Interview mit Ex-Chedi-Chefsommelier Moritz Dresing
«Ich entdecke Weine auch mal auf Instagram»

Zum vierten Mal in Folge hat das Chedi in Andermatt den Preis für die beste Weinkarte eingeheimst. Verantwortlich dafür zeichnete Moritz Dresing, der damalige Chefsommelier. Dazu: Die neuen Jahrgänge von vier Schweizer Topwinzern, deren Weine man im Chedi findet.
Publiziert: 21.04.2022 um 17:30 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2022 um 09:18 Uhr
Alain Kunz

Es ist nicht irgendeine Pappnasen-Jury, die die Swiss Wine List Awards verleiht, sondern eine Kooperation der Fachzeitschrift «Vinum» und des Schweizerischen Sommelierverbands. Also: Hochgradig. Und zum vierten Mal in Folge (!) waren sich die Fachleute einig: Das Chedi in Andermatt UR ist Nummer eins in der Kategorie Sommeliers Best, der Hauptkategorie. Dazu gewannen die Restaurants «The Restaurant» (14 GaultMillau-Punkte) und «The Japanese Restaurant» (16 GM-Punkte und ein Michelin-Stern) die Kategorien Gourmet & Sterne sowie Sparkling Wines. Wie macht das Sommelier-Quintett in Andermatt das bloss, denn die Konkurrenz ist in der Schweiz sehr gross? Ein Gespräch mit dem österreichischen Headsommelier Moritz Dresing, der diesen Job seit November 2019 versieht und in früheren Jahren unter anderem beim legendären Gordon Ramsay (55) in London gearbeitet hat.

Moritz Dresing, wie wichtig ist einem Österreicher der Schweizer Wein?
Sehr wichtig! Als ich vor zwei Jahren übernommen habe, hatten wir rund 1300 Positionen auf der Karte, davon 150 Schweizer. Mittlerweile sind es total 1700 Positionen, davon 270 aus der Schweiz. Und auch der Kanton Uri ist unterdessen vertreten.

Mit dem grossen Winzertalent Manuel Tresch vom Rosenberg.
Genau. Wir führen seinen Solaris gar im Offenausschank.

Chedi-Chefsommelier Moritz Dresing folgt den grossen Sommeliers dieser Welt auf Instagram, um neue Weine zu entdecken.
Foto: ALAIN KUNZ
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Sind alle Schweizer Kantone vertreten?
Nicht ganz. Fast.

Was fasziniert Sie an den helvetischen Gewächsen?
Ich finde die Schweizer Weinwelt superspannend! So zum Beispiel die Unterschiede zwischen den einzelnen Sprachregionen. Da gibts Einflüsse aus Frankreich, Italien und Deutschland. Das ist doch superdivers!

Die beste Weinkarte des Jahres: Wie wichtig sind solche Titel für Sie?
Bei den ersten beiden war noch mein Vorgänger federführend. Es ist ein schönes Gefühl, vor allem aber eine extreme Wertschätzung für die Arbeit, die wir das ganze Jahr über leisten.

Trinken Ihre Gäste fast schon ritualisiert immer dieselben Weine?
Wir haben ja viele wiederkehrende Gäste, und für die ist es schön, wenn sie das Gefühl haben nach dem Genuss eines Weins, den sie noch nicht kannten: Oh, wow! Da haben wir wieder was entdeckt! Wenn das dem Sommelier gelingt, macht er einen guten Job.

Wie geht der gute Sommelier dabei vor? Da ist doch ein ziemlicher Drahtseilakt zwischen Hilfe und Bevormundung?
Das Wichtigste ist: Wir versuchen nie, den Gästen unsere persönlichen Favoriten aufzudrängen. Wir kennen die Menüs der Restaurants in- und auswendig und haben da viel Spielraum. Das soll aber nicht heissen, dass wir unsere Meinung nicht sagen, wenn zum Beispiel jemand Rotwein zu asiatischen Gerichten bestellen möchte.

Und die wäre?
Wir raten davon ab. Am Ende entscheidet aber der Gast. Wir können unsere Handschrift vor allem bei den Menüs mit Weinbegleitung einbringen.

Das Chedi: Sawiris Alpentraum

Das Chedi am Fusse des Gotthards muss mittlerweile nicht mehr gross vorgestellt werden. Das Fünf-Sterne-Deluxe-Hotel zählt zu den interessantesten und spannendsten Häusern der Schweiz. Es ist ein Gesamt-Kunstwerk, dass das Versprechen, Swiss Alpine Chic mit asiatischen Elementen zu vermengen, hundertprozentig einzulösen vermag. Davon zeugen die 123 eleganten Zimmer und Suiten, exzellente Restaurants und Bars sowie ein einzigartiger Wellnessbereich auf 2400 Quadratmetern mit zehn Deluxe-Spa-Suiten und dem beheizten Outdoor-Pool mit Blick auf die Alpen. Das Hotel, das als erstes im Rahmen des Tourismusprojekts Andermatt Swiss Alps des ägyptischen Multimilliardärs Samih Sawiris (65) realisiert und 2013 eröffnet wurde, wurde 2017 von GaultMillau zum Hotel des Jahres gewählt

