Thurgau- und Lade-Tour im Taycan Cross Turismo
Porsche-Piloten leben in einer Blase

Leben in der Blase: Wir entdecken bei einer Testfahrt im neuen Porsche Taycan Cross Turismo ein Bubble Hotel im Thurgau – und dass der Taycan fast so schnell lädt, wie er beschleunigt.
Publiziert: 03.07.2021 um 19:44 Uhr
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Aktualisiert: 03.07.2021 um 20:06 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Manche Menschen leben ja in ihrer Facebook-Blase. Wir leben heute Nacht in einer realen Blase: Das Outdoor-Hotelzimmer im Bubble Hotel der Kartause Ittingen TG ist wie draussen – nur drinnen. Gäbe es heute welche, wäre der Blick in die Sterne grandios. Aber auch dieses April-Wetter im Juli hat was: Der Regen trommelt sanft, der Mondschein beleuchtet düstere Regenwolken.

Hier wäre man jetzt gerne nochmals jung, aber auch mit 52 Jahren geniesse ich das bequeme Doppelbett. Achtung: Wer nachts mal für kleine Autoredaktoren muss, läuft 100 Meter ins eigene Bad im Nebengebäude. Öffnet man dabei in der Eile beide Reissverschluss-Türen der Bubble-Schleuse zugleich, ist die Luft raus, die den Überdruck hält. Dann fällt einem im Wortsinne das Dach auf den Kopf.

Schnellladen zum Ankommen

Was das hier soll? Wir wollen mal etwas Neues entdecken – und auch Porsches Elektroflunder als neuen Cross Turismo (quasi der Geländekombi des Taycan). Und dabei testen: Was, wenn man ihn mal so fährt, dass man mit Garantie nochmals vor dem Ziel laden muss? Ein Doppeltest mit Überraschungen.

Testfahrt mit Blase: Der Porsche Taycan Cross Turismo an einem der Thurgauer Bubble Hotels (hier Feierlenhof Altnau).
Foto: Porsche Schweiz
1/18

Wir starten im Taycan Cross Turismo statt mit maximaler Batterieladung – im 4S laut WLTP gut für 388 bis 452 Kilometer – mit maximaler Verunsicherung. Beim Start zeigt der Taycan 129 Kilometer Reichweite (31% Akkukapazität) an. Zur Thurgauer Schlafblase sind es über kurvige Landstrassen 118 Kilometer. Also zwischenladen für anderntags. Das Navi ist selbstbewusst und sagt: Nimm die A1-Raststätte Kemptthal ZH zum Laden, dort kommst du mit 9 Prozent an. Und berechnet die Ladezeit im Navi gleich in die finale Ankunftszeit mit ein.

Stau erzeugt Angstschweiss

Über Land geben wir gerne Gas respektive Strom: Das Elektrokatapult schiesst uns bei Bedarf in 4,1 Sekunden auf Tempo 100 mit seinen 571 PS (420 kW) an allen vier Rädern. Irre! Wichtiger: Wie bereits der «normale» Taycan ist der Cross Turismo ein Fahrwerkswunder erster Sahne. Kommod gleiten ja. Aber vor Kurven kaum bremsen, weil die Wuchtbrumme sie packt wie angeklettet.

Dann das: Rushhour-Staus, noch schlimmer als sonst. Wir ändern die Route. Mehr Autobahn, das wird dem Akku nicht gefallen. Wieder Stau. Wir flüchten quer durch die Zürcher City. Kürzere Strecke – aber anfahren, anhalten, anfahren, anhalten. Mist. Wenn das mal gut geht! Die Hände werden feucht.

Viertelstunde für 300 Kilometer

Aber es reicht: Statt 118 sind wir 102 dafür akkustressigere Kilometer gefahren und kommen mit 5 Prozent bzw. 23 Restkilometern an. Uff! Noch nie hat uns eine Ladesäule so glücklich gemacht. In Kemptthal standen einst mit die ersten Ionity-Lader. Das merkt man: Das Ladekabel ist sperrig und eher zu kurz.

Dann lädt es – und wie! Geplant war Kaffee-Stop. Jetzt ist kaum Zeit dafür: Weil die Akkuladung extrem tief und die Akkutemperatur ideal ist (wurde vom Taycan in Ladeerwartung vortemperiert), lädt der Fünftürer mit maximalen 270 kW. Von 5 auf 70 Prozent bzw. von 23 auf 327 Kilometer in nur 16 Minuten!

Auto breit, Kartause malerisch

So macht Laden Laune. Also weiter. Bei der Bubble müssen wir erst mal Fragen beantworten: Der Cross Turismo zieht Passanten an. Kostet? Als 4S ab 135'600 Franken, Basis (476 PS/350 kW) 112'600 Franken. Ohne Optionen. Platz? Im Fond ist der Kombi bequem. Laderaum: 446 bis 1212 Liter. Null Kritik? Wuchtig ist er: 4,97 Meter lang, und 1,97 Meter Breite sind in Autobahn-Baustellen viel. Und wieso verdeckt der Kranz des Lenkrads in tiefer Position genau den Tacho?

Feierabend. Wir beziehen die Bubble mit ihrer speziellen Innenakustik – fast so ungewohnt wie ein Porsche ohne Geröhre. Die malerische Kartause bietet Hotel, Hofladen, Seminarräume, Kunstmuseum Thurgau und ein feines Restaurant. Cool ist es in der Nacht in der Bubble. Zu kalt nicht: Die Blase (eine von vier im Thurgau) ist beheizt. Buchen? Eine Nacht zu zweit kostet je nach Saison 230 bis 330 Franken mit Frühstück. Aufwachen mit Blick auf Rebberge – grandios!

Drei Ängste weniger

Anderntags geht es zurück. Wir fahren mit 292 Kilometer Reichweite los, 84 Kilometer später stehen noch 210 Kilometer im Display. Gerade mal um zwei Kilometer verrechnet – der Taycan kann was. Die Reichweiten-Angst nahm uns der Hyundai Kona Electric im Dauertest, die Sorge um Lade-Warterei nimmt der Taycan. Und die Bubble die Sorge, es gäbe im Thurgau nichts zu entdecken.

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