Hat das lange Warten bald ein Ende?
Jetzt kommen die Hyper-Ladesäulen

Elektroautos nehmen bei der Ladetechnik allmählich Fahrt auf. Doch nicht nur die Autobauer machen für schnellere Ladevorgänge Tempo, sondern auch die Anbieter der Säulen. Langes Warten könnte dank Hyperchargern bald schon der Vergangenheit angehören.
Publiziert: 23.02.2024 um 16:06 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2024 um 16:54 Uhr
Stefan Grundhoff und Denis Fried

Lange Ladezeiten schrecken immer noch viele Kunden vom Kauf eines Elektroautos ab. Stromer, die rasant mit mehr als 250 Kilowatt (kW) nachtanken können, sind nach wie vor die Ausnahme. Einige hochpreisige Modelle wie Audi E-Tron GT, Porsche Taycan oder Lotus Eletre füllen ihre Akkus bereits mit 270 kW und mehr – vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen. Neben den aktuellen Tesla-Modellen glänzen in den Ladeparks auch Fahrzeuge von Kia, Hyundai und Genesis (auch interessant: Diese 10 E-Autos laden am schnellsten).

Allmählich kommen aber immer mehr E-Autos in den Genuss der leistungsstarken 800-Volt-Ladetechnik. So bringt Mercedes Ende Jahr die nächste Stromer-Generation auf den Markt, die auf ebendieser Technik aufbaut. Andere neue Fahrzeuge wie Audi Q6 oder Porsche Macan haben durch die Symbiose aus neuer Batterie- und Ladetechnik ebenfalls nochmals deutlich bei der Ladegeschwindigkeit zugelegt. Und erste Stromer wie der amerikanische Lucid Air haben schon auf 900 Volt erhöht.

Hochleistungsnetz wächst

Was all die Neuheiten gemeinsam haben: Als Fahrer will man mit ihnen nicht an «normalen» Schnellladesäulen stoppen, wenns wirklich schnell gehen muss: Das Zauberwort heisst High-Power Charging, kurz HPC. Als Hypercharger werden jene Säulen bezeichnet, an denen mit mehr als 150 kW Strom gezapft werden kann, während Schnelllader für jene Fahrzeuge genügen, die mit 50 bis 150 kW nachtanken können. 

Lange Ladezeiten schrecken immer noch viele Kunden vom Kauf eines Elektroautos ab. Stromer, die rasant mit mehr als 250 Kilowatt (kW) nachtanken können, sind nach wie vor die Ausnahme.
Foto: Zvg
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Viele der bisherigen HPC-Ladesäulen bieten ein maximales Ladetempo von 300 kW an. Die kommende Säulengeneration legt hier deutlich nach. Der holländische Anbieter Fastned hat bereits vor mehr als einem Jahr erste Hypercharger mit 400 kW eröffnet. Kurz vor Weihnachten eröffnete Fastned an der deutschen Autobahn A4 zwischen Aachen und Köln vier weitere solcher Ladepunkte. Da es jedoch bisher kein Fahrzeug gab, das mit diesem Tempo laden kann, wurde die neue Technik dazu verwendet, parallel zwei Fahrzeuge mit jeweils 200 kW aufzuladen. Selbst die vermeintlichen 150- bis 300-kW-Lader sind oftmals eine Mogelpackung: Sind zwei Autos angeschlossen, werden aus den flotten 300 kW nur noch zweimal mässige 150 kW.

Ladezeit sinkt, Leistung steigt

In Zukunft dürften die Hypercharger aber immer öfter die tatsächlich maximal mögliche Leistung abrufen können, wenn die Auswahl an neuen Schnellstromern steigt. Und bei diesen sinkt die Wartezeit an der Ladesäule massiv: Der soeben überarbeitete Porsche Taycan etwa lädt seine Batterie über kurze Zeit neu mit bis zu 320 kW. Der Sportwagenbauer verspricht, dass der Akku damit bestenfalls in 18 Minuten von 10 auf 80 Prozent gefüllt ist. Das ist noch schneller als beim Vorgänger, obwohl die Batterie bei der Kapazität nochmals von 93 auf 105 Kilowattstunden (kWh) zugelegt hat. Der neue Taycan schafft damit eine Reichweite von bis zu 678 Kilometern.

Auch der europäische Marktführer Ionity setzt bei seinen neuen Superchargern auf eine Geschwindigkeit von bis zu 350 kW. Ähnliche Säulen will auch Mercedes in seinem eigenen Ladenetz installieren. Je nach Standort sollen die sogenannten «Mercedes-Benz Charging Hubs» vier bis zwölf Highpower-Charger mit bis zu 350 kW Ladeleistung bieten. Dank eines intelligenten Lademanagements soll jedes angesteckte Fahrzeug die maximale Ladegeschwindigkeit abrufen können. Doch es geht nicht allein um das Tempo an sich, denn auch das Handling der Säulen vor Ort ist bislang nicht immer kundenfreundlich – mit ein paar hellen LED-Strahlern im dunklen Gewerbegebiet ist es längst nicht mehr getan.

Einstecken und Laden

E-Autofahrer wollen gerade auch abends und nachts Sicherheit, eine Überdachung gegen Regen und Schnee sowie bestenfalls die Anbindung an eine lokale Infrastruktur. Und eine möglichst einfache Bedienung: Bei Ionity etwa kann die Ladekarte oder das Smartphone zukünftig in der Tasche bleiben, um den Ladevorgang zu starten. Jene Fahrzeuge mit dieser sogenannten «Plug&Charge»-Technik müssen dann nur noch angesteckt werden. Der Ladevorgang beginnt – wie bei Tesla schon seit Jahren – eigenständig ohne Zutun des Fahrers. 

E-Autobauer Nio geht bei seinen Ladesäulen sogar noch einen Schritt weiter, denn die Chinesen wollen es nicht bei der patentierten Wechselakku-Technik an Swap-Stations belassen. Ende 2023 wurde neben dem neuen Topmodell Nio ET9 auch ein flüssigkeitsgekühlter Powercharger vorgestellt, der bis zu 640 Kilowatt Leistung hat. Diese Hypercharger wagen sich somit deutlich weiter als die Konkurrenz und sind sowohl für den chinesischen als auch den europäischen Markt gedacht. Lange Wartezeiten dürften spätestens damit der Vergangenheit angehören. 

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