Alles ein bisschen dunkel im Chedi, auch die Reception. Was dem Hotel durchaus einen mystischen Schleier verleiht.
ALAIN KUNZ

Das Chedi am Fusse des Gotthards muss mittlerweile nicht mehr gross vorgestellt werden. Das Fünf-Sterne-Deluxe-Hotel zählt zu den interessantesten und spannendsten Häusern der Schweiz. Es ist ein Gesamt-Kunstwerk, dass das Versprechen, Swiss Alpine Chic mit asiatischen Elementen zu vermengen, hundertprozentig einzulösen vermag. Davon zeugen die 123 eleganten Zimmer und Suiten, exzellente Restaurants und Bars sowie ein einzigartiger Wellnessbereich auf 2400 Quadratmetern mit zehn Deluxe-Spa-Suiten und dem beheizten Outdoor-Pool mit Blick auf die Alpen. Das Hotel, das als erstes im Rahmen des Tourismusprojekts Andermatt Swiss Alps des ägyptischen Multimilliardärs Samih Sawiris (65) realisiert und 2013 eröffnet wurde, wurde 2017 von GaultMillau zum Hotel des Jahres gewählt

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Mit Ihrem Wissen brauchen Sie den Rat eines Sommelierkollegen bestimmt nicht, wenn Sie in ein Restaurant gehen?
Ganz im Gegenteil: Ich versuche mich immer beraten zu lassen.

Wie schaffen es neue Weine auf die Chedi-Karte?
Wir verkosten ständig Weine, kommen da kaum nach. Es werden uns dauernd Muster geschickt und Ende Jahr stapeln sich die Weine, die wir nicht bestellt haben.

Und wie suchen Sie aktiv nach neuen Weinen?
Ein Mittel ist zum Beispiel Instagram. Ich folge den grossen Sommeliers, die die Trends setzen. Denn wir wollen neben den klassischen Regionen und Weinen auch Trendiges auf der Karte haben, wie Etiketten aus dem Jura oder Orange-Weine.

Das ist ein schönes Privileg, wenn man die schönsten Weine der Welt zugeschickt erhält, um sie zu verkosten.
Das ist es, klar. Aber es bringt nichts, nur die besten der Welt zu probieren. Man muss die gesamte Bandbreite kennen, auch mal einen Chardonnay für zehn Franken. Das tun wir. Und danach diskutieren wir im Team. Vieles verkosten wir auch blind, um ein ehrliches Feedback zu haben, ohne jegliche Voreingenommenheit.

Sie sprechen von einem Zehn-Franken-Chardonnay. Aber auf Ihrer Karte scheint der Preis nicht die entscheidende Rolle zu spielen. Der günstigste Wein kostet 55 Franken. Ein Roero Arneis aus dem Piemont. Aber es ist eine halbe Flasche …
Wir versuchen schon auch Weine auf der Karte zu haben, die nicht 300 Franken kosten. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist uns sogar sehr wichtig, es ist der Grundstein der Karte. Wir wollen aber auch Gimmicks draufhaben, also Überraschendes. Das macht mir als Sommelier speziell Spass.

Was trinken Sie eigentlich am liebsten?
Auch gerne mal ein Bier. Ein Schweizer Bier …

Und wenn es Wein sein soll?
Zum Beispiel einen Syrah von René Rostaing von der Côte-Rôtie oder einen Hermitage von Jean-Louis Chave. Ich liebe deren Stilistik.

PS1. Moritz Dresing hat das Chedi vor wenigen Tagen verlassen. Was nichts am Umstand ändert, dass er zusammen mit seinem Team verantwortlich war für die aktuelle Weinkarte.

PS2. Das Chedi listet mittlerweile eine grosse Zahl an Schweizer Winzern. Hier die neuen Jahrgänge von vier Winzern, deren Gewächse man auf der besten Weinkarte der Schweiz findet.

Kopp von der Crone Visini: Tessiner Grandezza

Barbara Von der Crone und Paolo Visini aus Barbengo hoch über Lugano gehören zur absoluten Tessin-Elite. Kein Wunder werden ihre Weine im Chedi gelistet. Die Topweine Balin, Irto und Scala werden von den Parker-Degustatoren regelmässig mit 92 oder 93 Punkten bewertet. Zudem wurde der Scala 2018 im neuen italienischen Weinführer Vini d'Italia von Gambero Rosso als nur einer von zwei Tessiner Weinen mit den begehrten Tre Bicchieri bedacht. Das Weingut habe ich an dieser Stelle bereits ausführlich vorgestellt. Hier ein paar neue Jahrgänge:

