«Das Bike ist für jüngere, sportliche Velofahrer ausgerichtet»
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E-Bike Ampler Axel im Test:«Das Bike ist für sportliche Velofahrer ausgerichtet»

Neues Ampler Axel im Test
Dieses Velo will kein richtiges E-Bike sein

Im Sommer hat das estnische E-Bike-Start-up Ampler den ersten Schweizer Showroom in Zürich eröffnet. Im Test nehmen wir das vor Coolness strotzende Modell Axel unter die Lupe. Es macht vieles richtig gut – aber nicht alles.
Publiziert: 01.10.2022 um 05:21 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2023 um 16:32 Uhr
Andreas Engel

Zu schwer, zu klobig und schlecht zu fahren. Als Ardo Kaurit (31) vor sieben Jahren eine grosse Velomesse in Süddeutschland besucht, ist er erstaunt, wie wenig überzeugende E-Bikes es auf dem Markt gibt. Zu dem Zeitpunkt tüftelt der Estländer gemeinsam mit zwei Kollegen bereits an seinem eigenen Elektro-Velo. Es soll das Gegenteil von dem werden, was die Hersteller damals anboten: ein leichtes, agiles Zweirad, dem man gar nicht ansieht, dass es über E-Unterstützung verfügt, das aber trotzdem für längere Pendlerstrecken taugt.

Ein Jahr und einige entwickelte Prototypen später, es ist Frühsommer 2016, gründen die drei Kollegen offiziell die Marke Ampler (deutsch: Verstärker) – der Beginn einer Erfolgsgeschichte: Aus drei sind mittlerweile mehr als 160 Mitarbeitende geworden; das junge Start-up besitzt eigene Showrooms in Amsterdam, Berlin, Köln sowie Tallinn – und seit Frühjahr 2022 auch einen an der Badenerstrasse in Zürich. Aus einem Modell und anfänglich weniger als 100 Velos sind fünf unterschiedliche Modelle mit einem Produktionsvolumen von mehreren tausend Stück pro Jahr geworden. Mittlerweile ist schon die zweite Generation an Ampler-E-Bikes auf dem Markt.

Das brandneue Axel konnten wir nun einem ausführlichen Test unterziehen. Besonders gespannt waren wir, inwieweit sich das Bike gegenüber der ersten Generation verbessert hat. Denn bereits im letzten Jahr konnten wir das Modell Stout der ersten Generation testen. Unser durchzogenes Urteil: ein hübsches, flottes Velo für die Stadt – aber für anspruchsvolle Touren mit vielen Steigungen nicht geeignet. Konnte Ampler beim Antriebssystem nachlegen?

Vor sechs Jahren hat Ardo Kaurit das E-Bike-Start-up Ampler gegründet. Seit diesem Sommer sind die Estländer mit eigenem Showroom in Zürich vertreten.
Foto: Philippe Rossier
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Endlich mit Display

Erster Eindruck im Zürcher Showroom: Wow, ist das wirklich ein E-Bike? Das schlanke Axel verzichtet auf sämtlichen Schnickschnack und wiegt lediglich 16,3 Kilo. Dennoch ist alles Nötige dran: Serienmässig gibts Frontleuchte und im Schutzblech chic integriertes Rücklicht – die Busse fürs Fahren ohne Licht droht schon mal nicht. Das Bike überzeugt mit hoher Verarbeitungsqualität und hat gegenüber der ersten Generation einen entscheidenden Vorteil: Neu ist bei allen Ampler-Modellen ein kleines Display im Rahmen eingelassen, über das Infos wie Reichweite, gefahrene Strecke oder Unterstützungsstufe angezeigt werden. Cool: Mittels Ampler-App 2.0 fungiert das Smartphone nicht nur als Tacho oder Navi, sondern es können auch Fahrstatistiken eingesehen und das Bike bei Diebstahl getrackt werden.

Per Knopfdruck starten wir das Elektro-System und wählen Stufe 1 aus, in der der Heckmotor maximal 70 Prozent seiner Leistung (250 Watt, 45 Nm) zur Verfügung stellt. Nach dem ersten Tritt auf die Pedale dauerts – wie bei Hinterradnaben-Motoren üblich – eine Gedenksekunde, bis die Unterstützung einsetzt. Dies geschieht dank Drehmomentsensor nicht ruckartig, sondern sanft und sorgt trotz der Unterstützung für ein natürliches Fahrgefühl wie auf einem gewöhnlichen Velo.

Stadt ja, Berge nein

Im urbanen Umfeld fühlt sich Axel wohl: Dank Mini-Gewicht ist das Bike ultra wendig und lässt sich agil um enge Kehren zirkeln. Hier wird Fahrspass grossgeschrieben! Beim Komfort gibts dafür leichte Abzüge: Wegen der schmalen Reifen und fehlender Federgabel ist bei Tramschienen und höheren Absätzen Vorsicht geboten. Eine Eigenart des Axel ist der laufruhige und wartungsarme Singlespeed-Riemenantrieb: Für die Stadt optimal, hat die nicht anpassbare Übersetzung auch einen Nachteil: Sobald die Steigungen steiler werden, muss man ordentlich in die Pedale treten, um einigermassen zügig voranzukommen – selbst bei höchster Unterstützungsstufe 2. Und: Wer stets volle Unterstützung braucht, schafft auf dem Axel kaum mehr als 40 Kilometer. Im Test, vorwiegend auf Stufe 1, kamen wir auf rund 60 Kilometer – Ampler spricht von maximal 70.

Grosser Pluspunkt: Wenn der 336-Wh-Akku unterwegs zur Neige geht, kann das Axel bequem auch ohne E-Unterstützung gefahren werden – bei den meisten anderen E-Bikes ist das nur mit enormem Kraftaufwand möglich. Der im Rahmen integrierte Akku kann zum Laden (Vollladung ca. 2,5 h) allerdings nicht herausgenommen werden. Bedeutet: Entweder muss das Axel direkt im Velokeller an die Steckdose gehängt oder in die Wohnung getragen werden.

Blick-Fazit

Das Ampler Axel ist ein schickes, sehr hochwertig verarbeitetes Citybike für ein eher jüngeres Publikum, das gerne sportlich unterwegs ist und oft auch grössere Distanzen im urbanen Umfeld zurücklegt. Für Leute, die mehrheitlich am Wochenende auf lange Velotouren im bergigen Alpenvorland gehen, ist es hingegen eher nicht geeignet. Der Preis von 2990 Franken mag für den spezifischen Nutzungszweck zuerst hoch erscheinen. Verglichen mit der Konkurrenz und anderen, nicht so qualitativ hochwertigen E-Bikes ist er aber durchaus gerechtfertigt.

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