SVP-Rösti kritisiert Verbrenner-Aus 2035
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«Verbote sind der falsche Weg»:SVP-Rösti kritisiert Verbrenner-Aus 2035

EU-Parlament stimmt für Aus
Verbrenner-Verbot ab 2035 ist beschlossen!

Das EU-Parlament hat heute das Verbrenner-Aus für 2035 beschlossen. Noch gibt es zwar Hürden für den Beschluss – aber die Signalwirkung ist überragend und sehr deutlich.
Publiziert: 08.06.2022 um 11:21 Uhr
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Aktualisiert: 10.06.2022 um 11:57 Uhr
Andreas Faust

Am Mittwoch hat das EU-Parlament das Verbot für alle Neuwagen mit einem Verbrennungsmotor für 2035 beschlossen! Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte in Strassburg (F) dafür, dass Hersteller ab Mitte des nächsten Jahrzehnts nur noch Fahrzeuge auf den Markt bringen dürfen, die keine Treibhausgase ausstossen. Bevor eine solche Regelung in Kraft treten kann, muss das Parlament jedoch noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln.

Zwar waren heute andere Teile des Paketes «Fit for 55» zur Neuverhandlung zurück verwiesen worden, darunter eine Neuregelung des Emissionshandels. Aber das Verbrenner-Verbot ist nun auf den Weg gebracht: Ab 2035 sind nur noch emissionsfreie Neuwagen erlaubt. Das ist das Aus für Benziner und Diesel und gleichzeitig des Verbrennungsmotors als Antriebstechnik. Auch mit Naturgas oder Wasserstoff betriebene Motoren wären damit in Zukunft nicht mehr erlaubt.

Bestandsfahrzeuge dürfen laut Parlaments-Beschluss weiter betrieben werden, aber deren Aus dürfte bis 2050 folgen. Ab diesem Zeitpunkt will die gesamte EU klimaneutral ohne Treibhausgase unterwegs sein. Das Verbrennerverbot für Neuwagen hat auch Auswirkungen auf die Schweiz, obwohl die ja kein EU-Mitglied ist. Denn auch unsere Neuwagen müssen den EU-Typgenehmigungen entsprechen und damit auch die europäischen Abgasvorgaben erfüllen.

Jetzt ist es beschlossene Sache: Im Rahmen des Pakets «Fit for 55» erlauben die Kommission der Europäischen Union und deren Präsidentin Ursula von der Leyen (63) ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen.
Foto: Getty Images
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Noch nicht ganz definitiv

Zwar lobbyierte die Autoindustrie laut einigen EU-Parlamentariern wie dem Franzosen Pascal Canfin, dem Vorsitzenden des Umweltausschusses des EU-Parlaments, massiv. Aber der Ausschuss hatte bereits vor Wochen dem Verbrenner-Verbot zugestimmt. Das EU-Parlament steht gesamteuropäischen Regelungen und EU-weiten Vorgaben meistens positiv gegenüber. Denn mit jeder neuen EU-Regel kann es den Bedeutungsrückstand gegenüber den nationalen Parlamenten ein Stück verkürzen.

Aber: Nur mit dem Segen des Parlaments tritt das Verbrenner-Verbot noch nicht definitiv in Kraft. Auch die Mitgliedstaaten müssen im Ministerrat der Fachminister oder im Rat der Europäischen Union noch zustimmen. Auseinandersetzungen und Bremsklötze dürften also folgen. Denn im Rat geht es auch – und manchmal vor allem – um nationalstaatliche Interessen wie die Industriepolitik und die Abhängigkeit der Wirtschaft vom Faktor Autoindustrie.

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Nation geht oft vor EU

Mitgliedsländer wie Deutschland oder Frankreich hatten sich zum Beispiel bei Neuregelungen von EU-Abgasgrenzwerten immer wieder als Bremser erwiesen. Deutschland, weil die Autoindustrie traditionell einen massiven Anteil am Bruttosozialprodukt hat und die Autokonzerne immer wieder den Verlust von Arbeitsplätzen angedroht haben. Frankreich, weil der französische Staat sogar Anteilseigner beim Autobauer Renault ist und französische Gewerkschaften jeden Arbeitsplatz im Land auf das Heftigste verteidigen – und dabei massiv Druck auf die Regierung aufbauen. Aber auch die Slowakei als Produktionsstandort zum Beispiel für Kia, VW, Stellantis oder Jaguar Land Rover, Spanien (Seat) oder Italien (Ex-Fiat-Konzern) könnten sich gegen das Verbrenner-Verbot stemmen.

Offiziell wendet sich die deutsche Autoindustrie nicht gegen die Klimaziele der EU. Aber: «Die ambitioniertesten Klimaziele der Welt müssen durch die Schaffung der weltweit besten Standortbedingungen flankiert werden», so Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der deutschen Automobilindustrie VDA. Sprich: Die Industrie fordert europaweite Investitionen in Ladeinfrastruktur, Unterstützung bei der Umstellung bisheriger Werke auf Elektroautos – und einen Verzicht auf das Verbrennerverbot: «Verbote helfen nicht weiter, sie fördern weder Innovationen noch Akzeptanz», so Müller.

Autobauer oft ambitionierter

Hintergrund ist die aktuelle Forschung an synthetischen Treibstoffen, die in herkömmlichen Motoren CO₂-neutral genutzt werden können, oder an der direkten Verbrennung von Wasserstoff in umgerüsteten Verbrennungsmotoren. Beides und mögliche zukünftige Technologien wären mit einem Verbrennerverbot ebenfalls nicht mehr erlaubt.

Dennoch überrascht der Widerstand von Verbandsseite: Denn längst haben beinahe alle Autobauer – auch deutsche – und auch viele Nationalstaaten Pläne zur kompletten Umstellung auf rein elektrische Modellprogramme erarbeitet. Viele sind gar deutlich ambitionierter als die EU-Ziele. Gleichzeitig würde der Verbrennungsmotor mit dem Verbot nur aus Europa verdrängt. In Märkten wie Südamerika, Afrika oder Südostasien dürfte er deutlich länger als bei uns noch automobiler Standard bleiben. Aber: Die Signalwirkung des heutigen EU-Parlaments-Entscheides ist enorm, ganz unabhängig vom weiteren Verlauf.

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