  • Meridio 2020: 16,5/20 (26 Franken)
  • Scalin 2020: 16,5/20 (21 Franken)
  • Tinello 2020: 17/20 (26 Franken)
  • Scala 2019: Würzig, dunkle Beeren, knackig-schlank, elegant, sehr frisch, minim vegetabil, rechte Säure, leichte Adstringenz von den Tanninen, vertikal, nervig, schönes Finale. Score: 17,5/20 (47 Franken).
  • Balin 2019 (Foto): Tolle ausladende und komplexe Nase, Chriesi, Kräuter, Espresso, Frische, Power, viel Merlot-Typizität, hoch präzis, filigran, wahnsinnig elegant, Mundfülle, Superfinish. Score: 18,5/20 (49 Franken). Ein paar weitere Jahrgänge: 2018: 17,75/20. 2017: 18,25/20. 2016: 18,25/20. 2015: 18,25/20.

(Die Preise sind ab Hof: cantinabarbengo.ch. Die Weine sind auch erhältlich bei gerstl.ch)

Balin von Von der Crone Visini: schlicht einer der fünf besten Tessiner Merlots.
ALAIN KUNZ

Barbara Von der Crone und Paolo Visini aus Barbengo hoch über Lugano gehören zur absoluten Tessin-Elite. Kein Wunder werden ihre Weine im Chedi gelistet. Die Topweine Balin, Irto und Scala werden von den Parker-Degustatoren regelmässig mit 92 oder 93 Punkten bewertet. Zudem wurde der Scala 2018 im neuen italienischen Weinführer Vini d'Italia von Gambero Rosso als nur einer von zwei Tessiner Weinen mit den begehrten Tre Bicchieri bedacht. Das Weingut habe ich an dieser Stelle bereits ausführlich vorgestellt. Hier ein paar neue Jahrgänge:

  • Meridio 2020: 16,5/20 (26 Franken)
  • Scalin 2020: 16,5/20 (21 Franken)
  • Tinello 2020: 17/20 (26 Franken)
  • Scala 2019: Würzig, dunkle Beeren, knackig-schlank, elegant, sehr frisch, minim vegetabil, rechte Säure, leichte Adstringenz von den Tanninen, vertikal, nervig, schönes Finale. Score: 17,5/20 (47 Franken).
  • Balin 2019 (Foto): Tolle ausladende und komplexe Nase, Chriesi, Kräuter, Espresso, Frische, Power, viel Merlot-Typizität, hoch präzis, filigran, wahnsinnig elegant, Mundfülle, Superfinish. Score: 18,5/20 (49 Franken). Ein paar weitere Jahrgänge: 2018: 17,75/20. 2017: 18,25/20. 2016: 18,25/20. 2015: 18,25/20.

(Die Preise sind ab Hof: cantinabarbengo.ch. Die Weine sind auch erhältlich bei gerstl.ch)

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Erster Schaumwein in der Mémoire des Vins Suisses

Derzeit findet auf vielen helvetischen Renommier-Weingütern ein Generationenwechsel statt. Die Qualitäts-Pioniere, die am Ende des vergangenen Jahrtausends begannen, den Weinbau in der Schweiz zu revolutionieren und in ungeahnte Sphären zu führen, sind in die Jahre gekommen. Teils werden Kellereien verkauft, weil keine Familiennachfolge in Sicht war. Teils übernimmt die nächste Generation. Teils auch in Kollaboration mit der «alten». Wie bei den Adanks in Fläsch GR wo Sohn Patrick seinem Vater Hansruedi seit einiger Zeit zur Seite steht – und die Adanksche Weinpalette bereits nachhaltig verstärkt hat. Patrick hat im deutschen Geisenheim studiert und hospitierte in Betrieben im Burgund und der Champagne. Seine Liebe zu Schaumwein hat ihn dazu bewogen, einen eigenen zu kreieren. «Die Weine in der Champagne haben mich fasziniert. Das sind ganz grosse Weissweine, einfach mit Blöterli. Das wollte ich unbedingt auch bei uns machen. Und zwar selber. Nicht machen lassen. Dafür haben wir eigens Pinot Noir angepflanzt, den wir sehr früh lesen. Die ersten Weine lagerten zwei Jahre auf der Hefe. Das Ziel sind vier.» Und um das Platzproblem zu lösen, haben die Adanks einen alten Armeebunker gemietet, wo die Flaschen lagern. Das Resultat ist derart gut, dass die Adanks heuer in der Schweizer Renommiervereinigung Mémoire des Vins Suisses aufgenommen werden – mit ihrem Brut. Doch auch die anderen Weine sind spitze.

