Offroad im neuen Mercedes-AMG G 63
Dieser Benz kann zaubern

Die Mercedes G-Klasse wird im kommenden Sommer aufgefrischt. Highlight wird das neue hydraulische Fahrwerk der Topversion AMG G 63. Wir habens schon ausprobiert.
Publiziert: 20.11.2023 um 10:57 Uhr
Kim Hüppin und Wolfgang Gomoll

Bevor die G-Klasse als Mercedes EQG elektrisch wird, werden die statusträchtigen und nicht ganz günstigen Verbrenner-SUVs nochmals aufgepeppt. Porsche machts beim Cayenne vor, Mercedes zieht bei der G-Klasse im Sommer 2024 mit einem Facelift nach. Dabei endet eine Ära: Mit dem G 500 Final Edition brachte Mercedes ein letztes Sondermodell mit Achtzylinder. Der V8 bleibt künftig AMG vorbehalten und alle anderen gelifteten G-Klasse-Serien wirds nur noch mit Mildhybrid-Sechszylindern geben.

Der deutsche Autobauer arbeitet zeitgleich zum Facelift der G-Klasse an einer rein elektrischen Variante, dem EQG. Doch der Konzern will nicht auf die hohen Gewinnmargen der kantigen Klassiker mit Verbrennungsmotor verzichten. So darf allein das Topmodell AMG G 63 den überarbeiteten Vierliter-Achtzylinder behalten. Ein Starter-Generator mit 48-Volt-Technik soll dabei das letzte bisschen Power aus dem Turboloch schaufeln. Genaue technische Daten sind noch nicht bekannt, es handelt sich schliesslich noch um einen Prototyp, in dem wir sitzen.

Hydraulik-Zauber

Als Highlight gibts für die Topversion ein hydraulisches Fahrwerk. Hydraulisches Fahrwerk? Die Technik erweist sich zwar unter dem Namen AMG Active Ride Control seit Anfang der 2000er-Jahre und bis heute im neuen SL und seinem geschlossenen Bruder AMG GT als echter Federungs-Könner. Aber passt sie auch zu einem fetten Offroader wie dem G 63? «Wir haben die Grundlagen des SL-Fahrwerks übernommen und dann voll und ganz für die G-Klasse abgestimmt», erklärt Dynamik-Spezialist Ralf Haug. 

Bevor die G-Klasse als Mercedes EQG elektrisch wird, erhalten die statusträchtigen Verbrenner-Versionen nächsten Sommer eine Modellpflege.
Foto: zVg
1/14

Nicht ganz einfach, solch ein hydraulisches Fahrwerk auf die über zwei Tonnen schwere G-Klasse anzupassen. Wenn die Karosserie sich in eine Kurve neigt, dann stemmt sich das Hydrauliköl per Pumpe dagegen, um den Aufbau möglichst gerade zu halten. So kommt das Fahrwerk ohne klassische Stabilisatoren aus, denn die Hydraulik regelt die Wechsel schneller und feinfühlender und verbessert so Komfort, Stabilität und Traktion. Allerdings sind Federwege, Achskinematik und vor allem das Gewicht bei der G-Klasse anders als in einem SL. Also muss auch der Druck, den die elektrische Pumpe aufbaut, höher sein, um die Karosserie nach oben zu stemmen.

Gelände- und Strassentauglichkeit

Vom neuen Zauber-Fahrwerk erhielten wir einen ersten Vorgeschmack in einem noch aktiven Kohletagebau südlich von Leipzig (D). In anspruchsvollem Gelände sind die Ventile der Dämpfer offen, die Karosserie entkoppelt und die Verschränkung der Achsen maximal: Die G-Klasse klettert mit beeindruckendem Komfort über Stock und Stein. Das Fahrwerk schluckt jede Bodenwelle und lässt sich auch nicht durch versetzte Buckel aus der Ruhe bringen.

Wie gut die Kombination aus Federn, Dämpfer und Hydraulik zusammenarbeitet, wird im sogenannten Sandloch deutlich: Über diese Hochgeschwindigkeitsbahn aus festem Sand ballert der Luxus-Geländewagen, als gäb es keinen Morgen: Auch der G 63 macht dem Ruf der G-Klasse, alles zu können, alle Ehre.

Orts- und Belagswechsel: Jetzt kann das Wunderfahrwerk zeigen, was es auf Asphalt drauf hat. Der Unterschied der wichtigsten Fahrmodi Comfort, Sport und Sport+ ist ausgeprägt: Während auf Sport die Karosserie etwas mehr angebunden wirkt und nerviges Nachwippen unterbunden wird, gerät das Fahrwerk auch im Sport+-Modus noch nicht knüppelhart. Gehts über ein Kopfsteinpflaster, registrierts die Oberflächenerkennung und stellt die Dämpfer weicher. Die Lenkung ist harmonisch und in Kurven neigt sich die Karosserie kaum mehr zur Seite, so dass man nach einiger Zeit fast vergisst, dass man in einem so hochbeinigen Koloss sitzt. 

Markteinführung 2024

Äusserlich wirds mit dem Facelift ebenso eine Veränderung geben, auch wenn diese – wie es sich seit bald 50 Jahren für eine G-Klasse gehört – kaum zu erkennen sein wird. Um die Aeroynamik zu verbessern, werden Elemente vom elektrischen EQG übernommen. Zu vermuten ist durch den verhüllten Innenraum, dass mit der Modellpflege auch das moderne MBUX–Infotaintment-System aus der S-Klasse kommt. Ein Head-up-Display dürfte es nicht geben, da die kurze Einbautiefe des Armaturenbretts zu wenig Platz bietet.

Ein genauer Zeitpunkt für die Markteinführung der neuen G-Klasse ist noch nicht bekannt. Der serienreife EQG wird vermutlich in der ersten Jahreshälfte 2024 auf den Markt kommen – die gelifteten Verbrenner dürften gleichauf liegen. Die Preise sind natürlich noch offen. Zur Einordnung: Der aktuelle Mercedes AMG G 63 mit 585 PS (430 kW) starkem Achtzylinder startet bei einem Preis von 228'500 Franken.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?