt und ständig an ihre Vorlieben anpasst. Dabei wird unter anderem berücksichtigt, ob man ein Video bis zum Schluss angeschaut oder sofort weitergescrollt hat. Am Ende hat die Software eine gute Vorstellung von den Interessen der Nutzer. Eine der Sorgen im Westen ist, dass dieser Datenschatz missbraucht werden könnte.

Bei der Anhörung fragte etwa der Republikaner John Curtis (62), ob mit den Daten ein Algorithmus entwickelt werden könne, «der mich überzeugen könnte, die Meinung zu einem politischen Thema zu ändern». Shou Zi Chew fing mit einer ausweichenden Antwort darauf an, wurde aber unterbrochen. (SDA/chs/nad)

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