  • Adank Brut Blanc de Noir (Foto. 2019, offiziell non vintage): Tolle ausladende hefige Nase, rechte Briochenote, Zitrus, hohe Champagner-Typizität, mineralisch, wunderschöne präzise Perlage, herb, Fülle, knackig, frisch, kräuterig, Limetten, tolle Länge. Der beste Adank Brut bisher! Score: 18/20 (32 Franken)
  • Fläscher Chardonnay 2020: Exotisch, burgundisch, feingliedrig, Understatementwein mit viel Eleganz und Finesse, herb, Kräuter, rechte Power, wunderbarer Abgang. Score: 17,75/20 (38 Franken)
  • Blanc de Noir 2020: 16/20 (18.50 Franken)
  • Sauvignon Blanc 2018: Wunderschöne frische, florale, agrumige Nase, mineralisch, knackige Säure, hoch präzis, wieder Blumen, Veilchen, Limette, schönes Finish. Score: 17,25/20 (27 Franken)
  • Pinot Noir Barrique 2019: Kirschig, tief, Holzkohle, Kraft, Kräuter, hohe PN-Typizität, schlank-knackig, tief, süffig-crèmig, rund, mittellanges Finale. Score: 17,5/20 (35 Franken)
  • Pinot Noir Spondis 2019: Sortentypisch, rotbeerig, burgundisch, kräuterig, rote Kirschen, elegant, frisch, knackig, Flieder, ätherisch, spielerisch, laaang! Score: 17,75/20 (54 Franken)
  • Pinot Noir Herrenacker 2019: Starke Flintstone-Note, kräuterig, rotbeerig, knackig, königlich elegant, feingliedrig, tief, ätherisch, Mundfülle, frisch, wunderbares Finale. Score: 18/20 (79 Franken)

(Die Preise sind ab Hof: adank-weine.ch. Die Weine sind auch erhältlich bei gerstl.ch)

Der Brut von Adank wird der erste Schaumwein in der renommierten Winzervereinigung Mémoire des Vins Suisses sein.
ALAIN KUNZ

Derzeit findet auf vielen helvetischen Renommier-Weingütern ein Generationenwechsel statt. Die Qualitäts-Pioniere, die am Ende des vergangenen Jahrtausends begannen, den Weinbau in der Schweiz zu revolutionieren und in ungeahnte Sphären zu führen, sind in die Jahre gekommen. Teils werden Kellereien verkauft, weil keine Familiennachfolge in Sicht war. Teils übernimmt die nächste Generation. Teils auch in Kollaboration mit der «alten». Wie bei den Adanks in Fläsch GR wo Sohn Patrick seinem Vater Hansruedi seit einiger Zeit zur Seite steht – und die Adanksche Weinpalette bereits nachhaltig verstärkt hat. Patrick hat im deutschen Geisenheim studiert und hospitierte in Betrieben im Burgund und der Champagne. Seine Liebe zu Schaumwein hat ihn dazu bewogen, einen eigenen zu kreieren. «Die Weine in der Champagne haben mich fasziniert. Das sind ganz grosse Weissweine, einfach mit Blöterli. Das wollte ich unbedingt auch bei uns machen. Und zwar selber. Nicht machen lassen. Dafür haben wir eigens Pinot Noir angepflanzt, den wir sehr früh lesen. Die ersten Weine lagerten zwei Jahre auf der Hefe. Das Ziel sind vier.» Und um das Platzproblem zu lösen, haben die Adanks einen alten Armeebunker gemietet, wo die Flaschen lagern. Das Resultat ist derart gut, dass die Adanks heuer in der Schweizer Renommiervereinigung Mémoire des Vins Suisses aufgenommen werden – mit ihrem Brut. Doch auch die anderen Weine sind spitze.

  • Adank Brut Blanc de Noir (Foto. 2019, offiziell non vintage): Tolle ausladende hefige Nase, rechte Briochenote, Zitrus, hohe Champagner-Typizität, mineralisch, wunderschöne präzise Perlage, herb, Fülle, knackig, frisch, kräuterig, Limetten, tolle Länge. Der beste Adank Brut bisher! Score: 18/20 (32 Franken)
  • Fläscher Chardonnay 2020: Exotisch, burgundisch, feingliedrig, Understatementwein mit viel Eleganz und Finesse, herb, Kräuter, rechte Power, wunderbarer Abgang. Score: 17,75/20 (38 Franken)
  • Blanc de Noir 2020: 16/20 (18.50 Franken)
  • Sauvignon Blanc 2018: Wunderschöne frische, florale, agrumige Nase, mineralisch, knackige Säure, hoch präzis, wieder Blumen, Veilchen, Limette, schönes Finish. Score: 17,25/20 (27 Franken)
  • Pinot Noir Barrique 2019: Kirschig, tief, Holzkohle, Kraft, Kräuter, hohe PN-Typizität, schlank-knackig, tief, süffig-crèmig, rund, mittellanges Finale. Score: 17,5/20 (35 Franken)
  • Pinot Noir Spondis 2019: Sortentypisch, rotbeerig, burgundisch, kräuterig, rote Kirschen, elegant, frisch, knackig, Flieder, ätherisch, spielerisch, laaang! Score: 17,75/20 (54 Franken)
  • Pinot Noir Herrenacker 2019: Starke Flintstone-Note, kräuterig, rotbeerig, knackig, königlich elegant, feingliedrig, tief, ätherisch, Mundfülle, frisch, wunderbares Finale. Score: 18/20 (79 Franken)

