Erste Fahrt im Q6 E-Tron
Er soll Audis Bestseller werden

Endlich gehts weiter bei Audis Stromer-Palette: Der neue Elektro-SUV Q6 E-Tron teilt sich seine 800-Volt-Plattform mit dem Porsche Macan, hat aber eine völlig andere Zielgruppe. Und die Erwartungen an ihn sind hoch gesteckt.
Publiziert: 02.07.2024 um 06:33 Uhr
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Aktualisiert: 05.07.2024 um 15:10 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Nach der Flaute kommt der Sturm. Von Auffrischungen abgesehen, gabs bei Audi in den vergangenen Jahren kaum Neuheiten zu vermelden. Aber jetzt kommen sie alle auf einmal: neuer A3 Allstreet, A6 E-Tron als Limousine und Kombi, ein neuer Q5 – und als Nachfolger des Mittelklässlers A4 der neue A5 auf einer Verbrenner-Plattform sind schon lanciert oder werden noch 2024 enthüllt.

Den Hoffnungsträger im Audi-Modellprogramm namens Q6 E-Tron konnten wir sogar schon fahren – ebenfalls im Sturm. Im nordspanischen Bilbao herrscht während der Testrunde Spülmaschinenwetter. Die Stimmung beim Audi-Team ist dennoch äusserst heiter: Der fünfplätzige Elektro-SUV soll zum Bestseller im Programm avancieren, auch wenn die Elektroauto-Verkäufe gerade einen Dämpfer erfahren.

Neue Plattform, neue Konkurrenten

Eigentlich hätte der Q6 E-Tron schon vor zwei Jahren starten sollen. Aber die Entwicklung der neuen Elektroplattform namens PPE gemeinsam mit Porsche ging nicht so glatt wie erwartet. Besondere Kennzeichen: 800 Volt Batteriespannung für schnelles Laden und neue E-Motoren, bei denen das Schmieröl gleich für die Kühlung sorgt – das spart die Abdichtung fürs Kühlwasser, das sich schlecht mit stromführenden Teilen verträgt. Und ein modularer Aufbau, dank dem jede Marke eigene Goodies einbauen kann. Porsche gönnt sich für den Macan zum Beispiel eine Vierradlenkung, die sich Audi angesichts der angepeilten Kundengruppe – Paare mit Platzbedarf oder Familien – spart.

Vor zwei Jahren hätte er schon bereit sein sollen – doch erst jetzt stromert Audis neuer Q6 E-Tron in die Schweiz.
Foto: Zvg
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Optisch wirkt der Q6 fast altbekannt – so oft hat man das Concept Car oder Prototypen schon gesehen. Aufrechte Front, grosser, aber geschlossener Frontgrill, voluminöse Kabine. Früher stellte Audi die Modelle mit der «6» in der Bezeichnung gegen Mercedes E-Klasse oder BMW 5er auf, heute gehts eine Klasse tiefer gegen BMW iX3 oder Teslas Model Y. Zu den üppigen Platzverhältnissen gibts einen riesigen Kofferraum mit 526 bis 1529 Litern Ladevolumen. Und erstmals einen Frunk, also einen Stauraum (engl. trunk) unter der Fronthaube mit 64 Litern Kapazität.

Drei Bildschirme im Cockpit

Proper wie meistens bei Audi wirkt das Interieur – obwohl die Finger mehr Hartplastik in Türen und Mittelkonsole fühlen, als man sonst gewohnt ist. Instrumente und Infotainment werden auf zwei um den Fahrer gewölbten Screens dargestellt; optional gibts auch einen Touchscreen für den Beifahrer. Einerseits ist er nach aussen angewinkelt – das trennt den Beifahrer optisch vom Fahrerarbeitsplatz. Zweitens bietet er auch nicht mehr Bedienmöglichkeiten als der zentrale Monitor. Und Vorsicht auf kurvigen Strecken: Wer zu viel darauf herumspielt, dem könnte es flau werden.

Denn fahrdynamisch machts Audis Q6 E-Tron grossartig. Auf die Testrunde gingen wir in der Version Quattro – 4x4 dank zwei Motoren, von denen der vordere nur bei Bedarf Leistung liefert, 387 PS (285 kW) Systemleistung und ein Drehmoment von 275 Nm vorn und 580 hinten. Am meisten überrascht, wie leichtfüssig der Q6 unterwegs ist bei über 2,3 Tonnen Gewicht. Kraft gibts jederzeit genug, die Lenkung zirkelt präzise und so unmittelbar spürbar wie bei kaum einem VW-Konzern-Stromer. Weil die Gewichtsverteilung fast ausgeglichen bei 49:51 Prozent liegt, schiebt der SUV auch nicht unangenehm zum Kurvenäusseren.

