«Am besten kann ich jetzt nach Hilfe rufen»
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Beat Schlatter auf Französisch:«Am besten kann ich jetzt nach Hilfe rufen»

Beat Schlatter machts auf Französisch
«Ich war schon in der Schule ein hoffnungsloser Fall»

Plötzlich ist alles französisch: In der neuen Komödie «Bon Schuur Ticino» hat Beat Schlatter (62) als Bundesbeamter die Aufgabe, die neue Landessprache durchzusetzen. Der Film läuft morgen an.
Publiziert: 29.11.2023 um 00:04 Uhr
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Aktualisiert: 29.11.2023 um 10:17 Uhr
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Stell dir vor, ab morgen müsstest du deinen Kaffee auf Französisch bestellen und auch bei der Arbeit in die andere Landessprache switchen: so das Szenario in der neuen Komödie mit Beat Schlatter (62) von Regisseur Peter Luisi (48). Grund dafür ist die Volksabstimmung «No Bilingue», die nur noch eine Landessprache will und das ist ausgerechnet Französisch – die Sprache, mit der sich Schlatter bereits in der Schule nur schwer anfreunden konnte.

Blick: Wie steht es mit Ihren Französisch-Kenntnissen?
Beat Schlatter: Ich war schon in der Schule in jeder Beziehung ein hoffnungsloser Fall. Mein Vater wollte mich deshalb in ein Welschlandjahr zu einem Bauern schicken. «Dann kannst du nachher wenigstens gut Französisch, das bringt dich weiter im Leben», sagte er zu mir. Aber auf dem Pausenplatz in der Ecke hinter der Turnhalle interessierten mich damals die coolen Jungs, die in einer Rockband spielten und rauchten, mehr als ein Bauer und seine Kühe im Welschland. Heute würde ich mich anders entscheiden.

Erinnern Sie sich an Ihren ersten französischen Satz?
Ja, aber der war nicht aus der Schule, dort habe ich in Sachen Französisch nichts gelernt. Als ich als 16-Jähriger mit meinem damaligen Freund, das erste Mal ins Welschland in die Ferien fuhr, war der einzige Satz, den wir konnten: «Voulez-vous coucher avec moi?» Wir dachten, dieser Satz sei der absolute Türöffner in der Romandie, so quasi die Rolltreppe in den Himmel.

Beat Schlatter bringt seine neue Komödie «Bon Schuur Ticino» raus.
Foto: Linda Käsbohrer
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Was haben Sie dank dem Film dazugelernt?
Zuerst glaubte ich, mit Google-Translate Französisch lernen zu können, bis mir irgendwann meine Managerin sagte, dass die Worte zwar stimmen, aber die Reihenfolge nicht. Also lernte ich nochmals alles neu. So ging ich selbstsicher auf die erste Probe. Mein Filmfreund aus der Romandie, Vincent Kucholl, hat mich nochmals korrigiert und mir die Sätze korrekt in ein Aufnahmegerät hinein gesprochen, sodass ich zu Hause erneut schlaflose Nächte hatte.

Punkto Französisch haben wir hier fast alle einen Komplex, was könnte man dagegen tun?
Vielleicht mit einer Gotte oder einem Götti aus dem Welschland und umgekehrt. So, dass wir möglichst früh mit der anderen Kultur und Sprache in Kontakt kommen und einen lebendigeren Bezug dazu haben. Das ist doch besser, als wenn wir Englisch miteinander sprechen müssen, um uns im eigenen Land zu verstehen.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen mit der französischen Landessprache für alle?
Das ist vier Jahre her, bei einem Abendessen haben wir darüber diskutiert, welcher Graben der grössere ist, der zwischen Stadt und Land oder der sprachliche. Und warum es diesen Rösti-Graben überhaupt gibt und wir gegenseitig so wenig Anteil an unseren unterschiedlichen Kulturen nehmen.

Und der Plot?
Für eine gute Komödie braucht es eine Hauptfigur, mit der sich viele identifizieren können. Die lässt man dann in möglichst grosse Konflikte reinlaufen. So wie der Bundesbeamte Walter Egli, der selber kaum Französisch kann, aber das neue Gesetz der einheitlichen Landessprache durchsetzen muss.

In Ihren Rollen tauchen sie tief in die Schweizer Seele ein, sei als Schwinger oder eben als Beamten-Bünzli. Wo ist der Punk in Ihnen geblieben?
Ein Beamter, der aus einem fahrenden Zug eine Bombe wirft und die Schweiz vor dem Bürgerkrieg rettet, ist kein Bünzli. Und ein Punk bin ich schon lange nicht mehr. Unsere vier Landessprachen gehören zu unserem Kulturgut. Sie in Frage zu stellen ist frech – und womöglich zeigt sich darin eine subversive Qualität aus meiner Punkzeit. Der Film ist aber eine Liebeserklärung an die Vielfalt unserer Sprachen.

