Basler Streetart-Künstler Bustart (37)
Er sprayt die grössten Wandgemälde der Schweiz

Die farbenfrohen Wandgemälde von Streetart-Künstler Bustart (37) sind riesig – sein grösstes ist 40 Meter hoch! Der Basler über seine Anfänge in der Graffiti-Szene, wieso er den Menschen nie die Bedeutung seiner Werke erklärt – und welche Stars seine Kunst kaufen.
Publiziert: 17.07.2021 um 19:59 Uhr
Streetart-Künstler Bustart vor seiner bemalten Wand in Basel.
Foto: STEFAN BOHRER
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Jennifer Bürgin

Dieses Kunstwerk ist kaum zu übersehen: An der Neudorfstrasse in Basel ziert ein riesiges Wandgemälde eines sich küssenden Pärchens die Mauer des Bell-AG-Gebäudes. Gemalt wurde es von Bustart. Der 37-jährige Basler ist Streetart-Künstler und nur mit Glück in seinem Atelier in der Stadt anzutreffen. Für seine Arbeit reist er regelmässig um die Welt, denn seine Wandgemälde stehen nicht nur in der Schweiz, sondern auch in den Städten Deutschlands, in den USA oder in Aserbaidschan.

Kleinere Versionen seiner Werke kann man auf Leinwand oder als Skulpturen erwerben. Auch Promis gehören zu seinen Kunden – darunter der amerikanische Rapper ASAP Rocky oder Ryan Tedder, Sänger der Band OneRepublic. Bustart erkennt man, und das ist ihm wichtig. Er hat lange an seinem Stil gefeilt, den er Graffiti-Pop nennt. Eine Kombination aus Pop-Art, die Sujets häufig comicartige Menschen mit knalligen Farbkontrasten und schwarzen Konturlinien, und Graffiti, also kunstvoll gestalteten Schriftzügen. Dazu kommen die Helden seiner Kindheit – Cartoon-Charaktere wie Mickey Mouse oder Bugs Bunny. Mit Unmengen an Spraydosen und eigens angefertigten Schablonen bringt er verschiedene Motive zusammen, sodass ein sogenanntes Mash-up – also ein bunter Mix – entsteht. So soll für jeden Betrachter etwas dabei sein, sagt der Basler.

Vom Sprayer zum Künstler

Angefangen hat Bustart 1999 mit klassischen Graffiti. Aus dieser Zeit stammt auch sein Künstlername, der sich aus dem englischen Wort für «erwischt» ableitet. In der Sprayer-Szene gab es keine Kurse oder Unterricht. Sein Können musste sich der Basler selbst erarbeiten. «Ich hätte schon beim ersten Bild fast aufgegeben, weil es nicht gut war. Es brauchte sicher vier Jahre, bis ich einigermassen malen konnte.» Da er nie gerne zur Schule ging, war an ein Kunststudium nicht zu denken. Stattdessen malte Bustart während seiner Lehre als Polymechaniker jeden Tag. «Mein Ziel war simpel: Ich brauchte Geld, um mehr Spraydosen zu kaufen.»

Weiterentwickelt hat sich sein Stil vor allem mit seinen Reisen. Ab 2005 begann Bustart bildnerische Elemente in seine Graffiti einzubauen. Dies ermöglichte es ihm, mit der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Trotz seiner Leidenschaft fürs Malen wäre er früher nie auf die Idee gekommen, Künstler zu werden. «Ich wusste damals gar nicht, dass es diesen Beruf gibt. Ich musste einfach malen. Ich konnte gar nicht anders,» so der 37-Jährige.