Audi Q6 E-Tron Quattro

Antrieb 2 Elektromotoren, 387 PS (285 kW), 275 (v.) und 580 (h.) Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Allradantrieb, Akku 94,9 kWh netto, Laden AC/DC 11/270 kW
Fahrleistungen 0–100 km/h in 5,9 s, Spitze 210km/h, Reichweite WLTP 625 km
Masse L/B/H 4,77/1,94/1,69 m, Gewicht 2350 kg, Laderaum 526–1529 l plus 64 Liter im Frunk
Umwelt WLTP 16,5–19,1 kWh/100 km (Benzinäquivalent 1,9-2,2 l/100 km), 0 g/km CO₂ lokal, Energiekategorie A-B
Preis ab 85'900 Franken, Basis Q6 E-Tron Performance, Hinterradantrieb, 306 PS (225 kW) ab 79'900 Franken

Antrieb 2 Elektromotoren, 387 PS (285 kW), 275 (v.) und 580 (h.) Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Allradantrieb, Akku 94,9 kWh netto, Laden AC/DC 11/270 kW
Fahrleistungen 0–100 km/h in 5,9 s, Spitze 210km/h, Reichweite WLTP 625 km
Masse L/B/H 4,77/1,94/1,69 m, Gewicht 2350 kg, Laderaum 526–1529 l plus 64 Liter im Frunk
Umwelt WLTP 16,5–19,1 kWh/100 km (Benzinäquivalent 1,9-2,2 l/100 km), 0 g/km CO₂ lokal, Energiekategorie A-B
Preis ab 85'900 Franken, Basis Q6 E-Tron Performance, Hinterradantrieb, 306 PS (225 kW) ab 79'900 Franken

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Halbierte Batterie für volle Ladung

Zwei weitere Versionen gäbe es: Einmal den SQ6 E-Tron mit 516 PS (380 kW), dessen Leistungsaufschlag sich weniger im Alltag, sondern vor allem beim Spurt auf Tempo 100 mit 4,3 gegenüber 5,9 Sekunden bemerkbar macht. Zweitens den auf Reichweite getrimmten Performance mit Heckantrieb, 306 PS (225 kW) und einer Maximal-Reichweite von 641 Kilometern. SQ6 und Quattro kommen aber auch immerhin auf 598 oder 625 Kilometer.

Allen gemeinsam ist die 800-Volt-Batterie im Unterboden mit 94,9 Kilowattstunden (kWh) Nettokapazität. Sie verträgt am Gleichstrom-Schnelllader maximal 270 Kilowatt Ladeleistung, die über einen vergleichsweise langen Zeitraum gehalten werden kann – so gehts in 21 Minuten von zehn auf 80 Prozent Füllstand. Sollte die Ladesäule nur 400 Volt liefern können, wird die Batterie per Schalter in zwei Blöcke geteilt. Statt eine grosse Batterie mit eingeschränkter Ladeleistung zu füllen, werden dann zwei kleine mit bis zu 135 Kilowatt geladen. Das senkt die Verlustleistung und den Bedarf nach Kühlung. Ein optionaler Lader für 22 Kilowatt Wechselstrom ist noch in Vorbereitung.

Apps fürs Infotainment

Zahllos sind die digitalen Spielereien: Konfigurierbares Tagfahrlicht, der Sprachassistent erkennt 800 Befehle, das Navi informiert den Antrieb über Kurven und Steigungen, und der induktive Smartphonelader schafft jetzt 15 Watt Leistung. Das Head-up-Display projiziert per Augmented Reality Navi-Pfeile ins Fahrersichtfeld – so gross, als würden sie auf einem 88-Zoll-Fernseher angezeigt. Und per integriertem App-Store lässt sich das Infotainment mit Anwendungen von Drittanbietern zum Beispiel für Hotelbuchungen aufrüsten. Besser, sicherer und legaler, als während der Fahrt auf dem Phone zu tippen.

Blick-Fazit: Na also, geht doch! Mit dem Q6 E-Tron setzt sich Audi endlich ab von der Elektrotechnik der Volumenmarken im VW-Konzern. Intelligente Ladetechnik und Fahreigenschaften überzeugen rundum – nur Hartplastik im Innenraum trübt etwas das Bild. Die Preise starten bei 79'900 Franken für die Version Performance; der SQ6 E-Tron schlägt schon sechsstellig mit 101'300 Franken zu Buche. Und eine RS-Version? Ist schon angedacht – und dürfte sich wohl bei der Macan-Technik bedienen.

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