Mit VWs Pick-up über Stock und Stein
Alpen-Tour im Amarok

Wir sind mit dem VW Amarok und Dachzelt auf Overland-Tour in den Alpen. Und ob Schotterpiste oder Offroad-Strecke: VWs Arbeitstier bringt so schnell nichts aus der Ruhe.
Publiziert: 22.08.2024 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 22.08.2024 um 16:05 Uhr
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Denis FriedPraktikant Auto & Mobilität

Ein Reissverschluss öffnen, die Riemen lösen, Leiter ausfahren und aufklappen: So einfach soll der Aufbau unseres Dachzelts sein – zumindest laut der Instruktion unseres Reiseleiters. Und siehe da, nach einigen Anlaufschwierigkeiten funktioniert es wirklich so flott und in wenigen Minuten steht unser Nachtlager. Da gibts auf dem Campingplatz schon den einen oder anderen neidischen Blick der Nachbarn, die noch mit Zeltstangen und Heringen hantieren. Aber der Reihe nach.

Kooperation aus Südafrika

Als wir morgens auf dem Hotelparkplatz in Lully FR ankommen, sehen wir bereits aus grosser Entfernung sieben aufgereihte VW Amarok mit Dachzelt. Die Pick-ups warten auf uns, denn wir wollen die aus Südafrika stammenden Arbeitstiere beim Overlanding testen. Und ja, Overland, nicht Offroad, denn wir werden mit dem 2,3 Tonnen schweren Pick-up zwar auch auf nicht befestigten, aber immer noch offiziellen Bergstrassen unterwegs sein. Ist auch besser so. Da wir bei der Anfahrt auch längere Strecken auf der Autobahn zurücklegen, wurden keine Offroad-Reifen aufgezogen. Trotzdem hat der geländegängige Pick-up einiges im Gepäck. Das kommt nicht von irgendwo: Der Amarok wurde in Kooperation mit Fords Ranger entwickelt und stammt auch aus demselben Werk in Südafrika.

Von aussen ist die Ähnlichkeit nicht von der Hand zu weisen. Doch spätestens beim Interieur macht sich VW breit und zieht seine eigene Designlinie durch. Die funktioniert gut und kombiniert Komfort und einen Hauch Luxus mit dem rauen Äusseren. Leistung erbringt der V6-Turbodiesel, der unter der Haube arbeitet, mehr als genug für die geplante Route. Zu den 240 PS (176 kW) und 600 Nm Drehmoment kommt noch eine Getriebeuntersetzung, Differenzialsperre am Heck und natürlich 4x4. Dem Abenteuer steht also nichts mehr im Weg, oder?

Wir durften mit VWs Pick-up Amarok durch die französischen und italienischen Alpen fahren.
Foto: Christof René Schmidt
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Unvorhersehbares Unwetter

Leider doch. Denn bevor wir überhaupt aufbrechen, wurden bereits unzählige Bergstrassen auf unserer geplanten Route entweder verschüttet oder weggeschwemmt. Nach einer kurzen Besprechung der Ausweichrouten machen wir uns aber dennoch auf den Weg von Lully via Genf Richtung Savoyen in die französischen Alpen. Auf der Autobahn heissts wegen des Dachzelts lieber langsamer als schnell. Die vielen Autofahrer, die überholen, nehmen es uns nicht übel – und unser Amarok-Konvoi zieht mehr erstaunte als wütende Blicke auf sich.

Angekommen im französischen Saint-Nicholas-La-Chapelle biegen wir von den Hauptstrassen ab und fahren Richtung Mont Charvin (F). Die gewundenen Strassen sind trotz des zusätzlichen Gewichts auf dem Dach angenehm zu fahren. Lediglich das Fahrzeug vor und hinter uns erinnert an das Zusatzgewicht auf der Fahrerkabine. Einige Kilometer später beginnt endlich das Overlanding, welches uns versprochen wurde. Asphalt weicht Schotterstrasse, auf der viel loses Geröll liegt – und wir schalten zur Sicherheit von Heck auf Allradantrieb um.

