So cool war der Hybrid-Pionier noch nie
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Toyota Prius Plug-in-Hybrid:Testbericht der Blick-Redaktion

Neuer Toyota Prius schon gefahren
Hybrid-Pionier startet in eine neue Ära

Vom biederen Hybrid-Vorreiter zur coolen Plug-in-Limousine: Toyota legt den Prius zum fünften Mal neu auf und lässt dabei kein Bauteil auf dem anderen. Blick konnte den neu aufgelegten Hybrid-Pionier ein halbes Jahr vor Marktstart bereits ausprobieren.
Publiziert: 28.01.2023 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.01.2023 um 16:20 Uhr
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Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Hoch gestreckte Daumen von jungen Rollerfahrern, verrenkte Köpfe am Strassenrand, anerkennend lächelnde Gesichter an der Ampel. Was sich nach der Fahrt in einem Sportwagen anhört, ist uns letzte Woche im neuen Toyota Prius in den Vorstädten Athens passiert. Ausgerechnet im Prius, der nie wegen seines Designs, sondern seiner Technik für Furore sorgte. Als 1997 die erste Generation auf den Markt kam, ahnte noch niemand, dass die biedere Kompakt-Limousine zum Pionier einer ganzen Sparte werden sollte – Toyota etablierte mit dem Prius den Hybridantrieb in der Auto-Massenproduktion.

Sein Antriebsgeheimnis: Ein Elektromotor, der von Rekuperationsenergie aus einer kleinen Batterie versorgt wird, unterstützt den Benziner und sorgt so für effizientes Vorankommen. Im Sommer kommt die mittlerweile fünfte Generation des Hybrid-Pioniers zu uns. Doch, und das ist das erstaunliche, ohne seinen klassischen Hybridantrieb! Neu fährt der Prius in Europa nur noch als aufladbarer Plug-in-Hybrid zu den Händlern. Doch warum dieser radikale Schritt weg von der Technologie, die das Modell bekannt machte? Die Erklärung ist simpel: Lange Zeit war der Prius der einzige Hybrid im Angebot – auch bei Toyota. Doch in den letzten Jahren erlebte die Technik einen regelrechten Boom – 80 Prozent aller verkauften Toyotas in Europa sind mit einem Hybridsystem ausgestattet. Der Prius wäre nur noch einer von vielen gewesen – deshalb soll er mit neuem Look und neuer Technik andere Zielgruppen ansprechen.

Prius wird kürzer und flacher

Bieder oder überzeichnet wie früher ist am neuen Prius nichts mehr. Im Gegenteil: So cool wie der neue war der Prius definitiv noch nie! Seine berühmt-berüchtigte Keilform ist in Grundzügen zwar noch zu erkennen. Doch dank geringerer Höhe (–5 cm), weniger Länge (–4,6 cm) und gewachsenem Radstand (+5 cm) wirkt der nun 4,60 Meter lange Prius viel dynamischer. Die breitere Spur (+2,2 cm) wird optisch an der Front im «Hammerkopf»-Design und der durchgängigen Lichtleiste am Heck unterstrichen. Wer sich den Prius dann auch noch im auffälligen Gelb unseres Testwagens in die Einfahrt stellt, hat die Aufmerksamkeit nicht nur der Nachbarn auf sicher.

In seiner fünften Generation ist der Toyota Prius nicht wiederzuerkennen: Aus dem biederen, zum Teil überzeichneten Hybrid-Vorreiter ist eine coole Plug-in-Limousine geworden.
Foto: Jeroen Peeters
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Richtig interessant wirds im Innenraum: Trotz weniger Länge gibts mehr Platz im Kofferraum, weil die Batterie nun unter der Rückbank sitzt. Doch auch die 284 Liter reichen kaum für mehr als zwei grössere Taschen. Und während im Fond die Beinfreiheit wächst und absolut in Ordnung geht, wirds am Kopf für Passagiere über 1,80 Meter richtig knapp. Zum Familienauto wird der neue Prius nicht. Im Cockpit sticht zuerst der grosse 12,3-Zoll-Touchscreen ins Auge, der das mit vielen Knöpfen und Hartplastik versehene Interieur deutlich aufwertet. Ein Head-up-Display ist aufgrund der hochgesetzten Digitalinstrumente nicht zu haben.

E-Motor sorgt für Punch

Ein Hauch Nostalgie gibts direkt ab Start: Wie bei allen zuvor ist auch im neuen Prius das Surren des E-Antriebs leise im Hintergrund zu vernehmen. Ansonsten besticht der Toyota mit äusserst tiefem Geräuschniveau – und richtig viel Punch! Der E-Motor allein wuchtet im EV-Modus bis zu 120 kW (163 PS) auf die Vorderachse, was beim allzu ruppigen Tritt aufs Gas zum gelegentlichen Scharren der Vorderräder, aber vor allem richtig flotten Vorankommen führt. Kein Wunder, leistet die neue Elektro-Maschine doch nur schon deutlich mehr als die 122 PS Systemleistung des Plug-in-Vorgängers.

Wir wechseln vom EV- in den HV-Modus, in dem beide Motoren zusammenspannen und maximal 223 PS (164 kW) bereitstellen. Das Einsetzen des Benziners geschieht fast unbemerkt. Doch wenn wir die volle Leistung fordern, meldet sich auch im neuen Prius Toyotas stets das stufenlose CVT-Getriebe unüberhörbar zu Wort. Fahrspass ist dennoch angesagt: Die rund 1,6 Tonnen schwere Limousine saust in 6,8 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht maximal 177 km/h. Auf den kurvigen Strassen entlang der griechischen Mittelmeerküste kann auch die direkte Lenkung überzeugen.

Viel Leistung, wenig Verbrauch

Die deutlich auf 13,3 kWh Kapazität gewachsene Batterie sorgt im Idealfall für fast 70 Kilometer rein elektrische Fahrt. Ganz so viel schafften wir auf der knapp 107 Kilometer langen Teststrecke nicht, staunen aber dennoch beim abschliessenden Blick auf die Verbrauchsanzeige: 2,3 l/100 km können sich wirklich sehen lassen, auch wenn der Wert – wie bei Plug-in-Hybriden üblich – deutlich über den 0,8 l/100 km aus dem WLTP-Messzyklus liegt. Das Verhältnis aus Leistung und Verbrauch ist im neuen Prius aber allemal gelungen.

Marktstart im Sommer

Nichts zu meckern? Doch, Kleinigkeiten: Dass wir die warnende Stimme beim Überschreiten der angegebenen Höchstgeschwindigkeit vor jeder Fahrt wieder aufs neue deaktivieren müssen, ist genauso nervig wie die verschiedenen Rekuperationsstufen des E-Systems, die nur über ein Untermenü am Lenkrad verstellt werden können. Vielleicht lassen sich die Techniker bis zum Start im Sommer dafür noch eine bessere Lösung einfallen. Doch ansonsten ist der neue Prius ein wirklich gelungenes Auto, das zu Preisen ab wohl rund 45'000 Franken auch als Plug-in-Hybrid seine Fans finden dürfte.

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