Erste Fahrt im Toyota Mirai
Wasser für die Massen

Die erste Generation von Toyotas Wasserstoffauto Mirai schreckte viele Interessenten schon wegen des skurrilen Designs ab. Nicht so Mirai Nummer zwei: Er sieht chic aus und wird endlich bezahlbar. Kann das für den Durchbruch reichen? Der BLICK-Check!
Publiziert: 27.02.2021 um 01:25 Uhr
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Aktualisiert: 26.03.2021 um 09:10 Uhr
Andreas Engel

Über Geschmack lässt sich streiten. Nur nicht bei Toyotas Wasserstoffauto Mirai: Sah die erste Generation noch aus wie aus einem japanischen Manga-Comic, macht Mirai Nummer zwei mächtig Eindruck. Diese Zukunft auf vier Rädern (Mirai ist japanisch für Zukunft) streckt sich neu auf stolze 4,98 Meter Länge (+9 cm), wird breiter und flacher und bekommt gar ganze 14 Zentimeter mehr Radstand.

Klingt nach Oberklasse – und sieht im Cockpit auch so aus! Schöne Materialien, bequeme Ledersessel, rundum digital, topmodern und richtig gut zu bedienen. Wechseln wir nach hinten, staunen wir ebenfalls: Trotz üppiger Dimensionen wird es dort bei Körpergrössen ab 1,75 Meter insbesondere um den Kopf sehr eng. Der zusätzliche dritte Platz, den die Limousine neu bietet, ist eher als Notlösung zu gebrauchen. Und auch im Kofferraum ist der Platz aufgrund der komplexen Technik ziemlich eingeschränkt und kaum grösser als in einem Kleinwagen.

Mehr Power, mehr Reichweite

Kein Wunder, steckt doch Hightech unter dem wohlgeformten Blech: Zum einen die Brennstoffzelle, die getankten Wasserstoff (H2) in Strom für den Elektromotor verwandelt. Weiter drei statt vorher zwei H2-Tanks, die neu 5,6 Kilo (bisher 4,6 kg) Wasserstoff speichern. Und ein Lithium-Ionen-Akku zur Zwischenspeicherung der erzeugten Energie. Auf dem Papier ist der Neue dem Alten in allen Belangen überlegen: Die Brennstoffzelle generiert nun 134 statt 113 kW (182 statt 154 PS), und 5,6 Kilo H2 reichen für bis zu 650 Kilometer Fahrt (vorher 500 km).

Der neue Toyota Mirai sieht klasse aus! Kein Vergleich also ...
Foto: zVg
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Toyota Mirai

Antrieb: Elektromotor, 134 kW/182 PS über Brennstoffzelle (128 kW/174 PS), 300 Nm@1/min, 1-Gang-Automat, Hinterradantrieb
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 9,0 s, Spitze 180 km/h (abgeregelt)
Masse: Länge/Breite/Höhe 4,98/1,86/1,48 m, Gewicht 1900 kg, Kofferraum ca. 400 Liter
Umwelt: Verbrauch Werk 0,85 kg/100 km (entspricht Energiegehalt von ca. 3,4 l/100 km Benzin), Reichweite 650 km, 0 g CO2/km, Energie A
Preis: ab 59'900 Franken

Antrieb: Elektromotor, 134 kW/182 PS über Brennstoffzelle (128 kW/174 PS), 300 Nm@1/min, 1-Gang-Automat, Hinterradantrieb
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 9,0 s, Spitze 180 km/h (abgeregelt)
Masse: Länge/Breite/Höhe 4,98/1,86/1,48 m, Gewicht 1900 kg, Kofferraum ca. 400 Liter
Umwelt: Verbrauch Werk 0,85 kg/100 km (entspricht Energiegehalt von ca. 3,4 l/100 km Benzin), Reichweite 650 km, 0 g CO2/km, Energie A
Preis: ab 59'900 Franken

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Auf zur Probefahrt! Vom Schweizer Toyota-Hauptsitz in Safenwil AG gehts los Richtung Autobahn. Dort staunen wir, wie ruhig der Mirai dahin rollt. Vom Heulen und Rauschen wie im Vorgänger ist fast nichts geblieben, und so geniessen wir die Ruhe und gediegenes Gleiten: Genau so stellt man sich eine grosse Limousine vor. Die Elektropower (300 Nm) reicht längstens, um zügig zu überholen. Doch eine Sportrakete wird der Mirai dabei nicht: Für den Sprint auf Tempo 100 vergehen rund neun Sekunden, die Spitze würde bei 180 km/h abgeregelt.

Sauber gleiten statt dreckig rasen

Auf kurvigen Landstrassen spürt man die Dimensionen und 1,9 Tonnen, die diese Limousine in Kurven und bei Zwischensprints doch eher behäbig wirken lassen. Doch Käufer eines Mirai geniessen wohl sowieso eher das erhabene Gefühl, per Wasserstoff und daraus Strom emissionsfrei dahinzugleiten und dabei sogar die Atmosphäre zu reinigen. Denn die angesaugte Luft für die Brennstoffzelle wird derart fein gefiltert, dass sie das System sauberer als zuvor wieder verlässt.

Nach der Testfahrt über rund 100 Kilometer bei kühlen Temperaturen wollen wir wissen, wie viel Wasserstoff der Mirai verbraucht. Laut Bordcomputer waren es 1,1 kg/100 km, was rund 510 Kilometer Reichweite bedeutet. Im Langzeit-Speicher zeigt der Mirai 0,94 kg/100 km an, was über 600 Kilometern und damit fast Werksangabe (0,85 kg) entspricht. Bei einem Preis von circa 10 Franken pro Kilo H2 wäre das einem Benzinverbrauch von etwa sieben Litern gleichzusetzen.

Preis um ein Drittel tiefer

Das grösste Problem ist die Infrastruktur: Bisher stehen in der Schweiz sechs öffentliche H2-Tankstellen verteilt von Genfer- bis Bodensee – im Wallis, Tessin und in Graubünden etwa fehlen noch Säulen. In Deutschland als weiterem H2-Treiber sind rund 90 Tankstellen in Betrieb. Da hilft es noch wenig, wenn immer wieder der grösste Vorteil von H2- gegenüber E-Autos – das Befüllen innerhalb nur weniger Minuten – herausgestrichen wird.

Fortschritte gibts hingegen beim Preis: 59'900 statt vorher fast 89'900 Franken kostet der Mirai in der Grundausstattung, ein Drittel weniger. Für das Gebotene ein toller Deal. Ob's nun endlich für den Durchbruch dieser Technik reicht?

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