Direktor Sandro Mesquita zum Aus des Genfer Autosalon
«Aus meiner Sicht haben wir alles versucht»

Aus für die Geneva International Motorshow GIMS! Die Ausgabe 2024 der einst wichtigsten Automesse der Welt war die letzte. Salondirektor Sandro Mesquita nennt die Gründe für den Entscheid.
Publiziert: 31.05.2024 um 17:44 Uhr
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Aktualisiert: 01.06.2024 um 18:58 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Am Vorabend hatte der dahinterstehende Stiftungsrat entschieden, am letzten Maitag wurde es öffentlich: Der Genfer Autosalon – oder vielmehr die Geneva International Motorshow (GIMS), wie sie inzwischen heisst – ist am Ende. Nach nur einer Ausgabe in den vergangenen fünf Jahren zieht die GIMS-Stiftung damit den Schlussstrich unter eine 119-jährige Geschichte als internationale Automesse.

Dabei galt die Neuheitenschau im Genfer Palexpo in der Automobilbranche jahrzehntelang als wichtigste und spannendste Veranstaltung des Autojahres. Doch 2020 musste die Messe wegen der heraufziehenden Corona-Pandemie im buchstäblich letzten Moment abgesagt werden. Erst in diesem Jahr war eine Durchführung wieder möglich – allerdings in massiv verkleinertem Rahmen.

Doch der Neustart gelang nicht: Das schwierige Umfeld der Autobranche und die hohen Investitionen in die Weiterentwicklung der Messe machen eine Weiterführung der Arbeit der Stiftung unmöglich, sagt Stiftungspräsident Alexandre de Senarclens (49). Die Einstellung der GIMS sei ein «verantwortungsvoller Entscheid».

Schluss, aus, Ende: Der Genfer Automobilsalon, heute als Geneva International Motorshow bezeichnet, ist am Ende.
Foto: Lorenzo Fulvi
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Aber was gab nun den Ausschlag, nachdem bereits ein Termin für die GIMS 2025 kommuniziert worden war? GIMS-Salondirektor Sandro Mesquita (49) beantwortet die wichtigsten Fragen:

Blick: Schon vor der Corona-Pandemie nahmen immer weniger Marken an der Geneva International Motorshow (GIMS) teil. Warum stiess die Messe nicht auf mehr Interesse seitens der Branche?
Sandro Mesquita: Ich persönlich glaube noch immer an eine Zukunft der Automessen. Das Interesse ist ungebrochen: In diesem Jahr hatte selbst eine verkleinerte GIMS noch fast 170'000 Besucherinnen und Besucher. Die letzten Messen in Paris (2022) und München (IAA, 2023) hatten ebenfalls sehr gute Zuschauerzahlen. Die Autobranche wandelt sich derzeit fundamental. Dieser Wandel interessiert die Menschen, sie wollen ihn verstehen. Ihr Informationsbedarf ist hoch.

Warum sehen die Hersteller das nicht genauso?
Es ist seltsam: Jene Marken, die das Risiko eingegangen sind und in diesem Jahr teilgenommen haben – unter anderen BYD, Dacia, Lucid, MG und Renault – waren sehr zufrieden mit den Besucherzahlen und der Medienresonanz. Aber am Ende entscheidet der Markt: Wir haben diese Schau für die Autobranche organisiert. Aber die Masse der Hersteller sehen derzeit Messen nicht als die richtige Plattform an. Dagegen können wir nicht angehen.

Persönlich: Sandro Mesquita

In vier Jahren Amtszeit war ihm nur ein Salon vergönnt: Der 1975 geborene Sandro Mesquita war mehr als 15 Jahre in den Branchen Telekommunikation und Energie tätig. Seit 2020 leitete er als Salondirektor die Geneva International Motorshow, konnte sie aber nur in diesem Jahr auch wirklich durchführen.

In vier Jahren Amtszeit war ihm nur ein Salon vergönnt: Der 1975 geborene Sandro Mesquita war mehr als 15 Jahre in den Branchen Telekommunikation und Energie tätig. Seit 2020 leitete er als Salondirektor die Geneva International Motorshow, konnte sie aber nur in diesem Jahr auch wirklich durchführen.

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Wie ist die finanzielle Situation der GIMS: Haben Sie in diesem Jahr schwarze Zahlen geschrieben?
Die GIMS 2024 war ein Investment. Wir wollten das neue Format etablieren, Hersteller überzeugen und dann im kommenden Jahr die Ausstellerzahl verdoppeln. Aber wir können nicht immer weiter nur investieren. Es war uns klar: Wenn wir für 2025 keine Verdoppelung schaffen, werden wir nicht weitermachen. Das Jahr 2024 war gut, aber die Transformation in einen grösseren Massstab für 2025 hat nicht funktioniert.

Hersteller und Importeure haben immer wieder die hohen Teilnahmegebühren kritisiert. War auch das ein Grund fürs Wegbleiben?
Vom allerersten Tag als Salondirektor habe ich das immer wieder gehört und auf eine Reduzierung der Kosten hingearbeitet. Das grösste Investment an einer Messe sind die Stände: Wir wollten künftig Kosten mit sogenannten Plug-and-Play-Ständen reduzieren – ein einheitlicher Messebau für jeden Aussteller. Die Marken hätten die Stände nur füllen müssen. Das drückte die Kosten zuletzt auf 110 Franken pro Quadratmeter. Damit liegen wir vergleichsweise tief.

Im Rückblick: Hätten Sie noch mehr ändern müssen?
Aus meiner Sicht haben wir alles versucht. Jene Marken, die an der GIMS 2024 teilgenommen haben, haben ihr Investment mehr als zurückerhalten durch die Resonanz auf die Messe. Und sie haben vor Ort Autos verkauft.

Im letzten Jahr fand zum ersten Mal die GIMS Katar statt. Wie geht es mit Ihrer Partnermesse weiter?
Unser Partner Katar Tourismus will weitermachen; die nächste Ausgabe findet voraussichtlich im November 2025 statt. Leider nicht mehr in Zusammenarbeit mit der GIMS-Stiftung. Aber möglicherweise werden Mitglieder unseres Teams dort mitarbeiten.

Was passiert nun mit der Stiftung?
Die Stiftung kann ihr Stiftungsziel, die Durchführung der GIMS, nicht mehr erfüllen. Wir haben die kantonale Stiftungsaufsicht in Genf darüber unterrichtet und sie wird in den kommenden Wochen und Monaten über die Zukunft der Stiftung entscheiden.

Wie geht es Ihnen jetzt persönlich?
Ich bin traurig, auch für das Team. Wir haben zwei Messen in Genf und Qatar erfolgreich organisiert. Wir liebten die Messe, die Institution GIMS – die Arbeit war für uns alle nicht bloss ein Job. Aber bei allem Engagement: Wir konnten nicht gegen den Markt arbeiten.

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