Dacias Budget-SUV im ersten Fahrbericht
Bleibt auch Duster Nr. 3 ein Schnäppchen?

Der Duster ist das Aushängeschild der rumänischen Renault-Tochter Dacia. Lange galt der Kompakt-SUV als günstigster Allradler auf dem Markt – doch mehr Technik bedeutet beim dritten Duster auch steigende Preise. Bleibt er dennoch ein Schnäppchen? Wir habens ausprobiert.
Publiziert: 23.05.2024 um 06:10 Uhr
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Aktualisiert: 23.05.2024 um 13:17 Uhr
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Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Als Dacia 2010 die Erstauflage des Duster vorstellte, galt die rumänische Renault-Tochter noch als echte Billigmarke. Kein Wunder: Damals stand der Kompakt-SUV ab unter 12'000 Franken in der Preisliste! 14 Jahre und 2,2 Millionen produzierte Autos später ist am Duster (fast) nichts mehr billig – im positiven wie im negativen Sinne. Die zerknautschte Optik von damals ist einem sehenswerten Blechkleid gewichen: mit breiten Schultern, schmalen Tagfahrlicht-LED-Bändern, neuem Logo und grossem Dacia-Schriftzug am Heck. Wie viel der einstige Billigheimer dafür preislich aufgeschlagen hat, dazu gleich mehr.

Obwohl der Duster weder in der Länge (4,34 m), noch in der Breite (1,81 m) zugelegt hat, wirkt sein Auftritt deutlich bulliger – und er bietet innen auch mehr Platz als der Vorgänger. So knackt der Kofferraum erstmals die 500-Liter-Marke, sofern der frontgetriebene 130-PS-Benziner geordert wird. Beim Allradler sowie der neuen Vollhybrid-Variante sind es immerhin noch 430 Liter. Bei umgeklappten Sitzen wächst der Platz auf 1545 bis 1607 Liter – Mittelklasse-Niveau! Und selbst grössere Passagiere in Reihe zwei fühlen sich jetzt wohler, da der neue Duster fünf Zentimeter in die Höhe spriesst und so ein besseres Raumgefühl vermittelt. 

Dacia auf Skodas Spuren

Eine echte Revolution gibts im Cockpit, wo der Fahrer erstmals auf Digitalinstrumente blickt. Daneben thront (in der Schweiz serienmässig) ein neuer 10-Zoll-Touchdisplay, der dank grosser Kacheln treffsicher zu bedienen ist und kabellos mit Android Auto oder Apple Carplay verbunden werden kann. Knöpfe zur Klimabedienung bleiben und selbst Modernes wie eine Induktionsladeschale fürs Smartphone halten Einzug. Da drückt man auch gerne beim üppig verbauten Hartplastik ein Auge zu, weil gleichzeitig Lüftungsschlitze in Kupferoptik und der massige Armaturenträger echtes Abenteuer-Flair à la Jeep Wrangler versprühen.

Als Dacia 2010 die Erstauflage des Duster (ganz rechts) vorstellte, galt die rumänische Renault-Tochter noch als echte Billigmarke.
Foto: Adrien Cortesi
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Und als hätte sich Dacia VWs ehemalige Billigtochter Skoda zum Vorbild genommen, sind im ganzen Fahrzeug sogenannte YouClips verteilt: An den kleinen Halterungen kann eine ganze Reihe von erhältlichem Zubehör befestigt werden: vom Cupholder über Mini-Taschenlampen und Befestigungshaken bis zum Handy- oder Tablethalter. «Simply clever», würde Skoda dazu sagen. Relativ simpel sind dafür die Sitze gehalten, die definitiv nicht zum Komfortwunder werden. Gut wiederum: zwei USB-C-Anschlüsse im Fond.

Entweder Allrad oder Automat

Wenn es um Kompromisse geht, macht den Schweizern keiner etwas vor. Das kommt hiesigen Kunden beim neuen Duster zugute: Denn beim Autokauf lieben wir sowohl Allradantrieb als auch Automatikgetriebe. Beides zusammen ist im Duster aber nicht erhältlich. Wir starten die Testfahrt im neuen Topmodell mit Automat: Der Vollhybridantrieb, schon bekannt aus diversen Renaults, kombiniert einen 1,6-Liter-Vierzylinder mit einem E-Motor, die zusammen 141 PS (104 kW) leisten.

Innerorts tritt der Kompakt-SUV damit spontan an und bleibt schön leise. Erst unter Volllast meldet sich der Saugbenziner unüberhörbar zu Wort – speziell auf der Autobahn nervt die Dauerbeschallung, da die nur vier vorhandenen Schaltstufen (plus zwei für den E-Motor) ein grosses Drehzahlband abdecken müssen. Alles in allem taugt der Antrieb für den Alltag aber allemal und ist auch auf Testfahrt nicht weit vom Normverbrauch von 5,2 l/100 km entfernt. An der falschen Stelle hat Dacia aus unserer Sicht aber beim nicht erhältlichen Abstandstempomaten gespart. Sonst sind alle gängigen Assistenten inklusive dem durch die EU vorgeschriebenen Tempolimitwarner an Bord. Letzterer kann dank persönlichem Assistenzprofil mit zweifachem Tastendruck deaktiviert werden – clever.

Kein Ende im Gelände

Während sich rund 50 Prozent der Schweizer Duster-Käufer wohl für die Hybrid-Version mit Automatik entscheiden werden, wählt die andere Hälfte den 1,2-Liter-Turbobenziner mit 131 PS (96 kW) und 4x4. Was uns bei der Fahrt auf den holperigen Strassen rund um Malaga (Spanien) auffällt: Das Fahrwerk scheint bei der etwas leichteren, mildhybridisierten Dreizylinder-Variante komfortabler abgestimmt und nicht ganz so präzise zu sein wie beim Vollhybrid. Entsprechend wankend steuern wir den SUV durch die engen Kehren des südspanischen Hinterlands, wobei auch die leichtgängige, etwas schwammige Lenkung ihr Übriges beiträgt. 

Die leicht höhere Bodenfreiheit (21,7 cm) der 4x4-Version kombiniert mit der soliden Allradtechnik sorgen wiederum für gutes Vorankommen im mittelschweren Gelände. Im Off-Road-Fahrmodus (neben Eco, Auto, Mud/Sand und Snow) verteilt das System das Drehmoment je nach Bedarf auf Vorder- und Hinterräder, womit auch sandige Steigungen und Schräglagen und selbst gröbere Buckelpisten kein Problem darstellen. Neu ist sogar eine Bergabfahrhilfe für besonders steile Hänge an Bord.

Duster bleibt preiswert

Zum Schluss kommen wir zur Frage aller Fragen: Bleibt der Budget-SUV auch in dritter Generation ein Schnäppchen? Bei uns sind weder die bei knapp unter 20'000 Franken startenden und für andere Märkte wichtigen LPG-Flüssiggas-Variante Eco-G 100 noch die günstigste Ausstattung «Essentiel» erhältlich. In der Schweiz steht mindestens 24'290 Franken für die nur selten georderte TCe-130-Frontantriebsvariante auf dem Preisschild. Mit 4x4 und Handschaltung in der Ausstattung «Extreme» gehts ab 26'790, für den Vollhybriden mit Automat ab 27'790 Franken los. Das ist deutlich über den 19'990 Franken, mit denen der 4x4-Duster bis vor wenigen Jahren im Prospekt stand. Ein richtiges Schnäppchen ist der Duster damit zwar nicht mehr, gehört aber weiterhin zu den günstigsten Allradlern auf dem Markt. 

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