Mini-Oldtimer mit E-Motor
Der legendäre Bentley Blower kommt zurück

Der Bentley-Blower-Rennwagen aus der Vorkriegszeit ist eine Legende des Motorsports. Jetzt wird der Bolide neu aufgelegt – elektrisch und als rollendes Miniaturmodell für den grossen Auftritt in der Stadt.
Publiziert: 10.09.2024 um 11:17 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2024 um 16:00 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Bentley bringt den legendären Blower als Elektroauto zurück
  • Der Blower Junior ist strassenzugelassen und ideal für die Stadt
  • Immerhin 72 km/h schnell, kostet mindestens 90'000 britische Pfund
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Stefan Grundhoff

Sie galten als Monster der Rennstrecke. Zwischen 1929 und 1931 baute die britische Traditionsmarke Bentley 55 Exemplare des legendären Blower. Deren 4,5-Motor mit Kompressoraufladung leistete damals üppige 175 PS und sollte den Blower vor allem bei den 24 Stunden von Le Mans brillieren lassen – so der Traum von Woolf Barnato (1895–1948), Sohn eines Minenbesitzers, Mehrheitseigner von Bentley und Mitglied der Bentley Boys.

Diese Rennfahrertruppe holte tatsächlich Siege in Le Mans – bloss nicht mit dem Blower, der unglaubliche 102 Liter Sprit auf 100 Kilometer soff und oft defekt auf der Strecke blieb. Unter anderem die Blower trieben Bentley derart in den Ruin, dass Konkurrent Rolls-Royce 1931 die Marke übernehmen konnte. Fertig Blower.

Doch es blieb der legendäre Ruf der infernalisch lauten und schnellen Blower. Deshalb baute Bentley ab 2020 ein Dutzend Blower neu nach alten Spezifikationen. Wer die verpasst hat, hat jetzt eine zweite Chance: Zusammen mit den Hedley Studios, besser bekannt als die ehemalige Little Car Company, bietet Bentley wieder neue Blower an: In einer Auflage von 349 Stück wird der Bolide neu aufgelegt – jedoch im leicht verkleinerten Massstab von 85:100. Der Blower Junior verfügt zudem nicht über den 4,5 Liter grossen Kompressormotor des Ursprungsmodells aus dem Jahr 1929, sondern einen 20 PS (15kW) starken Elektromotor. 

Die Hedley Studios haben zusammen mit Bentley eine Neuauflage des Blowers lanciert. Erstmals für ein Modell der früheren Little Car Company ist der Bentley sogar strassenzugelassen.
Foto: zVg
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Nostalgische Farbgebung

Der Konfigurator der Hedley Studios umfasst sechs spezielle Pakete, die jeweils eine Hommage an die bewegte Geschichte von Bentley darstellen. Neben den 99 First-Edition-Modellen kann jedes der insgesamt 250 geplanten Exemplare frei konfiguriert werden. Zum Beispiel in historischem Blau – eine Anspielung an Woolf Barnatos berühmtes Rennen gegen den Blue Train, bei dem er den Schnellzug um vier Stunden schlug, obwohl er unterwegs stundenlang lunchte.

Wer waren die Bentley Boys?

Jung, reich und schnell – die Bentley Boys waren eine Truppe wohlhabender Engländer, die es sich im London der 1920er-Jahre vor allem gut gehen liessen. Unter ihnen waren ein Journalist, ein britischer Rekord-Leichtathlet, Ingenieure, Piloten, sie hatten ihre Finger in der Perlenfischerei oder in Gold- und Diamantenminen. Und sie pilotierten als Werksfahrer-Team von Bentley die Boliden der Marke über europäische Rennstrecken – immer auf der letzten Rille unterwegs und mit unbändigem Siegeswillen. Von 1927 bis 1930 dominierten sie die 24 Stunden von Le Mans – 1929 sogar mit vier Autos auf den ersten Plätzen. Vorbei war die Herrlichkeit, als Rolls-Royce Bentley übernahm. Denn die Luxusmarke hatte mit Rennsport nichts am Hut.

