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Die Geschichte zu 60 Jahre Car of the Year
Klassenbeste und Sitzenbleiber

Seit 60 Jahren wählt die internationale Journalistenjury Car of the Year Europas Auto des Jahres. 2024 heisst der Sieger Renault Scenic E-Tech Electric. Manche Preisträger wurden zu Bestsellern, aber einige ritten ihre Marken in die Krise.
Publiziert: 06.03.2024 um 11:11 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2024 um 11:14 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Die Schweiz hat acht Millionen Fussballtrainer – und mindestens genau so viele Autoexperten. Kaum ein Thema beherrscht Stammtische zu später Stunde derart wie Pferdestärken, Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeiten. Oder nach neuer elektrischer Währung Batteriegrössen, Reichweiten und Ladezeiten. Jede und jeder hat Berührungspunkte mit dem Thema Auto. Und seine Anschaffung ist das zweitgrösste Investment eines Haushalts, das niemand im falschen Modell versenken möchte.

Glaubwürde Kaufempfehlungen wollte der niederländische Autojournalist Fred van der Vlugt (1930–2002) liefern, als er 1963 gemeinsam mit 25 Kollegen aus neun Ländern die europäische Jury Car of the Year gründete. Das beste Modell des Jahres küren, basierend auf Expertenurteilen, finanziell unabhängig und ohne Beeinflussung seitens der Autoindustrie. Orientierung bieten im damals wachsenden Dschungel der Segmente, Karosserieformen und Antriebe. Erster Preisträger wurde 1964 – also vor genau 60 Jahren – der Rover 2000. Wem die Oberklasse-Limousine der 2005 abgewickelten Marke jetzt nicht sofort vor dem geistigen Auge erscheint, muss sich nicht grämen: So dürfte es vielen bei einigen der Siegermodelle aus 60 Jahren Car of the Year gehen.

Nicht jeder Sieger wurde ein Bestseller

Austin 1800 (Titel 1965), Simca 1307 (1976) oder Opel Omega A (1987) – manche Preisträger sind von der Strasse ebenso verschwunden wie aus dem kollektiven Bewusstsein. Nicht jedes Siegermodell wurde zwangsläufig auch zum Kassenschlager und rollte in entsprechenden Stückzahlen vom Fliessband. Zumal Expertenkriterien und Kundengeschmäcker nicht immer zu deckungsgleichen Ergebnissen führen müssen. Der Ro 80 der Audi-Vorläufermarke NSU (1968) läutete optisch und technisch eine komplett neue Ära ein. Trotzdem grüssten sich seine angesäuerten Fahrer mit einem oder mehreren erhobenen Fingern entsprechend der Anzahl der verschlissenen Wankelmotoren. Die waren theoretisch überragend, konnten Alltagsbelastungen aber kaum trotzen. Kaum war Simcas Horizon 1979 gewählt, starb die Marke den Übernahmetod – Neu-Besitzer Peugeot klebte umgehend das Talbot-Logo auf das Kompaktauto. Und auch der zweite Toyota Prius (2005) konnte noch so vernünftig und sparsam sein – sein Design liess dennoch potenzielle Kunden zurückzucken.

Preisübergabe in Genf: Søren Rasmussen (l.), Präsident der Jury Car of the Year, überreicht in Genf Renault-Entwicklungsvorstand Gilles Le Borgne (r.) die Trophäe für das Auto des Jahres 2024.
Foto: Zvg
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Der Pionier: Der Renault 16 holt 1966 den Titel – als erste Schrägheck-Limousine aller Zeiten.
Foto: aleksander perkovic
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Aber was macht ein neues Automodell nun zum Car of Year? Technologische Innovationen, Fahrverhalten, Umweltverträglichkeit und Verbrauch natürlich. Aber neben solchen messbaren Eigenschaften spielen auch das Design, Interieur, Materialien und subjektive Vorlieben der Jurorinnen eine Rolle – also auch Geschmacksnoten. Zudem ist mit dem Zusammenbruch des Ostblocks die Jury inzwischen auf 58 Mitglieder aus 22 Nationen angewachsen – mit je ganz unterschiedlichen Marktbedingungen: Deutschland oder auch die Schweiz machen Dampf beim Ladeinfrastrukturausbau, während in Osteuropa Verbrenner und Hybride aufgrund des dünnen Ladenetzes auch absehbar dominieren werden. Und manchmal spielt gar der Patriotismus eine Rolle, wenn man im eigenen Land erdachte und produzierte Modelle bevorzugt.