(Die Preise sind ab Hof: adank-weine.ch. Die Weine sind auch erhältlich bei gerstl.ch)

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Höllische Doktorspiele

Die Pandemie brachte ihn an den Anschlag: Arzt Patrick Regamey, charismatischer Mitbesitzer des Weinguts Histoire d’Enfer in Corin oberhalb von Sierre VS. Nach wie vor praktizierte er in Genf. Auch als dort die Zahl der an Covid-19 Erkrankten in unermessliche Höhen schnellte. Das ging an die Substanz. Weshalb der Doc beschloss, vermehrt auf den (beschaulicheren) Job als Weinbauer zu setzen. Denn «sein» Weingut ist eine Erfolgsstory sondergleichen. 2008 von Regamey sowie den beiden umtriebigen Finanzberatern Alexandre Challand und James Paget gegründet, die zwischen Genf, London, Zürich und Sierre hin- und herpendeln, heimst es heute regelmässig Höchstnoten ein. Parker-Verkoster Stephan Reinhardt bewertet die Topweine regelmässig mit 92 und 93 Punkten.

  • Humagne Blanche Réserve 2019: 17/20 (30 Franken)
  • Petite Arvine Réserve 2019: Tolle frische, ätherische Nase, spitze Note von knackigen Früchten, auch Pfirsich, Schmelz, feingliedrig, elegant, perfekt harmonisch, easy, wunderbar trinkig und lang. Score: 18/20 (40 Franken)
  • Chardonnay Réserve Vieilles Vignes 2019: Dezent exotische Noten, viel Frucht, mineralisch, aber eine Understatement-Nase, Schmelz, enorme Eleganz, burgundisch-königlicher Glanz, ausgewogen, feingliedrig-leise, Superlänge fantastisch! Score: 18,5/20 (54 Franken)
    Pinot Noir L’Enfer de la Passion 2015 (Foto): Sortentypisch, sehr mineralisch, frisch, Power, Frucht, Tiefe, Druck, leicht erdig, Kräuter, irgendwo zwischen Herrschaft und Burgund, tief, total trinkig, superlang! Score: 18/20 (50 Franken)
  • Pinot Noir L’Enfer du Calcaire 2015 (leicht bräunlich geworden): Pinotig, ergo hoch typisch, Kräuter, rote Chriesi, leichte Reifenoten, Kraft, Tiefe, Eleganz, floral, Fülle ohne breit zu werden, tolles Finish. Score: 17,75/20 (58 Franken)
  • Syrah L’Enfer de la Patience 2017: Leicht zältlig, rechte Würze, Tiefe, Druck, Schmelz, samtene Textur, rechte Tannine, frisch, mittleres Finale. Score: 18/20 (54 Franken)
  • Cornalin L’Enfer du Calcaire 2017: Animalisch, total reduktiv, wild, erdig, etwas stinkig (Kuhfladen), Schmelz, knackige Säure, feinkörnige Tannine, leicht grün, tolles Finish. Score: 17,25/20 (54 Franken)
  • Diolinoir L’Enfer de la Passion 2017: 16,5/20 (39 Franken

(Die Preise sind ab Hof: histoiredenfer.ch. Die Weine sind auch erhältlich bei smithandsmith.ch)

Grossartiger Pinot Noir irgendwo zwischen Bündner Herrschaft und Burgund: L'Enfer de la Passion von Histoire d'Enfer.
ALAIN KUNZ

Die Pandemie brachte ihn an den Anschlag: Arzt Patrick Regamey, charismatischer Mitbesitzer des Weinguts Histoire d’Enfer in Corin oberhalb von Sierre VS. Nach wie vor praktizierte er in Genf. Auch als dort die Zahl der an Covid-19 Erkrankten in unermessliche Höhen schnellte. Das ging an die Substanz. Weshalb der Doc beschloss, vermehrt auf den (beschaulicheren) Job als Weinbauer zu setzen. Denn «sein» Weingut ist eine Erfolgsstory sondergleichen. 2008 von Regamey sowie den beiden umtriebigen Finanzberatern Alexandre Challand und James Paget gegründet, die zwischen Genf, London, Zürich und Sierre hin- und herpendeln, heimst es heute regelmässig Höchstnoten ein. Parker-Verkoster Stephan Reinhardt bewertet die Topweine regelmässig mit 92 und 93 Punkten.

