Alfa Romeo, Lancia, Seat und Simca
Das Schicksal von 4 Fiat-Marken

Wie ergeht es Marken, deren Geschicke ein Auto-Grosskonzern bestimmt? Wir blicken auf vier Marken, bei denen die heutige Stellantis-Tochter Fiat nicht immer vorteilhaft die Finger im Spiel hatte.
Publiziert: 11.05.2023 um 13:25 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Im Mega-Konzern Stellantis rollen seit Anfang 2021 gleich 14 Marken unter einem Dach. Vorteile solcher Zusammenschlüsse: Hohe Entwicklungskosten können auf mehr Modelle mit unterschiedlichen Logos, aber gleicher Technik-Basis verteilt werden. Der gemeinsame Einkauf von Zulieferteilen spart dank besseren Konditionen Geld. Und schliesslich kann jede Marke so zielsicher auf eine Kundengruppe ausgerichtet werden, dass sie sich nicht Gehege kommen und gegenseitig die Marktanteile abspenstig machen. Neben Stellantis beherrscht auch der VW-Konzern mit seinen Marken Audi, Bentley, Cupra, Lamborghini, Seat, Skoda, Porsche, Volkswagen und VW-Nutzfahrzeuge diese Disziplin der trennscharfen Markenführung – allerdings mal mehr, mal weniger.

Aber: Manchmal kann solch eine Fusion auch gleich zum Untergang einer Marke führen. Weil sie nicht in die Konzernstrukturen passt, als unliebsamer Konkurrent anderer Konzernmarken eingestellt wird oder es keine passende Strategie für ihre Entwicklung gibt. Wir blicken am Beispiel der heutigen Stellantis-Tochter Fiat auf vier jender Marken, bei denen es während der Zugehörigkeit zu Fiat nicht immer glatt lief.

Simca – der französische Alfa

Foto: zvg

Von Fiat geboren und, Ironie der Geschichte, vom heutigen Fiat-Partner Peugeot beerdigt: Simca entstand 1934, um in Frankreich Fiats in Lizenz zu bauen und so Einfuhrzölle zu sparen. Schnell wurde Simca erfolgreich – und eigenständiger. Der noch auf Fiat-Basis entwickelte 1301/1501 (Bild) etwa war für französische Verhältnisse eine Sport-Limousine, quasi ein französischer Alfa. 1971 kaufte dann der US-Autobauer Chrysler die Marke Simca und es ging bergab. Am Ende übernahm Peugeot die bereits todkranke Marke, mit Umbenennung dieser zu Talbot. Selbst der bereits fertig entwickelte Arizona half Simca nicht mehr: 1986 war es aus und die zahlreichen Modelle in der Pipeline wurden als Peugeots lanciert.

Seat – der spanische Fiat

Foto: zvg

1950 gegründet unter dem Regime des Diktators Franco, sollte Seat als einheimischer Autobauer Spaniens Industrialisierung mit vorantreiben. Zwei Partner standen zur Wahl: Fiat und ironischerweise schon damals Volkswagen. Der Zuschlag ging an Fiat, auch wegen des Erfolgs von Simca. Ab 1950 baute Seat anfangs nur leicht abgewandelte Fiat-Modelle, wie den Seat 1400 auf Basis des Fiat 1400 – in Spanien sehr erfolgreich, ausser Landes lange wenig bekannt. Dann zerstritten sich die Partner. 1984 kam mit dem Seat Ibiza (im Bild) der erste «eigene» Seat heraus. Nach jahrelanger Kooperationen mit VW ging Seat dann 1986 komplett an VW. Seither ist die Marke auch ausserhalb Spaniens ein Jemand.

Lancia - die verpatzte Chance

Als «Marke der Ingenieure» war Lancia ab 1906 fortschrittlich, doch ab den 1960er-Jahren harzte es finanziell – ein Partner musste her. BMW wollte, aber Fiat bekam 1969 den Zuschlag. Erst blühte Lancia, feierte Erfolge im Sport, baute Legenden wie den Delta Integrale (im Bild) – aber als sich Fiat zusätzlich um Alfa Romeo kümmern musste, war es aus mit den Erfolgen. Lancia musste den Motorsport aufgeben und wurde totgespart, am Ende gabs Zumutungen wie den Chrysler 200 mit Lancia-Label unter dem damit verdorbenen Traditionsnamen Flavia. 2017 zog sich diese einst so stolze Edelmarke auf ihren Heimmarkt Italien zurück. Mit der Fusion von PSA und FCA zu Stellantis im Jahr 2021 gab der Konzern-CEO Carlos Tavares bekannt, dass Lancia einen Neustart verdient und für mindestens zehn Jahre in die Marke investiert wird. Ab 2024 wirds ernst mit einem neuen elektrischen Ypsilon.

Alfa Romeo – die genutzte Chance

Gegründet 1910, feierte Alfa enorme Auto-Höhen – und irre Finanz-Tiefen. Als Staatsbetrieb musste sich Alfa Romeo immer wieder politischen Forderungen beugen. Der Tropfen, der das Verlustfass zum Überlaufen brachte, war der 1971 vorgestellte Alfasud: Damit war diese tolle Marke endgültig für eine Übernahme reifgeschossen. 1986 übernahm Fiat und hielt die Marke mit Autos wie dem Alfa 156 (im Bild) manchmal recht – meist aber eher schlecht am Leben. Als der letzte Alfa-Kunde schon verloren schien und niemand mehr daran glaubte, gelang Fiat im Stellantis-Konzern aber in den letzten Jahren tatsächlich die erfolgreiche Wiederbelebung: Seit dem modernisierten Logo 2015 und dem darauffolgenden Modell Giulia glänzt Alfa Romeo wieder – zum Beispiel mit dem Stelvio und dem letztes Jahr lancierten kleineren Tonale.

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