Was braucht ein Siegertyp?

Doch weil jede Jurorin – derzeit sind es nur fünf weibliche Mitglieder – einzeln, frei und geheim wählt, relativieren sich subjekte und objektive Kriterien im Gesamtergebnis. Immer wieder für Diskussionen sorgt indes die Bedeutung des Preises. Muss ein Auto des Jahres immer erschwinglich sein? Oder verdienen auch Modelle mit Hightech und überzeugenden Innovationen, die sich im Preis niederschlagen, den Titel? Hochpreisige Modelle setzten sich einige Male durch: Mit der Mercedes S-Klasse holte 1974 eines der damals teuersten Autos den Sieg. Im Jahr 2019 gewann mit dem Jaguar I-Pace ein 80'000-Franken-Stromer den Titel, weil er das Segment der heute so zahlreichen mittelgrossen Stromer begründete. Sogar ein Rolls-Royce schaffte es schon aufs Treppchen – der Silver Shadow wurde 1966 allerdings nur Zweiter.

Dennoch sind die Klein- und Kompaktwagen in der Siegerliste bei weitem in der Mehrheit. Manche Modelle holten gleich zweimal den Titel wie der VW Golf (1992 und 2013), der Toyota Yaris (2000 und 2021) oder der Renault Clio (1991 und 2006). Doch während in vielen Verkaufsstatistiken in Europa deutsche Marken dominieren, sind sie auf der Siegerliste dünn gesät: Opel schaffte immer fünf Siege, aber VW nur deren vier, Audi zwei, Mercedes immerhin einen, während BMW bislang stets leer ausging. Dagegen stellte Peugeot bisher sechsmal das Auto des Jahres, kommt Renault auf insgesamt sieben Siege und schaffte Fiat als Rekordsieger neun Titel. In den Jahren 1996 und 1997 gar aufeinanderfolgend mit dem Punto und den Modellzwillingen Bravo und Brava.

So wählte die Jury 2024

58 Jurorinnen und Juroren aus 22 Ländern wählten das Auto des Jahres 2024 in Europa aus sieben Finalisten. Jeder Juror konnte dabei 25 Punkte auf die zur Wahl stehenden Modelle verteilen. Das Ergebnis in Punkten:

1. Renault Scenic E-Tech Electric – 329
2. BMW 5er – 308
3. Peugeot 3008 – 197
4. Kia EV9 – 190
5. Volvo EX30 – 168
6. BYD Seal – 131
7. Toyota C-HR – 127

COTY

58 Jurorinnen und Juroren aus 22 Ländern wählten das Auto des Jahres 2024 in Europa aus sieben Finalisten. Jeder Juror konnte dabei 25 Punkte auf die zur Wahl stehenden Modelle verteilen. Das Ergebnis in Punkten:

1. Renault Scenic E-Tech Electric – 329
2. BMW 5er – 308
3. Peugeot 3008 – 197
4. Kia EV9 – 190
5. Volvo EX30 – 168
6. BYD Seal – 131
7. Toyota C-HR – 127

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In diesem Jahr kürte die Jury gleich zum Auftakt der Geneva International Motorshow (bis 3. März) das Siegermodell 2024: Mit 329 Punkten setzte sich der Renault Scenic E-Tech Electric gegen BMW 5er (308) und Peugeot 3008 (197) durch. Zum sechsten Mal musste sich BMW damit in der Wahl mit dem zweiten Platz zufriedengeben – ein ewiger Zweiter. Nur Fiat holte einen zweiten Platz mehr.

Die Gründe für die Wahl des Renault Scenic E-Tech Electric? Für ein Elektroauto ist er vergleichsweise leicht und fährt entsprechend leichtfüssig, kommt mit einer kleineren und damit günstigeren Batterie aus und bietet deutlich mehr Platz als der im letzten Jahr lancierte elektrische Megane, mit dem er sich Antrieb und Technik teilt. Ausserdem steigt Renault mit dem Scenic dank 25 Prozent Anteil an Recyclingmaterialien in die Kreislaufwirtschaft ein. Aber wird er wirklich zum Verkaufsschlager? Oder steht er sich in den Schauräumen die Pneus platt? Das wird erst die Zeit zeigen.