Halt, Militär!

Für den Pick-up ist die Strasse ein Leichtes. Nur wir Fahrer kommen ab und zu ins Schwitzen, wenn wir auf den engen Pfaden an tiefen Abgründen vorbeifahren. Unser Reiseleiter beschrieb die Route, die über den Arpettaz-Pass führt, als «Militärstrasse». Wir dachten nicht weiter darüber nach, realisieren aber wenig später, wie wörtlich das gemeint war: Plötzlich stehen wir auf der Schotterstrasse, die kaum breiter als unser Amarok ist, zwei Lastern der französischen Armee gegenüber!

Nach einem Blick auf die offensichtlich schon in die Jahre gekommenen Trucks entscheiden wir uns, den Rückwärtsgang einzulegen. Die Soldaten freuts – und wir haben die perfekte Gelegenheit, die 360-Grad-Kameras auszuprobieren. Sie machen ihren Job exzellent; neben der Rückfahrkamera helfen vor allem auch die Seitenkameras unseren Pick-up sicher rückwärts zu manövrieren und auf dem engen Pfad zu halten.

Dachzelt-Luxus

Über die Sensoren sind wir dann auch später am Abend froh, als wir auf dem Campingareal unsere Stellplätze einnehmen. Steht das Auto schief, wirds auch im Dachzelt ungemütlich. Der Amarok kann praktischerweise die Nick- und Wank-Winkel anzeigen und garantiert so eine ebene Liegefläche. Der Zeltaufbau gestaltet sich wie bereits erwähnt sehr simpel. Doch dieser Komfort hat auch seinen Preis: Unser Zelt kostet rund 1700 Franken. Dazu kommen noch die Kosten für den Dachträger.

Grosser Vorteil ist laut unserem Reiseleiter, dass solche Dachzelte generell auf jedes Fahrzeug installiert werden können, sofern die Dachlast ausreicht. Wir sind mit dem Zelt zufrieden. Da im Boden eine äusserst bequeme Schlafmatte verbaut ist, verbringen wir eine sehr angenehme Nacht auf dem Amarok.

Schnee im Juni

Am nächsten Morgen steht gleich ein Highlight auf dem Programm, die Lacets de Montvernier (F). Auf 3,4 Kilometern Strecke und 17 Haarnadelkurven bewältigen wir einen Höhenunterschied von 780 Metern! Von oben ist die Aussicht auf die Strasse, die 1933 von Hand gebaut wurde, atemberaubend. Anschliessend gehts durch den Fréjus-Tunnel Richtung Monte Jafferau (I). Da die offiziellen Routen auf den Berg jedoch alle unpassierbar sind, nähern wir uns auf einem alternativen Weg: per Offroad-Strecke.

Dazu legen wir bereits zu Beginn den Lastgang ein und aktivieren die Differenzialsperre. Denn die Strecke hats in sich. Der steile Weg führt über viel loses Geröll, kleinere Felsen und Schlamm. Bergbäche, die wir kreuzen, beginnen durch den einsetzenden Regen bereits anzuschwellen. Wenig später folgt die Ernüchterung. Auch diese Strecke ist unpassierbar und wir müssen umkehren. Der Grund sind den Weg blockierende, grosse Schneemassen – und das mitten im Sommer!

«Schade», denken wir, der Gipfel ist bereits in Sichtweite. Doch als dem immer stärker werdenden Regen ein massives Donnergrollen folgt, sind schliesslich auch wir mit der Entscheidung des Reiseleiters einverstanden. Zurück auf dem Campingplatz ist das Unwetter noch nicht angekommen. So stellen wir, mittlerweile geübt, unser Zelt selbständig in Rekordzeit auf. Noch ehe die ersten, schweren Regentropfen fallen.

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