  • Humagne Blanche Réserve 2019: 17/20 (30 Franken)
  • Petite Arvine Réserve 2019: Tolle frische, ätherische Nase, spitze Note von knackigen Früchten, auch Pfirsich, Schmelz, feingliedrig, elegant, perfekt harmonisch, easy, wunderbar trinkig und lang. Score: 18/20 (40 Franken)
  • Chardonnay Réserve Vieilles Vignes 2019: Dezent exotische Noten, viel Frucht, mineralisch, aber eine Understatement-Nase, Schmelz, enorme Eleganz, burgundisch-königlicher Glanz, ausgewogen, feingliedrig-leise, Superlänge fantastisch! Score: 18,5/20 (54 Franken)
    Pinot Noir L’Enfer de la Passion 2015 (Foto): Sortentypisch, sehr mineralisch, frisch, Power, Frucht, Tiefe, Druck, leicht erdig, Kräuter, irgendwo zwischen Herrschaft und Burgund, tief, total trinkig, superlang! Score: 18/20 (50 Franken)
  • Pinot Noir L’Enfer du Calcaire 2015 (leicht bräunlich geworden): Pinotig, ergo hoch typisch, Kräuter, rote Chriesi, leichte Reifenoten, Kraft, Tiefe, Eleganz, floral, Fülle ohne breit zu werden, tolles Finish. Score: 17,75/20 (58 Franken)
  • Syrah L’Enfer de la Patience 2017: Leicht zältlig, rechte Würze, Tiefe, Druck, Schmelz, samtene Textur, rechte Tannine, frisch, mittleres Finale. Score: 18/20 (54 Franken)
  • Cornalin L’Enfer du Calcaire 2017: Animalisch, total reduktiv, wild, erdig, etwas stinkig (Kuhfladen), Schmelz, knackige Säure, feinkörnige Tannine, leicht grün, tolles Finish. Score: 17,25/20 (54 Franken)
  • Diolinoir L’Enfer de la Passion 2017: 16,5/20 (39 Franken

(Die Preise sind ab Hof: histoiredenfer.ch. Die Weine sind auch erhältlich bei smithandsmith.ch)

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Winzer Patrick Thalmann von der Winzerei zur Metzg dekantiert an seinem Jahrestasting eine Magnum des Pinot Noirs Junior.
Foto: ALAIN KUNZ
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Winzerei zur Metzg: Bester Schweizer Wein des Jahrs 2021

Die Winzerei zur Metzg aus dem Zürcher Weinland habe ich an dieser Stelle auch schon detailliert vorgestellt. Schnelldurchlauf: Mit einigen Freunden entschliesst sich Banker Patrick Thalmann, das Risiko auf sich zu nehmen, eigene Weine zu machen. Das geschieht zuerst in einer ausgedienten Metzgerei, daher der Name zur Metzg. Das Ganze wird immer seriöser. Bis Thalmann 2015 zum Fulltime-Winzer wird. Er ist ein unermüdlicher Pröbler und hat zuletzt einen Paradigmenwechsel vollzogen. Nämlich nur noch High-End-Weine zu produzieren. Und diese zur Hauptsache in Allokation abzusetzen, weshalb die Idee ist, den Online-Shop demnächst zu schliessen Im Portfolio: nicht weniger als vier Pinot Noirs!

Der Erfolgt gibt Thalmann recht. Drei seiner Pinots sind von Parker mit 91 oder 92 Punkten bedacht worden, mit dem Kommentar von Stephan Reinhardt, Wein für reine Hedonisten zu sein. Ein Hedonist ist ein Lust-/Genussmensch ... Der Sauvignon Blanc 2015 erhielt erstaunliche 91 Punkte. Noch erstaunlicher: Der Top-Pinot aus einer Einzellage in Benken ZH namens Kirschberg, von dem gerade mal 2500 Fläschchen erzeugt werden, war der Schweizer Wein des Jahres des Fachmagazins «Vinum», von Chefredaktor Thomas Vaterlaus mit 18,5/20 Punkten bewertet! Hier wieder mal ein Querschnitt durch das Thalmannsche Schaffen.

