Strom für den Stern
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Der neue Elektro-Mercedes:Von 0 auf 100 km/h in 5,1 Sekunden

Mercedes EQC Dauertest-Abschluss
Ein (fast) ganz normaler SUV

Nach sechs Monaten und 15'000 Kilometern stromert «unser» EQC zurück zu Mercedes. Fazit des Langzeittests: Elektro ist nach etwas Eingewöhnung verblüffend normal – und wer es mal kennt, will eigentlich nicht unbedingt wieder Verbrenner fahren.
Publiziert: 07.03.2021 um 14:52 Uhr
|
Aktualisiert: 15.04.2021 um 17:01 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Wieso brummt und ruckt das Auto so komisch? Ach so, richtig: Soeben haben wir nach einem halben Jahr «unseren» elektrischen EQC an Mercedes zurückgegeben und fahren in einem Benziner heim. Der braucht Drehzahl, macht Lärm und man muss dauernd Gänge wechseln. Ganz normal – nur gefühlt irgendwie sehr von gestern.

Die Stille, die Power, die Geschmeidigkeit: Man muss kein Elektro-Fan sein, um sich daran schnell zu gewöhnen. Am Anfang stand freilich die Schwellenangst: Komme ich ans Ziel? Dann lädt man an der zum Testauftakt montierten Wallbox im Büro, danach zwei-, dreimal unterwegs – und merkt: All das ist halb so wild und reine Gewöhnungssache.

Knackpunkt Ladekarte

Zu den wichtigsten Details, die das E-Leben leichter machen, zählt eine Ladekarte. Beim EQC nutzten wir jene von Mercedes. Das Netz ist mit 175'000 Schnellladern in Europa dicht genug. Als ein Schnelllader mal nicht wollte, half ein Tesla-Fahrer mit seiner Karte aus. Auch das ist Fahren mit Strom: Die Stromkosten sind nicht immer, aber in der Regel so gering, dass man sich das leisten kann. Lädt man an der Wallbox daheim, kosten 100 EQC-Kilometer je nach Tarif ab vier Franken.

Dauerläufer: Die 15'000 Kilometer im Langzeit-Test spulte der Elektro-SUV Mercedes-Benz EQC 400 4Matic pannenfrei ab.
Foto: Timothy Pfannkuchen
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Mercedes-Benz EQC 400 4Matic

Antrieb: 2 E-Motoren, 300 kW (408 PS), 760 Nm@1/min, 1-Stufen-Automat, Allrad, Akku 80 kWh (brutto)
Fahrleistungen: 0–100 km/h 5,1 s, Spitze 180 km/h (limitiert)
Reichweiten: WLTP/Test 414/366 km (Test min/max 213/398, Test saisonal Sommer/Herbst/Winter 367/387/328 km)
Masse: Länge/Breite/Höhe 4,76/1,88/1,62 m, Gewicht 2495 kg, Laderaum 500–1460 l
Umwelt: Verbrauch WLTP 26,3/Test 28,4 kWh/100 km, 0/0 g/km CO2, Energie A.
Preis: ab 84'900 Franken

Antrieb: 2 E-Motoren, 300 kW (408 PS), 760 Nm@1/min, 1-Stufen-Automat, Allrad, Akku 80 kWh (brutto)
Fahrleistungen: 0–100 km/h 5,1 s, Spitze 180 km/h (limitiert)
Reichweiten: WLTP/Test 414/366 km (Test min/max 213/398, Test saisonal Sommer/Herbst/Winter 367/387/328 km)
Masse: Länge/Breite/Höhe 4,76/1,88/1,62 m, Gewicht 2495 kg, Laderaum 500–1460 l
Umwelt: Verbrauch WLTP 26,3/Test 28,4 kWh/100 km, 0/0 g/km CO2, Energie A.
Preis: ab 84'900 Franken

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Weil Power und Reichweite bei E-Autos weit weniger zusammenhängen als bei Verbrennern, bietet der EQC satt Leistung. Die funktioniert wie ein Lichtschalter: Klick – volle Power. Wow! Mit 408 PS (300 kW) sind Sprints rasant erledigt. Gefedert ist der Stern-Stromer als sanfter Komfortgleiter, die 2,5 Tonnen sind gut gebändigt. Kurven? Kann er prima. Aber seine wirkliche Welt ist das wegen des Gewichts nicht, und ein 4,76-Meter-SUV bleibt auch elektrisch ein SUV.

Hoher Preis, wenig Kritik

Gefallen hat uns das «MBUX»-System mit seinen tags wie nachts blendfreien XL-Monitoren – variantenreich (Touchscreen, Touchpad, Sprache) bedienbar und noch von Knöpfen für Wichtiges gekrönt. Toll sind die Sprachassistenz («Hey, Mercedes, wie ist das Wetter in Bern?») und der «Ampelzoom», der uns vorne am Rotlicht Kopfverdrehen erspart. Alles sieht gut aus und fasst sich gut an, und im Sommer oder Winter kann man den EQC per App vorkühlen oder vorheizen.

Kritik? Der EQC ist mit 84'900 Franken teuer, aber doch günstiger als ein gleich starker Benziner. Er ist edel, aber man sieht hier und da, dass er eben «nur» ein elektrifizierter GLC ist. Das coole Styling führt dazu, dass der an sich geräumige Fond enger wirkt. Die Heckscheibe ist winzig (dafür die Rundum-Kamera gut), und die winzigen Sensortasten im Lenkrad sind leider ziemlich fummelig. Und nicht immer gelingt es dem EQC, die programmierte Strecke so gekonnt vorauszuahnen, dass seine Ladeort-Empfehlung ganz aufgeht – aber doch meistens.

Die Reichweite? Reicht!

Beim Laden merkt man, dass der EQC seit eineinhalb Jahren auf dem Markt ist: Neuere Nobelstromer laden schneller. An Schnellladern «saugte» der EQC mit 110 kW (üblich sind heute 150 kW), an der Wallbox mit 7,4 kW statt der üblichen 11 kW, aber inzwischen hat Mercedes bei neueren EQC auf 11 kW erhöht. Das Laden geht runde 45 Minuten von 10 auf 80 Prozent am Schnelllader, an der Wallbox etwa elf (neuere EQC acht) Stunden von 10 auf 100 Prozent. Klingt nach vielen Zwangspausen. Richtig ist: Auf Reisen muss man die einplanen. Richtig ist aber auch: Im Alltag lädt man quasi nebenher, wenn das Auto sowieso steht.

Je nach Saison und Fahrstil waren es bei uns im Schnitt zwischen 328 Kilometer an Reichweite im Winter, 387 im Herbst und im Durchschnitt 366 Kilometer. Über 400 Kilometer schafften wir mit dem Allradler nie, aber auch nur vier Mal blieben wir (z.B. deutsche Autobahn) unter 300. Defekte oder Pannen? Keine. Und der EQC macht schlicht Spass. Ein ganz normaler SUV, nur elektrisch.

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