Familienweingüter unter Druck
Französisches Erbrecht bevorteilt Grosskonzerne

Das französische Erbrecht zwingt eine Burgunder Winzerfamilie, Teile ihrer Weinberge zu verkaufen. Der Staat freut sich über Steuereinnahmen und der Luxuskonzern LVMH vergrössert seine Marktposition.
Publiziert: 04.10.2024 um 14:02 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Französisches Erbrecht zersplittert Familien-Weingüter
  • Finanzstarke Grosskonzerne sind im Vorteil
  • 1,3 Hektar Rebberge für angeblich 15,5 Millionen Euro
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Im neuen Jahrtausend sind die Landpreise für Weinberge im Burgund regelrecht explodiert.
Foto: Getty Images
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Nicolas GreinacherRedaktor Wein DipWSET

Ein Teil vom Geist des vor über 200 Jahren verstorbenen französischen Herrschers Napoleon Bonaparte († 1821) weht noch immer über Frankreich – insbesondere im Bereich des Erbrechts. Dieses sieht vor, dass das Vermögen eines Elternteils nach dessen Tod gleichmässig unter den Kindern aufgeteilt wird.

Trotz einiger Anpassungen im Laufe der Zeit gilt dieses Gesetz weiterhin. Für Weingüter führte dies oftmals dazu, dass die Betriebe über die Jahrhunderte hinweg zersplitterten. Laut einem Bericht des französischen Magazins «Le Figaro» war eine Burgunder Familie für die Begleichung der hohen Erbschaftssteuern kürzlich sogar gezwungen, Teile ihrer Weinberge an einen Grosskonzern zu verkaufen.

Erdrückende Erbschaftssteuern in Frankreich

Im neuen Jahrtausend sind die Landpreise für Weinberge im Burgund regelrecht explodiert. Spitzenlagen wie Bonnes Mares Grand Cru wurden zeitweise für über 50 Millionen Euro pro Hektar gehandelt – das entspricht 5'000 Euro pro Quadratmeter. 

Die Familie Poisot besass insgesamt zwei Hektar Weinberge in renommierten Burgunder-Lagen wie Romanée-Saint-Vivant. Setzt man für diese Flächen einen theoretischen Marktwert von beispielsweise 1'000 Euro pro Quadratmeter an, ergibt das einen Gesamtwert von 20 Millionen Euro. Bei einer Erbschaftssteuer von rund 45 % wären neun Millionen Euro an den französischen Fiskus zu entrichten.

Doch welches kleine Familienweingut hat schon eine solche Summe auf dem Bankkonto? Anstatt sich zu verschulden, hat sich die Familie für eine andere Lösung entschieden: Einen Teil der Weinberge an einen Käufer abzugeben, der bereit ist, einen Preis zu zahlen, der es der Familie ermöglicht, sämtliche Steuerschulden zu begleichen. So übernahm der Luxusgüterkonzern LVMH etwa 65 % der Weinberge (rund 1,3 Hektar) für angeblich 15,5 Millionen Euro. Mit den verbleibenden 0,7 Hektar plane das Weingut weiterhin, eigenen Wein zu produzieren – zumindest bis zur nächsten Erbteilung.

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