  • Sauvignon Blanc Metzgermeisters private Reserve 2018: 17,25/20 (32.50 Franken)
  • Kirschberg weiss 2019 (100% Sauvignon Blanc, erster Jahrgang): Tolle exotische Nase, enorme Frucht, Pfirsich, vor allem aber Mandarinen und Aprikose, Zitrus, mineralisch, Schmelz, Passionsfrucht, Frische, nie überladen, schöne Säure, tolles Finale. Score: 17,75/20 (noch nicht erhältlich)
  • Pinot Blanc Metzgermeisters private Reserve 2018: Ausladend, gelbfruchtig, tief, floral, leicht vegetabil, rechte Power, Marzipan, Wachs, dann spürbare Holznoten, dezent zitrisch, Säure, hochgradig trinkig, elegant, tolles Finale. Score: 17,5/20 (das ist der letzte produzierte Jahrgang. Es hat für 22.50 Franken noch einige Flaschen, die unter info@winzerei-zur-metzg.ch bestellbar sind)
  • Chardonnay Metzgermeisters private Reserve 2018: 17,25/20 (komplett ausverkauft)
  • Borstig Kerl weiss 2018 (100% Räuschling): Wachsig, gelbfruchtig mit Ananasnoten, was für einen Räuschling erstaunlich ist, Zitrone, sehr mineralisch, leicht erdig, gewisse Härte zeigend, nasses Gestein, auch Honig, dezente Säure, was für einen Räuschling auch erstaunlich ist, Power, Nougat, Kräuter, Mundfülle und superlang. Score: 17,5/20 (49 Franken für Jahrgang 2016, der dieselbe Note erhalten hat. terravigna.ch)
  • Pinot Noir PMG 2018: 17,25/20 (32 Franken)
  • Pinot Noir Borstig Kerl rot 2018: Dezent floral, recht tief und mineralisch, Tabak, Power, Tiefe, gewisse herbe, leicht herbal-vegetabil, frisch, kräftig, Kirschen, ätherisch, Mundfülle, trinkig, schöner Abgang. Score: 17,5/20 (52 Franken für Jahrgang 2016, der, aus der Magnum degustiert, gar 18 Punkte erhalten hat. terravigna.ch)
  • Pinot Noir Kirschberg 2018: Komplex, tief, holzkohlig-rauchig, Power, expressiv, Kräuter, viel Kirschfrucht (Nomen est Omen …), Schmelz, burgundische Eleganz, dicht, präzise Säure, feinkörnige Tannine, konzentriert, Mundfülle, ätherisch, Superlänge – ein Power-Pinot! Score: 18,25/20 (85 Franken. terravigna.ch)

(Wo nicht anders angegeben, gibts die Weine unter winzerei-zur-metzg.ch. Am besten meldet man sich per Mail an: info@winzerei-zur-metzg.ch)

Für das Fachmagazin «Vinum» der Wein des Jahres 2021: Der Pinot Noir Kirschberg 2019 der Winzerei zur Metzg im Zürcher Weinland.
ALAIN KUNZ

Die Winzerei zur Metzg aus dem Zürcher Weinland habe ich an dieser Stelle auch schon detailliert vorgestellt. Schnelldurchlauf: Mit einigen Freunden entschliesst sich Banker Patrick Thalmann, das Risiko auf sich zu nehmen, eigene Weine zu machen. Das geschieht zuerst in einer ausgedienten Metzgerei, daher der Name zur Metzg. Das Ganze wird immer seriöser. Bis Thalmann 2015 zum Fulltime-Winzer wird. Er ist ein unermüdlicher Pröbler und hat zuletzt einen Paradigmenwechsel vollzogen. Nämlich nur noch High-End-Weine zu produzieren. Und diese zur Hauptsache in Allokation abzusetzen, weshalb die Idee ist, den Online-Shop demnächst zu schliessen Im Portfolio: nicht weniger als vier Pinot Noirs!

Der Erfolgt gibt Thalmann recht. Drei seiner Pinots sind von Parker mit 91 oder 92 Punkten bedacht worden, mit dem Kommentar von Stephan Reinhardt, Wein für reine Hedonisten zu sein. Ein Hedonist ist ein Lust-/Genussmensch ... Der Sauvignon Blanc 2015 erhielt erstaunliche 91 Punkte. Noch erstaunlicher: Der Top-Pinot aus einer Einzellage in Benken ZH namens Kirschberg, von dem gerade mal 2500 Fläschchen erzeugt werden, war der Schweizer Wein des Jahres des Fachmagazins «Vinum», von Chefredaktor Thomas Vaterlaus mit 18,5/20 Punkten bewertet! Hier wieder mal ein Querschnitt durch das Thalmannsche Schaffen.

  • Sauvignon Blanc Metzgermeisters private Reserve 2018: 17,25/20 (32.50 Franken)
  • Kirschberg weiss 2019 (100% Sauvignon Blanc, erster Jahrgang): Tolle exotische Nase, enorme Frucht, Pfirsich, vor allem aber Mandarinen und Aprikose, Zitrus, mineralisch, Schmelz, Passionsfrucht, Frische, nie überladen, schöne Säure, tolles Finale. Score: 17,75/20 (noch nicht erhältlich)
  • Pinot Blanc Metzgermeisters private Reserve 2018: Ausladend, gelbfruchtig, tief, floral, leicht vegetabil, rechte Power, Marzipan, Wachs, dann spürbare Holznoten, dezent zitrisch, Säure, hochgradig trinkig, elegant, tolles Finale. Score: 17,5/20 (das ist der letzte produzierte Jahrgang. Es hat für 22.50 Franken noch einige Flaschen, die unter info@winzerei-zur-metzg.ch bestellbar sind)
  • Chardonnay Metzgermeisters private Reserve 2018: 17,25/20 (komplett ausverkauft)
  • Borstig Kerl weiss 2018 (100% Räuschling): Wachsig, gelbfruchtig mit Ananasnoten, was für einen Räuschling erstaunlich ist, Zitrone, sehr mineralisch, leicht erdig, gewisse Härte zeigend, nasses Gestein, auch Honig, dezente Säure, was für einen Räuschling auch erstaunlich ist, Power, Nougat, Kräuter, Mundfülle und superlang. Score: 17,5/20 (49 Franken für Jahrgang 2016, der dieselbe Note erhalten hat. terravigna.ch)
  • Pinot Noir PMG 2018: 17,25/20 (32 Franken)
  • Pinot Noir Borstig Kerl rot 2018: Dezent floral, recht tief und mineralisch, Tabak, Power, Tiefe, gewisse herbe, leicht herbal-vegetabil, frisch, kräftig, Kirschen, ätherisch, Mundfülle, trinkig, schöner Abgang. Score: 17,5/20 (52 Franken für Jahrgang 2016, der, aus der Magnum degustiert, gar 18 Punkte erhalten hat. terravigna.ch)
  • Pinot Noir Kirschberg 2018: Komplex, tief, holzkohlig-rauchig, Power, expressiv, Kräuter, viel Kirschfrucht (Nomen est Omen …), Schmelz, burgundische Eleganz, dicht, präzise Säure, feinkörnige Tannine, konzentriert, Mundfülle, ätherisch, Superlänge – ein Power-Pinot! Score: 18,25/20 (85 Franken. terravigna.ch)

