60 Jahre Beat Schlatter
Vom Punk zum Prediger

Er wollte Rockmusiker werden, bis er seine Leidenschaft für Komik entdeckte: Beat Schlatter feiert seinen 60. Geburtstag und öffnet für uns sein Fotoalbum.
Publiziert: 02.05.2021 um 14:47 Uhr
Katja Richard

In einem Alter, in dem sich andere auf die Frühpensionierung freuen, kann es Beat Schlatter (59) kaum erwarten, bis es wieder losgeht mit dem kulturellen Leben. «Ich habe mich schon viermal gefreut und hoffe, dass es jetzt wirklich klappt.» Seine Theater-produktion «Ab die Post» ist in den Startlöchern. Es ist nur eines von vielen Projekten, die Schlatter in den letzten Jahrzehnten zum Fliegen gebracht hat. «Für mich war und ist meine Arbeit kein Müssen – an Ideen und Motivation fehlt es mir nie.» Lustige Ideen haben viele. Schlatter verfolgt seine Einfälle konsequent weiter. Erfolgreich sind sie nicht immer – aber sehr oft.

Der Zauber von «Bin gleich zurück»

Sein Erfolgsrezept? «Am Anfang steht die Idee, dann der Glaube daran und die Lust, sie umzusetzen. Mir geht es immer um Leidenschaft.» Lust auf einen konventionellen Beruf hatte Schlatter nie. Als ihn sein Vater nach Bewerbungen für Lehrstellen fragte, träumte er von einem eigenen Laden. «Was für einer, das war mir völlig wurscht. «Ich wollte einfach ein ‹Bin gleich zurück›-Schild an die Türe hängen können.»

Diese drei magischen Worte sind für Schlatter das, was es für Kreativität und Kunst braucht. Die Möglichkeit, sich eine Auszeit vom Alltag zu nehmen und dem Strudel der Zeit zu entfliehen, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Das Leben als Künstler bedeutet für ihn Freiheit.

Punk. Als 20-Jähriger spielte Schlatter bei den Frauen-Punks Liliput – als einziger Mann. Als Hahn im Korb lebte Schlatter hier seinen Traum vom Rockmusiker. Schlagzeug hatte er in der Musikschule gelernt. «An Ostern und Pfingsten trat ich auch mit der örtlichen Blasmusik auf.» Schlatter zeigte schon damals keine Berührungsängste.
Foto: zvg
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Jede Begegnung eine Inspiration

Eigentlich wollte Schlatter Rockmusiker werden, entdeckte dann aber bald seine Gabe, Menschen zum Lachen zu bringen. Sein Gespür für komische Situationen setzt er vielfältig ein – als Schauspieler, in der Werbung, im Sägemehl oder auf der Kanzel. Berührungsängste kennt er keine: «Für mich ist jede Begegnung – sei es mit einem Pfarrer, Sportler oder CEO – eine Keimzelle für Kreativität.»

Am 5. Mai feiert er seinen 60. Geburtstag. Er öffnet sein Fotoalbum für SonntagsBlick und blickt zurück.

Punk. Als 20-Jähriger spielte Schlatter in verschiedenen Bands, beispielsweise bei den Frauen-Punks Liliput – als einziger Mann. «Mein Glück war, dass sie keine Schlagzeugerin gefunden haben.» Als Hahn im Korb lebte Schlatter hier seinen Traum vom Rockmusiker. Schlagzeug hatte er in der Musikschule gelernt. «An Ostern und Pfingsten trat ich auch mit der örtlichen Blasmusik auf.» Schlatter zeigte schon damals keine Berührungsängste.

Göttlicher Spass. Aller Anfang ist schwer. Mit dem Kabarett Götterspass tingelte Schlatter von einer Kleinbühne zur nächsten – der Durchbruch gelang erst mit einem Auftritt in «Benissimo». «In den Anfängen lebte ich zuerst in einem Keller und später im Dachstock des Restaurants Zeughauskeller. Die Besitzer hatten Mitleid mit mir und haben mich durchgefüttert.» Schlatter durfte mit dem Personal Essen, immer um 11 und 17 Uhr antraben.

Katzendieb. Ob Schlatter in seiner Punkzeit tatsächlich Büsi aus Altersheimen entführte, um Geld zu erpressen, das bleibt sein Künstler-Geheimnis. Tatsache ist, dass aus dieser Idee sein erster Film entstanden ist. Katzen könne man tatsächlich dressieren. «Wir hatten eine Spezialistin aus England am Set. Im Gegensatz zu mir, hatten die Katzen am Set einen geheizten Wohnwagen.»

Witz-Match. Inspiriert hat ihn der Erfolg der Guschti-Brösmeli-Witze. Also zog Schlatter mit einem Mini-Disc-Gerät los und liess Freunde und Prominente Witze erzählen. Roger Federer (39) erwischte er in der Maske bei SRF. «Beim Witz musste ich ihm etwas auf die Sprünge helfen.» Später konnte er dem Tennis-Star eine Tantieme von 12.80 Franken überweisen.

Frau Fischer. Vor zehn Jahren ist Schlatter in den Hafen der Ehe eingelaufen. Und wie es sich für ihn gehört, ist alles etwas unkonventionell: Geheiratet wurde im Brockenhaus, das Paar lebt getrennt in eigenen Wohnungen, und Schlatter nennt seine Liebste konsequent Frau Fischer. «Wir überlegen gerade, ob wir Dutzis machen sollen.»

Schwinger. Als ihn sein Trainer für den Dreh von «Hoselupf» an den Hosen packte, knackte es im Knie. «Es war ein Geräusch, wie wenn jemand mit der Pouletschere ein Mistkratzerli zerlegt», erinnert sich Schlatter. Den Sprung ins Sägemehl für den Dokfilm hat der Schauspieler trotz Bänderzerrung nie bereut. «Im Sägemehl ist mit den Bösen nicht zu spassen, doch ausserhalb sind echte Freundschaften entstanden.» Zum Beispiel mit Schwinger Christian Stucki (36), der in Schlatters Film «Flitzer» mitspielt.

Kanzel. Näher zu Gott brachte Schlatter eine Interview-Reihe mit reformierten Pfarrerinnen und Pfarrern. «Ich wollte endlich diesen Trick lernen, wie Jesus aus Wasser Wein gemacht hat», scherzt er. Aus den humoristischen und tiefsinnigen Gesprächen sind gute Beziehungen entstanden. «Seither lassen sie mich gelegentlich auf die Kanzel.»

Kunst. In Schlatters Altstadtwohnung gibt es nicht genug Wände für die vielen Bilder, die er von Schweizer Künstlern sammelt. Darunter auch mehrere Porträts von sich selbst – das erste stammt von Maler Andreas Dobler (57). «Wir haben uns bei einem Autounfall kennengelernt. Mitten in der Nacht sind wir danach zu Fuss nach Hause spaziert.» Daraus entstand ein Bild – und eine Freundschaft.


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