Lohn für seine Kunst bekam er erst, als Anfragen für Auftragsarbeiten bei ihm eintrudelten. 2011 zog Bustart mit seiner Frau nach Amsterdam. Ihm gefiel die Arbeitshaltung seiner holländischen Freunde. Arbeiten, um zu leben, und nicht umgekehrt. Faulenzen kam für den Streetart-Künstler nie in Frage. Seit sechs Jahren lebt er wieder in der Schweiz und hat ein zweijähriges Kind. Damit er sich und seine Familie mit seiner Kunst unterhalten kann, muss er schuften. «Das letzte Mal Ferien hatte ich 2005 – und mir wurde es nach zehn Minuten am Strand langweilig, und ich musste wieder malen. Aber mir gefällt das. Ich habe jeden Tag Sonntag und jeden Tag Montag», sagt er.

Das Museum im Freien

Sein Fleiss zahlt sich aus. Heute bekommt Bustart neben seinen eigenen Ausstellungen regelmässig gut bezahlte Aufträge. Besonders eindrücklich ist ein Wandgemälde namens «Departure» in Berlin. Es zeigt einen Piloten und ist 40 Meter hoch – sein bisher höchstes Werk. Es wurde anlässlich der Schliessung des Flughafens Berlin-Tegel vom Streetart-Museum Urban Nation in Auftrag gegeben. Das Thema sei zwar vorgegeben gewesen, doch bei der Gestaltung hatte Bustart viel Freiraum. «Ich passe meine Designs immer der Gegend an. Für «Departure» habe ich noch Bugs Bunny und Mickey Mouse dazu gemalt, denn in Berlin gibt es viele wilde Nagetiere.»

Für eine Wand in Vukovar in Kroatien suchte der Künstler nach heimischen Comics und informierte sich über die Geschichte des Landes. Manchmal treffe er sich mit den Nachbarn des Gebäudes, das er bemalt, und fragt sie nach ihren liebsten Cartoon-Figuren, um ihnen eine Freude zu machen. Ihm sei wichtig, dass seine Kunst den Leuten gefalle. «Streetart ist eine egoistische Kunstform. Meine Wände sind nicht zu übersehen, die Leute können nicht entscheiden, sie anzugucken, sondern werden durch deren Standort und Grösse fast dazu gezwungen. Meine Kunst braucht Menschen, um mit ihnen zu kommunizieren», so der Basler.

Die Interpretation ist jedem selbst überlassen

Eine Message habe er nicht, sagt Bustart. Viel wichtiger sei der persönliche Bezug, der jeder Betrachter zu seinen Werken aufbaue. Ein Beispiel dafür ist eines seiner bekanntesten Motive – das «Smurfface», also der Schlumpf mit dem zerknautschten Gesicht, den Bustart auch als 3D-Figur verkauft. Das Gesicht des Schlumpfes sei ein sogenannter Throw-up, also ein Schriftzug aus dem Graffiti, der seinen Künstlernamen darstellen soll. «Mir persönlich ist dieser Throw-up sehr wichtig, aber der Grossteil der Leute weiss nicht, was es sein soll», sagt der Basler. «Viele denken, es sei ein geschmolzenes Gesicht.» Für den Basler ist es wichtig, den Leuten ihre persönliche Interpretation seiner Kunst zu lassen.

Er freue sich jeweils auf die Gespräche, die entstehen, wenn die Leute mit ihm über seine Werke sprechen. Momentan sollte das eigentlich an seiner Ausstellung in New York der Fall sein, doch aufgrund Corona darf der Basler noch nicht einreisen. Ab Oktober geht es für ihn dann nach Hongkong, sollte sich die Pandemie bis dann etwas beruhigt haben. Doch auch zu Hause in der Schweiz wird Bustart sich zu beschäftigen wissen, denn etwas zu tun gibt es immer. Seit neustem gehört neben Wandgemälden, Leinwandwerken und Skulpturen auch digitale Kunst zu seinem Repertoire, für die sich auch Prominente interessieren. Manchmal könne Bustart seinen Erfolg selbst gar nicht glauben. «Plötzlich ist man in einem Zoom-Meeting mit Leuten, bei denen im Hintergrund Beyoncé durchläuft. Dann frage ich mich schon, was ich hier eigentlich mache», lacht der Basler. Grosse Kunst eben.

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