Erste Runde im neuen Ioniq 5 N
So fährt der stärkste Hyundai aller Zeiten

Wenn zwei Tonnen Gewicht auf 650 Elektro-PS treffen: Hyundais neuer Ioniq 5 N überrascht selbst auf einer Rennstrecke – und bei den Einstellmöglichkeiten.
Publiziert: 02.12.2023 um 18:27 Uhr
Wolfgang Gomoll

Offiziell wäre er schon im Ruhestand. Aber als Berater macht Albert Biermann noch immer den Sportmodellen von Hyundais N-Abteilung Beine. N steht dabei für Namyang, Hyundais koreanisches Entwicklungszentrum. Und für die Nordschleife des Nürburgrings. Die kennt und liebt man auch in Südkorea.

Biermann weiss, was er tut: Über 30 Jahre entwickelte er bei BMW und deren Sporttochter M GmbH, seit 2015 bürstet er nun Hyundai-Modelle auf Hochleistung. Die ersten N-Autos wie der i30 N oder der i20 N waren für ihn wohl eher Fingerübungen. Doch bei einem über zwei Tonnen schweren Elektro-SUV wie dem Ioniq 5 wird der Sport zur Herausforderung. «Als wenn man einen Elefanten zum Tanzen bringt», grinst Biermann.

Bis zu 650 Elektro-PS

Dabei bringt ein Stromer auch Eigenschaften mit, die der Agilität förderlich sind. Die Batterie sorgt für viel höhere Grundsteifigkeit der Karosserie als bei Verbrennern. Und der Schwerpunkt rückt dank des Akkus weit nach unten. Trotzdem musste Biermanns Team die Karosserie verstärken, mit Hilfsrahmen, 42 zusätzlichen Schweissnähten und 2,1 Metern Strukturklebstoff.

Hier kommt der stärkste Hyundai aller Zeiten: Der Ioniq 5 N startet bei uns ab Februar 2024.
Foto: Frederick Unflath
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Kein Problem war dagegen die Leistung: Für den Allradantrieb des Ioniq 5 N liefern zwei E-Maschinen mit 226 PS (166 kW) vorne und 383 PS (282 kW) hinten eine Systemleistung von 609 PS (448 kW). Bringt man kurzzeitig per Boost die Elektromotoren bei 21'000 Umdrehungen pro Minute an ihre Grenze, liegen gar 650 PS (478 kW) an. Dazu ein elektronisches Differenzial und fertig.

Hyundai Ioniq 5 N

Antrieb: 2 Elektromotoren, 650 PS (478 kW), 790 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, 4x4, Akku netto 80,0 kWh
Fahrleistungen: 0–100 km/h 3,4 s, Spitze 260 km/h
Masse: L/B/H 4,72/1,94/1,59 m, Leergewicht 2310 kg, Kofferraum 480 bis 1540 l
Preis: ab 79’900 Franken

Antrieb: 2 Elektromotoren, 650 PS (478 kW), 790 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, 4x4, Akku netto 80,0 kWh
Fahrleistungen: 0–100 km/h 3,4 s, Spitze 260 km/h
Masse: L/B/H 4,72/1,94/1,59 m, Leergewicht 2310 kg, Kofferraum 480 bis 1540 l
Preis: ab 79’900 Franken

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Schnell für mehr als eine Runde

Aber: «Was helfen die vielen PS, wenn das Auto schon nach einer Runde auf der Rennstrecke schlappmacht», sagt Biermann. «Wir müssen zwei Hochgeschwindigkeitsrunden unter acht Minuten auf der Nordschleife schaffen.» Deshalb wurde die Standfestigkeit zur grössten Herausforderung, vor allem bei der Kühlung von Antriebsstrang und Akkus. Neben einem Ausdauer- gibts nun einen speziellen Rennstrecken-Modus, der dank zusätzlichen Kühlern die Batterietemperatur in einem Wohlfühlfenster von 20 bis 30 Grad hält.

Lassen wir den Elefanten tanzen. Nicht auf der Nordschleife, sondern dem Korean International Circuit, einer Formel-1-Rennstrecke, auf der Sebastian Vettel den Rundenrekord hält. Elefant? Eher eine rollende Playstation! Der Ioniq 5 N erschlägt uns zuerst mit seinen Konfigurationsmöglichkeiten – wie in den Autos der M GmbH. Von der Gaspedalkennlinie über das Links-Bremsen bis hin zur manuellen Kraftverteilung des Allradantriebs und einem Drift-Programm sind die Einstellmöglichkeiten schier endlos.

Der tut wie ein Verbrenner

Überraschung zwei: Dieser Elektro-Sportler dürfte auch Verbrenner-Fans passen. Fürs typisch tänzelnde Heck sorgt der Regler für die Antriebskraftverteilung, wenn man ihn auf die Hinterachse einstellt. Vom E-Motor vorn wird ziemlich echt klingender, künstlicher V8-Motorsound eingespielt. Und beim Beschleunigen werden die Schaltstufen eines Achtgang-Doppelkupplungsgetriebes simuliert – man kann sie per Schaltwippen sogar manuell einlegen und es ruckt bei jedem Gangwechsel. Irre.

Die Beschleunigung ist Hypercar-verdächtig: Von 0 auf Tempo 100 gehts in 3,4 Sekunden und Schluss ist erst bei 260 km/h. In Kurven untersteuert der Ioniq ob seines Gewichts deutlich, aber das macht ihn beherrschbarer. Pluspunkt: Wirds kritisch, greift immer das elektronische Stabilitätsprogramm ein, auch wenn man es in Selbstüberschätzung vorher abschaltet.

Dennoch 450 Kilometer Reichweite

Für die Rennstrecke könnte der Ioniq 5 N härter abgestimmt sein, aber für die Strasse ist genau richtig. Die Batterie hat eine Kapazität von netto 80 Kilowattstunden (kWh) – genug für rund 450 Kilometer Reichweite. Dank 800-Volt-Technik liegt eine maximale Ladeleistung von 240 kW drin; damit ist der Akku innert 18 Minuten von zehn auf 80 Prozent gefüllt.

Einen Normverbrauch gibt Hyundai noch nicht an: Auf der normalen Strassenrunde lag er bei 21,6 kWh/100 km. Los gehts mit der Auslieferung ab Februar 2024 zu Preisen ab 79'900 Franken. Was den stärksten Serien-Hyundai nun auch zum teuersten macht.

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