«Elterntaxis sind eine Gefahr für Kinder»
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Polizist kritisiert Autoparade:«Elterntaxis sind eine Gefahr für Kinder»

Erstklässler: Per Auto zur Schule?
Elterntaxis machen den Schulweg noch gefährlicher

Der Schulweg ist gefährlich, besonders für noch unerfahrene Erstklässler. Viele Eltern bringen ihre Kinder deshalb mit dem Auto zur Schule – und verschlimmern damit die Situation erst noch.
Publiziert: 21.08.2023 um 01:00 Uhr
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Aktualisiert: 21.08.2023 um 02:57 Uhr
Andreas Faust

Jetzt geht die Schule wieder los. In manchen Kantonen startete sie bereits heute, die übrigen folgen in den kommenden Wochen. Viele Kinder machen jetzt auf dem Schulweg ihre ersten selbstständigen Erfahrungen im Strassenverkehr. Nicht ungefährlich, vor allem für Erstklässler, die neben ABC und Einmaleins erst noch lernen müssen, Gefahren auf der Strasse richtig einzuschätzen und zu vermeiden.

Viele Eltern wollen daher auf Nummer sicher gehen. Statt vorab den Schulweg mit ihren Kindern zu trainieren, chauffieren sie den Nachwuchs lieber per Auto im sogenannten Elterntaxi zur Schule – selbst wenn diese nur wenige Hundert Meter entfernt ist. Die Zahlen scheinen ihnen recht zu geben: Rund 40 Prozent aller schweren Unfälle mit Kindern ereignen sich auf dem Schulweg. Die Statistik des Bundesamtes für Strassen (ASTRA) verzeichnete 2022 593 Schulwegunfälle mit zwei Todesfällen, 73 Schwerverletzten und 494 Leichtverletzten registriert. Macht mehr als zwei Schulwegsunfälle im Schnitt pro Tag.

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Mehr Gefahren an der Schule

Laut einer TCS-Studie von 2019 werden 30 Prozent der Schulkinder in der Westschweiz regelmässig von den Eltern zur Schule chauffiert; in der Deutschschweiz immerhin sieben Prozent. Schliesslich ist es auch praktisch: Wer sowieso mit dem Auto zur Arbeit fährt, macht noch den kleinen Umweg zur Schule und setzt den Nachwuchs ab. Dabei entstehen viele Risiken entlang des Schulwegs erst durch die Elterntaxis:

Viele Kinder machen jetzt auf dem Schulweg ihre ersten selbstständigen Erfahrungen im Strassenverkehr. Viele Eltern wollen daher auf Nummer sicher gehen – und chauffieren ihre Kinder im Auto zur Schule.
Foto: Keystone
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  • Gestresst abfahren: Schulranzen packen, Schuhsenkel schnüren – Kinder brauchen ihre Zeit, bis es losgehen kann. Wenn Mami oder Papi jetzt noch drängeln, weil auch sie pünktlich am Arbeitsplatz sein sollten, startet der Tag schon im Stress.
  • Unkonzentriert am Steuer: Wenn jetzt noch Zeitdruck, Gedanken an den Arbeitstag und viel Verkehr dazukommen, steigt das Unfallrisiko.
  • Haltestellen blockieren: An der Schule gibts keinen Parkplatz? Also kurz an der Bushaltestelle stoppen und den Nachwuchs absetzen. Naht dann von hinten der Schulbus, wirds stressig.
  • Halten im Halteverbot: Wo noch Platz ist, wird auch kurz parkiert – ganz gleich ob vor Ausfahrten oder mitten auf dem Trottoir.
  • In zweiter Reihe parkieren: Gibts keine andere Möglichkeit, bleibt man einfach auf der Fahrbahn stehen, um den Nachwuchs abzusetzen. Andere Kinder habens jetzt schwer, die Strasse zu überqueren, weil ihr Blickfeld blockiert ist. Auch andere Autofahrer können Kinder so schlechter erkennen. Und sie stauen hinter dem haltenden Auto.
  • Auf der falschen Seite halten: Um einen Umweg zu vermeiden, setzen manche ihre Kinder auf der gegenüberliegenden Strassenseite ab – die Kinder steigen zur Strasse hin aus, können vor dem Überqueren nicht in Ruhe den Verkehr checken oder rennen sogar ohne zu schauen auf die andere Strassenseite.
  • Wilde Wendemanöver: Die Kids sind ausgestiegen – jetzt aber schnell zur Arbeit. Also wird möglichst flott vor der Schule gewendet. Oft ohne das Umfeld des Autos zu beachten – dort könnten schliesslich Kinder unterwegs sein.

Eigene Erfahrungen im Verkehr machen

Eltern als Taxifahrer gefährden durch Stress, Unkonzentriertheit und den Mehrverkehr vor Schulen nicht nur Schulkinder. Laut TCS nehmen sie den Kids so auch die Chance, richtiges Verhalten im Verkehr tagtäglich zu erlernen. Und damit sicher und selbstständig unterwegs zu sein. Ausserdem: Laut einer schwedischen Studie macht die Autofahrt zur Schule Kinder antriebslos und unmotiviert – während der Schulweg zu Fuss die Kinder aktiviere. Auch der TCS oder der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) weisen auf die Risiken durch den Fahrzeugandrang vor den Schulen hin.

So kommen deine Kinder auch ohne Elterntaxi sicher zur Schule:

  • Lege mit ihnen zusammen den Schulweg fest und erkläre ihnen, warum dieser Weg der sicherste ist. Schulen haben oft auch ausgearbeitete Schulwegpläne mit den sichersten Wegen aus den Wohnquartieren im Einzugsbereich.
  • Trainiere den Schulweg vorab immer wieder mit deinen Kindern.
  • Begleite sie nur so lange wie nötig – nur alleine werden Kinder tatsächlich selbstständig im Verkehr.
  • Auch wenn immer ein Restrisiko im Strassenverkehr bleibt – vertraue darauf, dass deine Kinder mit guter Vorbereitung ihn auch meistern werden.
  • Tue dich mit anderen Eltern zusammen zum sogenannten Pedibus: Mehrere Kinder gehen zu Fuss als Gruppe den gleichen Schulweg, anfangs noch von einem Erwachsenen begleitet. Viele Augen sehen mehr und eine Gruppe wird auch besser gesehen.

Doch auf dem Land und ohne Schulbus geht es manchmal nicht anders: Wenn du deine Kinder doch mit dem Auto zur Schule bringst, halte an einer sicheren Stelle in der Nähe der Schule und lasse sie den Rest des Weges zu Fuss gehen. Das mindert die Verkehrsrisiken vor der Schule und gibt ihnen die Möglichkeit, eigene Erfahrungen im Verkehr zu machen.


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