Eine Erfindung der Nazis
Warum eigentlich ist Blaulicht blau?

Blinkt es blau, wissen wir: Einsatzfahrzeug, Platz machen! Doch warum sind unsere Warnlichter blau und nicht wie im Rest der Welt rot? Blick erklärt, wie das Blaulicht entstand, warum es besser ist als Rot oder Grün – und warum es überhaupt blinkt.
Publiziert: 13.10.2023 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2023 um 21:41 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Nähert sich Blaulicht, ist höchste Eile geboten (hier alles zur Rettungsgasse und Platz machen für Einsatzfahrzeuge). Aber warum eigentlich sind Blaulichter blau? Ist Blau besser als das weltweit dominierende Rot? Und wieso blinkt es?

Die Antwort darauf überrascht: Dass wir an den Polizei-, Rettungsdienst- oder Feuerwehr-Fahrzeugen Blau als Warnlicht haben, ist eine Erfindung unserer nördlichen Nachbarn – aus deren dunkelster Zeit.

Blau als Idee der Nazis

Im Dritten Reich trimmten die Nazis Deutschland sofort auf Kriegskurs. Bereits 1933 musste die Polizei, später auch Feuerwehren vom roten zu blauem Warnlicht wechseln. Blau streut in der Atmosphäre stärker und ist so aus der Nähe prima, aber von angreifenden Flugzeugen aus schlecht erkennbar. Im Weltkrieg folgten ab 1939 andere Länder der Verdunkelungs-Strategie.

Hierzulande wie überwiegend in Europa tragen Einsatzfahrzeuge blaue Kennleuchten – also eben sogenannte Blaulichter.
Foto: Timothy Pfannkuchen
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Nach Kriegsende 1945 blieb das Blau und setzte sich in den 1950er-Jahren in ganz Europa als die Warnfarbe für Einsatz-Warnlicht durch. Moderne Blaulicht-Balken verfügen teils auch über Lichtmodule, die nach oben blinken – schliesslich müssen heute auch Helikopter die Einsatzstelle trotz blauem Licht gut finden.

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Blau besser als Rot oder Grün

Studien sagen: Blau ist deutlich besser als das global bevorzugte Rot. Dieses dringt zwar besser durch Nebel und hat leichte Vorteile bei greller Sonne. Rot ist zudem die natürliche Warnfarbe und wurde darum erst an Zügen, später an Autos zum Rück- und später zum Warnlicht. Doch gerade aus dem Rotlicht-Meer im Verkehrsalltag sticht Blau eben besonders heraus. Zudem kommt die Farbe in der Natur kaum vor und hat deshalb sofort unsere Aufmerksamkeit.

Am besten wahrnehmbar wäre zwar Gelb, aber das ist von stehenden oder langsamen Gefahren wie Baufahrzeugen besetzt und wird selten – die spanische Feuerwehr nutzt es etwa – verwendet. Weiss wäre exzellent, wird aber bereits zu häufig eingesetzt (Scheinwerfer) und wird deshalb nur als zusätzliches Lichtmittel genutzt, etwa als Blink-Fernlicht («Springlicht»). Bleibt noch Grün: Heikel, da in der Natur häufig und weil es «freie Fahrt» statt «Gefahr!» sagt. So fristet es ein Nischendasein (z.B. Ambulanzen in Südkorea).

Übrigens: Im Autoland USA wird trotz diverser Studien, die zu Blau raten, Rot bevorzugt. Denn die Behörden legen sich bis auf lokale Ausnahmen (z.B. Ohio Highway Patrol) ungerne mit der Tradition gerade der Feuerwehren an. Immerhin ist Blau heute oft Zweitfarbe. Umgekehrt dient Rot in Europa teils als Zweitfarbe (z.B. Ungarn) oder für Sonderfunktionen (z.B. Einsatzleitung).

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Wieso blinkt das Blaulicht?

Dass Warnlichter blinken, scheint uns selbstverständlich. Doch auch das war nicht immer Standard. In Kalifornien ist bis heute ein rotes Dauerlicht vorne theoretisch ausreichend – wie damals, als es vor 100 Jahren mit Warnlichtern losging. Um im zunehmenden Strassenverkehr Aufmerksamkeit zu erlangen, liess man die Lichter irgendwann auch blinken. Ab den späten 1940er-Jahren machten erste Hersteller (z.B. Auer in Deutschland oder Federal Signal in den USA) daraus eine Rundumleuchte mit Drehlicht. Ab den 1980er-Jahren kamen Blitz- und Doppelblitz-Leuchten. Der Vorteil: keine Mechanik. Nachteil: heiklere Sichtbarkeit bei Sonne. Heute steckt in Blaulichtern lichtstarke LED-Technik. So lichtstark sogar, dass es heute teils einen Nachtmodus zum Abdunkeln gibt.

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Schweiz und Psychologie

Später als anderswo wurden hierzulande zusätzliche Blaulichter an der Front (Frontblitzer als «Strassenräumer» im Grill) oder etwa an Aussenspiegeln erlaubt. Auch Blaulicht an stehenden statt fahrenden Fahrzeugen ist erst seit ein paar Jahren zur Absicherung gestattet, weshalb unsere Einsatzfahrzeuge dafür auch gelbes Blinklicht oder zumindest Zusatzblinker haben.

Unterbewusst empfinden wir laut Experten die Einsatzfahrt als desto dringlicher, je schneller das Blaulicht blinkt und je mehr Leuchten hektisch blitzen. Gegen eines sind alle Warnleuchten aber nie gefeit: Manche Lenkende fühlen sich unbewusst so angezogen, dass sie darauf zu steuern und in Einsatzfahrzeuge knallen wie Motten in eine Laterne.

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