Humor auf die Leinwand bringen, wie schwierig ist das?
Vor dem Humor kommt bei mir immer die Glaubwürdigkeit. Das ist das Schwierigste bei einer Komödie. Sobald ich diese erarbeitet habe und ich in meiner Rollenfigur glaube, was ich tue, und was ich sage, fliegt mir der Humor zu.

Wie wird aus so einer Schnapsidee ein Film, einer der sogar noch Förderung bekommt?
Eine Idee wird erst wertvoll, wenn man daraus etwas macht. Die Arbeit von der Idee bis zum fertigen Film dauerte sechs Jahre. Mit Peter Luisi habe ich schon zusammen die Komödie «Flitzer» entwickelt. Nicht viele Regisseure wagen es, so wie er, eigene Geschichten zu erzählen. Dass bei der Premiere Bundesrat Ignazio Cassis und Nationalratspräsident Martin Candinas Reden halten, zeigt, dass wir ein Thema getroffen haben, das hierzulande wichtig ist. Das Landesmuseum macht zeitgleich eine Ausstellung zum Sprachenland Schweiz.

Ein bisschen erinnert mich der Plot an die Schweizermacher mit Emil.
Das höre ich nicht das erste Mal. Es gibt durchaus Parallelen, weil auch Schweizer Eigenheiten aufs Korn genommen werden, die einen wahren Kern haben. An einen solchen Erfolg anknüpfen zu können wäre grandios, fast eine Million Zuschauer haben den Film im Kino gesehen. Seit 1978 hat sich aber einiges verändert, inzwischen kann man sich Filme überall anschauen.

Sind Sie selber Kinogänger?
Ja, absolut, so einmal die Woche sitze ich im Saal. Ein Kinoabend macht mich glücklich.

Vom Rocker zum Komiker

Beat Schlatter (60) ist in Rüschlikon ZH aufgewachsen. In seinem erlernten Beruf als Innendekorateur arbeitete er nie. Zuerst stand er als Rockmusiker auf der Bühne, bekannt wurde er 1984 mit der Gründung des Kabaretts Götterspass. Von 1991 bis 1996 arbeitete er für die Sendung «Kassensturz», in dieser Zeit entstanden die Bingo-Abende mit ausgefallenen Preisen. Sein erster Film «Katzendiebe» kam 1996 ins Kino, es folgten «Komiker» (2000), «Hoselupf» (2011) oder «Flitzer» (2017), bei denen er jeweils auch fürs Drehbuch mitverantwortlich war. Für die Stücke «Die Bank-Räuber», «Polizeiruf 117» und aktuell «Ab die Post» steigt er nicht nur auf die Bühne, sondern trägt auch als Autor Verantwortung. Zudem gibt Schlatter regelmässig Bücher heraus. Er ist seit 2011 mit Mirjam Fischer verheiratet und lebt im Zürcher Niederdorf.

Siggi Bucher

Beat Schlatter (60) ist in Rüschlikon ZH aufgewachsen. In seinem erlernten Beruf als Innendekorateur arbeitete er nie. Zuerst stand er als Rockmusiker auf der Bühne, bekannt wurde er 1984 mit der Gründung des Kabaretts Götterspass. Von 1991 bis 1996 arbeitete er für die Sendung «Kassensturz», in dieser Zeit entstanden die Bingo-Abende mit ausgefallenen Preisen. Sein erster Film «Katzendiebe» kam 1996 ins Kino, es folgten «Komiker» (2000), «Hoselupf» (2011) oder «Flitzer» (2017), bei denen er jeweils auch fürs Drehbuch mitverantwortlich war. Für die Stücke «Die Bank-Räuber», «Polizeiruf 117» und aktuell «Ab die Post» steigt er nicht nur auf die Bühne, sondern trägt auch als Autor Verantwortung. Zudem gibt Schlatter regelmässig Bücher heraus. Er ist seit 2011 mit Mirjam Fischer verheiratet und lebt im Zürcher Niederdorf.

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Nochmals zurück zu den Sprachen. Nehmen wir an, Sie müssten sich fürs Tessin oder Welschland entscheiden, wo würden Sie hinziehen?
Von der Mentalität her bin ich wohl eher der Tessiner. Offen, lebendig, ein Geniesser, einer der am Morgen nicht so früh anfängt. Das sind natürlich lauter Klischees von uns Deutschschweizern. Im Film sind die Tessiner die Rebellen, die wollen keinen Camembert machen.

Was ist mit der Romandie?
Ich bin sehr gerne dort, weil mich keiner kennt. Ob in Lausanne, Vevey oder Genf, ich kann mich dort bewegen, wie jeder andere. Und jetzt habe ich dort auch noch Schauspiel-Kollegen, die ich besuchen kann. Mein Vater hat mich mal mit in den Jura genommen, um Absinth zu trinken, das war damals noch illegal. Aber keiner hat in der Bar verstanden, was wir wollten.

Welche Sprache ist Ihnen näher?
Ich kann beide nicht besonders gut. Wenn ich aber eine lernen müsste, dann Italienisch. Es dünkt mich ein bisschen einfacher.

«Bon Schuur Ticino» kommt am 30. November in die Kinos. 

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