Siegreiche Bentley Boys: Woolf Barnato (l.) und Henry Tim Birkin nach dem Le-Mans-Sieg 1929.

Jung, reich und schnell – die Bentley Boys waren eine Truppe wohlhabender Engländer, die es sich im London der 1920er-Jahre vor allem gut gehen liessen. Unter ihnen waren ein Journalist, ein britischer Rekord-Leichtathlet, Ingenieure, Piloten, sie hatten ihre Finger in der Perlenfischerei oder in Gold- und Diamantenminen. Und sie pilotierten als Werksfahrer-Team von Bentley die Boliden der Marke über europäische Rennstrecken – immer auf der letzten Rille unterwegs und mit unbändigem Siegeswillen. Von 1927 bis 1930 dominierten sie die 24 Stunden von Le Mans – 1929 sogar mit vier Autos auf den ersten Plätzen. Vorbei war die Herrlichkeit, als Rolls-Royce Bentley übernahm. Denn die Luxusmarke hatte mit Rennsport nichts am Hut.

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Das sogenannte Grey Pack erinnert hingegen an jenen Bentley Speed Six, der 1929 und 1930 in Le Mans siegte – während die ebenfalls antretenden Blower defekt aussschieden. Aber wollen das Klassikerfans wirklich – einen Blower mit Elektroantrieb? Ben Hedley, CEO der Hedley Studios, ist mit der Rückmeldung bisher zufrieden: «Seit wir den Bentley Blower Jnr im vergangenen Jahr präsentiert haben, hat uns die Resonanz immer wieder umgehauen. Alle First Editions sind ausverkauft.»

Oldtimer für die Stadt

Der kleine Blower entsteht als enge Zusammenarbeit zwischen den britischen Hedley Studios und der Bentley Heritage Collection. Das originale Rennauto aus dem Jahr 1929 – versichert für 25 Millionen Pfund – wurde als Vorlage verwendet, um die verkleinerte Version in einer Grösse von 85 Prozent detailgetreu nachzubauen. Der Mini-Blower ist damit nur 3,70 Meter lang und 1,50 Meter breit. Im Gegensatz zu den anderen Produkten der Hedley Studios ist er aber sogar strassenzugelassen und soll gerade in der Stadt für einen höchst ungewöhnlichen Auftritt sorgen.

Unter der Motorhaube arbeitet anstelle des mächtigen Kompressoraggregats ein Elektromotor, der schmale 20 PS (15 kW) leistet. Statt der damaligen 160 km/h ist die halbe Portion so nur 72 km/h schnell und mehr für Kurzstrecken gedacht. Die Reichweite des elektrischen Doppelsitzers bestätigt das: Knappe 100 Kilometer fährt man bis zum Ladestopp. Dann wird dort, wo sich einst der heulende Kompressor befand, der Ladestecker verbunden. Das dauert zwar länger, als einem lieb ist, denn ohne Schnellladefunktion vergehen rund zwölf Stunden, ehe der Brite wieder bei vollen Kräften ist. Aber das dürfte niemanden stören – Little-Car-Eigner dürften definitiv noch andere Alltagsautos haben.

Teures Spielzeug

Auch im Innern sieht der mindestens 90'000 britische Pfund teure Junior aus wie das Original. Die Handpumpe für die Kraftstoffversorgung wurde als Wahlschalter für den Fahrmodus umfunktioniert, mit dem der Fahrer zwischen den Fahrmodi Comfort (2 kW), Bentley (8 kW) und Sport (15 kW) wählen kann. Die Fahrgänge werden über einen Hebel angesteuert, der aussieht wie der ehemalige Zündvorwahlschalter.

Andere Bedienmodule für Scheinwerfer oder Blinker sind in Form und Material den Magnetschaltern des Team Car nachempfunden, der Ladezustand der Batterie ist dem originalen Ampere-Meter abzulesen. Nicht ganz ins Retrodesign des Aluminiumarmaturenbretts passt das Display für Navigation und Rückfahrkamera – angesichts der erwähnten Strassenzulassung werden die Fahrer aber mit Sicherheit froh darüber sein.

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