Tragische Liebesgeschichte im Ukraine-Krieg – Mann (†34) stirbt zwei Tage nach Hochzeit
«Ich war Braut, Ehefrau, und jetzt Witwe»

Die Eheringe waren aus Alu-Folie, doch für Valeria Subotina (33) war das Liebesglück perfekt. In einem Bunker heiratete die Ukrainerin 2022 ihren Mann Andriy (†34) – woraufhin ein tragischer Schicksalsschlag folgte.
Publiziert: 08.06.2024 um 16:17 Uhr
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Aktualisiert: 08.06.2024 um 19:13 Uhr
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Natalie ZumkellerRedaktorin News

Bereits kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 fiel die Stadt Mariupol – doch zuvor wurde die Metropole im Südosten der Ukraine Schauplatz einer tragischen Liebesgeschichte. Valeria Subotina (33) versteckte sich zusammen mit Zivilisten und Soldaten in einem der über 30 Bunkern unter den Asovstal-Stahlwerken. 

Die Presseoffizierin arbeitete zusammen mit ihrem Team tief unter der Erde mit globalen Medien, um die Welt über den russischen Angriffskrieg zu informieren. Ebenfalls im Bunker: Andriy Subotin (†34), ihr Verlobter. Subotin war Armeeoffizier und verteidigte die Anlage, wie die britische BBC berichtet. 

«Ich war wirklich glücklich»

Das Paar lernte sich bereits drei Jahre zuvor kennen. Für beide war es Liebe auf den ersten Blick: «Er war etwas Besonderes, es war so warm, in seiner Nähe zu sein. Er war immer freundlich und lehnte es nie ab, jemandem zu helfen.» Es dauerte keine drei Monate und Andriy und Valeria zogen in einem kleinen, einstöckigen Haus mit einem Garten zusammen. 

Valeria verlor ihren Mann Andriy nur zwei Tage nach der Hochzeit.
Foto: Facebook / Valeria Subotina
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«Wir haben zusammen geangelt und viel Zeit in der Natur verbracht. Wir waren in Theatern, Konzerten und Ausstellungen. Das Leben war ausgefüllt.» Schon bald war für das Paar klar: Sie wollen heiraten. «Ein paar Jahre lang, vor dem grossen Einmarsch, war ich wirklich glücklich», erinnert sich Valeria. 

Die Eheringe waren bereits ausgesucht, als ihrem Traum von der grossen Hochzeit mit Familien und Freunden am 24. Februar 2022 ein abruptes Ende gesetzt wurde: Putin marschierte in die Ukraine ein. 

Zwischen Leichen gefunden

Bereits in den Tagen vor dem Angriff war die Anspannung zu spüren. Deswegen habe Andriy seiner Verlobten auch vermehrt geraten, Mariupol zu verlassen. Valeria weigerte sich jedes Mal: «Ich wusste, dass ich, egal was passiert, in Mariupol sein musste, ich musste meine Stadt verteidigen.»

Das Leben in den Bunkern sei laut der Ukrainerin schwierig gewesen: Am 15. April warfen russische Truppen eine grosse Bombe über dem Stahlwerk ab. Der Angriff kostete Valeria fast das Leben: «Ich wurde zwischen Leichen gefunden und war die einzige Überlebende. Einerseits ein Wunder, andererseits eine schreckliche Tragödie.» In einem unterirdischen Spital konnte sie sich, trotz weniger medizinischer Hilfsmittel, von der schweren Gehirnerschütterung erholen.

Für ihren besorgten Verlobten war nach dem Vorfall jedoch klar: Er will die Liebe seines Lebens so schnell wie möglich heiraten. 

Eheringe aus Alufolie gebastelt

«Ich hatte das Gefühl, dass er es eilig hatte, dass wir keine Zeit mehr haben würden», erklärt Valeria. «Er bastelte ein paar Eheringe aus Alufolie und fragte mich, ob ich ihn heiraten wolle. Natürlich habe ich Ja gesagt.» Am 5. Mai wurde das Paar in einer Zeremonie im Bunker von einem Kommandanten getraut. Valeria war die improvisierte Zeremonie egal: «Er war die Liebe meines Lebens. Und unsere Ringe aus Alufolie - sie waren perfekt.»

Nur zwei Tage danach, am 7. Mai 2022, fiel Andriy in einem Kampf im Stahlwerk. 

Elf Monate in russischer Gefangenschaft

Valeria erfuhr erst später davon – um vor ihren Kameraden keine Schwäche zu zeigen, konnte sie im ersten Moment nicht so reagieren, wie sie es gewollt hätte. «Ich konnte nur weinen, wenn sie nicht zusahen.» Mit einem «Klumpen Trauer» kämpfte Valeria weiter für ihr Land. «Ich war eine Braut, ich war eine Ehefrau, und jetzt bin ich eine Witwe. Das schrecklichste Wort.»

Am 20. Mai kapitulierte ihre Einheit – Valeria und über 900 weitere wurden als Kriegsgefangene nach Russland verschleppt. Elf Monate lang überlebte sie die Folter und Misshandlungen, bis sie im Rahmen eines Gefangenenaustausches wieder in die Ukraine zurückkehren konnte. 

Laut Valeria befindet sich die Leiche ihres Mannes noch immer im Stahlwerk in ihrer Heimatstadt Mariupol. Den örtlichen Behörden zufolge sind in der nun besetzten Stadt 20'000 Menschen gestorben.

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