Moderne Autos, marode Strassen
So verrückt fährt Australien

In Australien sind die Wege lang, die Autos dick und die Strassen schlecht. Trotzdem düsen in Down Under fast 80 Prozent mit einem importierten Auto zur Arbeit. Das ist die Autowelt Australien.
Publiziert: 04.03.2023 um 04:28 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2023 um 15:22 Uhr
Kim Hüppin

Kängurus, Küsten und das Outback: Das verbinden wir mit Australien. Unglaublich aber wahr – in dem Land leben doppelt so viele Kängurus wie Menschen. Letztere sind rund 26 Millionen an der Zahl und sie fahren über 20 Millionen eingelöste Autos. Damit liegt Australien weltweit an zehnter Stelle der Auto-pro-Kopf-Dichte.

Diese Tatsache hat der australischen Auto-Industrie nicht geholfen. Bis 2014 subventionierte der Staat die lokale Produktion von Autos. Als die australische Regierung diese Subventionen abschafften, stellten zuerst Toyota, dann Ford und zuletzt auch die australische Marke und General-Motors-Tochter Holden ihre Produktion ein. Per Ende 2020 löste GM die Marke Holden sogar auf. Damit beherbergt der fünfte Kontinent keinen Autohersteller mehr.

Schräge Regeln

Auf dem über 800'000 Kilometer langen australischen Strassennetz empfiehlt es sich, den Kopf bei der Sache zu haben. Denn wer den Autoschlüssel im Auto vergisst, dem winkt eine hohe Busse. Ebenfalls gebüsst wird, wer Heu in seinem Kofferraum transportiert oder den Arm während der Fahrt aus dem Fenster hält. Und Australiens Bussgelder sind verrückt: Wer neun Kilometer pro Stunde zu schnell fährt, muss mit einer saftigen Geldstrafe von bis zu 200 Franken rechnen.

In Australien leben doppelt so viele Kängurus wie Menschen. Die 26 Millionen Einwohner des fünften Kontinents fahren über 20 Millionen eingelöste Autos – verteilt auf dem über 800'000 Kilometer langen Strassennetz.
Foto: Getty Images
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Stromer? Nein danke!

An der Spitze der Verkaufscharts stehen SUVs und Pick-ups. Das meistverkaufte Auto des vergangenen Jahres ist der Toyota HiLux (australische Schreibweise): Mit über 64'000 verkauften Exemplaren ist er zum siebten Mal der beliebteste Pick-up Australiens. Es folgen der Ford Ranger, der Toyota RAV4 und der Mitsubishi Triton. Alles leistungsstarke Geländewagen mit Verbrenner- oder Hybrid-Motor.

Fast 72 Prozent der eingelösten Autos sind Benziner, und über 26 Prozent verfügen über einen Dieselmotor. Elektroautos spielen in Australien mit 2 Prozent praktisch keine Rolle – auch wenn letztes Jahr auf niedrigem Niveau deutlich mehr Stromer verkauft wurden. Entsprechend dünn gesät ist die Ladeinfrastruktur. Mit gerade mal 3600 Ladepunkten hat das sechstgrösste Land der Welt halb so viele Lademöglichkeiten wie die kleine Schweiz. Die meisten stehen in den Metropolen Sydney oder Melbourne. Das soll sich ändern: Die Regierung hat rund 46 Millionen Franken für ein Förderprogramm gesprochen. In einem ersten Schritt sollen für 15,6 Millionen Franken 403 Schnellladestationen gebaut werden.

Instandhaltung statt Innovation

Bevor die Elektro-Revolution Australien überrollt, muss eine Strassen-Renovation stattfinden. Die bekannten Road Trains (dt. Strassenzüge) transportieren 95 Prozent der Strassengüter, sind aber auch tonnenschwer und setzen den Strassen entsprechend zu. Ausserdem zerstören und überfluten regelmässige Naturkatastrophen die Strassen Australiens.

Und während Australien gezielt in eine umweltfreundliche Mobilität investiert, gibt sich der Staat gegenüber seinen maroden Asphaltwegen eher zurückhaltend. Ein Strassenunterhalt, der die Schäden an den über 800'000 Kilometern behebt? Fehlanzeige! Defekte und gesperrte Strassen führen ja vielleicht zu weniger Verkehr und senken so den CO₂-Ausstoss. Immerhin investiert die australische Regierung nun in den Hochwasserschutz, um künftige Schäden an den Strassen zu verhindern. Aber eigentlich fährt Australien mit Autos aus dem 21. Jahrhundert auf Strassen aus den 1950ern.

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