Wer wählt 2024 das «Car of the Year»?

Die europäische Jury «Car of the Year» wählt seit 1964 jedes Jahr ihren Favoriten aus den Autoneuheiten des aktuellen Modelljahrgangs. Erster Gewinner war der Rover 2000; im vergangenen Jahr holte der Jeep Avenger den Titel. Die Auszeichnung wird dieses Jahr nun 60 Jahre alt.

Die aktuell stimmberechtigten 58 Juroren kommen entsprechend der Grösse der jeweiligen Automärkte aus 22 Ländern und urteilen unabhängig. Die Schweiz stellt drei Mitglieder. Finanziell getragen und organisiert wird die Wahl von neun europäischen Automagazinen; für die Schweiz gehört die «Automobil Revue» dazu. Die Wahl geniesst keine finanziellen Zuwendungen aus der Automobilindustrie, was ihre Unabhängigkeit sichert.

Zur Wahl stehen jeweils jene neu lancierten Automodelle, die

  • komplett neu oder in den wichtigsten Bestandteilen neu entwickelt wurden,
  • im vorherigen Kalenderjahr bereits für Testfahrten verfügbar waren
  • und bis 31. Dezember des vorherigen Jahres in fünf Ländern Europas bereits am Markt eingeführt waren.

Aus der Longlist mit allen zugelassenen Modellen wählt die Jury sieben Modelle, die an einem Jurytesttag nochmals getestet und verglichen werden. Für die Wahl des «Car of the Year» aus dieser Shortlist verfügt jede Jurorin über 25 Stimmen, die auf mindestens fünf Modelle aufgeteilt werden müssen. Die von der Jury vergebenen Punkte und die Begründungen für ihre Entscheidung werden veröffentlicht.

Eigentlich besteht die Jury aus 60 Mitgliedern aus 23 Ländern. Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hat das Jury-Komitee aber schon 2022 entschieden, die beiden russischen Jurymitglieder von der Teilnahme an der Wahl bis auf weiteres auszuschliessen. Daher stimmen nur 58 Jurorinnen und Juroren aus 22 Ländern in diesem Jahr ab.

Die europäische Jury «Car of the Year» wählt seit 1964 jedes Jahr ihren Favoriten aus den Autoneuheiten des aktuellen Modelljahrgangs. Erster Gewinner war der Rover 2000; im vergangenen Jahr holte der Jeep Avenger den Titel. Die Auszeichnung wird dieses Jahr nun 60 Jahre alt.

Die aktuell stimmberechtigten 58 Juroren kommen entsprechend der Grösse der jeweiligen Automärkte aus 22 Ländern und urteilen unabhängig. Die Schweiz stellt drei Mitglieder. Finanziell getragen und organisiert wird die Wahl von neun europäischen Automagazinen; für die Schweiz gehört die «Automobil Revue» dazu. Die Wahl geniesst keine finanziellen Zuwendungen aus der Automobilindustrie, was ihre Unabhängigkeit sichert.

Zur Wahl stehen jeweils jene neu lancierten Automodelle, die

  • komplett neu oder in den wichtigsten Bestandteilen neu entwickelt wurden,
  • im vorherigen Kalenderjahr bereits für Testfahrten verfügbar waren
  • und bis 31. Dezember des vorherigen Jahres in fünf Ländern Europas bereits am Markt eingeführt waren.

Aus der Longlist mit allen zugelassenen Modellen wählt die Jury sieben Modelle, die an einem Jurytesttag nochmals getestet und verglichen werden. Für die Wahl des «Car of the Year» aus dieser Shortlist verfügt jede Jurorin über 25 Stimmen, die auf mindestens fünf Modelle aufgeteilt werden müssen. Die von der Jury vergebenen Punkte und die Begründungen für ihre Entscheidung werden veröffentlicht.

Eigentlich besteht die Jury aus 60 Mitgliedern aus 23 Ländern. Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hat das Jury-Komitee aber schon 2022 entschieden, die beiden russischen Jurymitglieder von der Teilnahme an der Wahl bis auf weiteres auszuschliessen. Daher stimmen nur 58 Jurorinnen und Juroren aus 22 Ländern in diesem Jahr ab.

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