(Wo nicht anders angegeben, gibts die Weine unter winzerei-zur-metzg.ch. Am besten meldet man sich per Mail an: info@winzerei-zur-metzg.ch)

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Wein der Woche: Wurzelechter Spanier

Das Wort ist Ihnen vielleicht auch schon untergekommen: wurzelecht. Und? Bahnhof? Gibt es auch falsche Wurzeln? Unechte? Nein, die Bedeutung ist eine andere: Wurzelecht heisst, dass der Rebstock nicht auf einer Unterlagsrebe wächst, wie das im überragenden Teil von Europa nach dem Einfall der Reblaus in den 1860er-Jahren nötig wurde. Damals wurde diese für Reben verheerende Laus auf Rebstöcken von der Ostküste Amerikas nach Südfrankreich eingeschleppt, worauf sie sich in ganz Europa verteilte. Allein in Frankreich zerstörte die Laus 2,5 Millionen Hektar Rebfläche. Eine unvorstellbare Katastrophe! Eine ins Leben gerufene Kommission sollte dem Treiben Einhalt gebieten, setzte aber auf chemische Schädlingsbekämpfung. Doch durchgesetzt hat sich dann die Methode, Unterlagsreben aus Amerika zu pflanzen, und auf diese die eigentlichen Edelsorten aufzupfropfen, weshalb man von Veredelung spricht. So kann der komplizierte Fortpflanzungsvorgang der Reblaus unterbrochen werden.

Es gibt aber einzelne Regionen, die von der Reblaus nicht betroffen waren. Die dortigen Rebstöcke bezeichnet man als wurzelecht oder pre-phylloxera, also als aus der Vor-Reblaus-Ära kommend. So in der wenig bekannten spanischen Region Almansa. Und das, obwohl die Böden dort nicht sandig sind wie an einigen Orten zum Beispiel in Ungarn, denn in Sand kann sich die Reblaus nicht entwickeln, sondern karg und steinig, auf 900 Höhenmetern. Unter anderem auch die Garnacha Tintonera, die nicht etwa mit der Garnacha-Rebe verwandt ist, sondern eine Kreuzung von Garnacha mit Petit Bouschet ist. Sie wird auch als Alicante Bouschet bezeichnet und ist verbreitet in Südfrankreich, in Algerien und in der spanischen Levante zu finden. Wie eben dieses Beispiel, Los Losares der Bodegas Piqueras, Jahrgang 2017. Pie Franco steht auf der Etikette, was so viel heisst wie «echter Fuss» und die Bedeutung von «wurzelecht» ganz anschaulich näherbringt. Der biologisch produzierte Wein zeigt in der Nase dunkle Früchte, eingekochte Kirschen etwa, Würze, wirkt im Gaumen leicht vegetabil, wobei die Fruchtnoten ganz klar dominieren, ohne aufdringlich zu wirken. Er ist tief, druckvoll, die Säure und Tannine haben das richtige Mass, der Fluss ist schön, weshalb er sich easy trinkt. Recht langer. Das ist viel Wein für einen bescheidenen Preis! Score: 17,5/20 (19 Franken. www.küferweg.ch).

Ein «echter Fuss» aus der spanischen Region Almansa: Los Losares der Bodegas Piqueras.
ALAIN KUNZ

Das Wort ist Ihnen vielleicht auch schon untergekommen: wurzelecht. Und? Bahnhof? Gibt es auch falsche Wurzeln? Unechte? Nein, die Bedeutung ist eine andere: Wurzelecht heisst, dass der Rebstock nicht auf einer Unterlagsrebe wächst, wie das im überragenden Teil von Europa nach dem Einfall der Reblaus in den 1860er-Jahren nötig wurde. Damals wurde diese für Reben verheerende Laus auf Rebstöcken von der Ostküste Amerikas nach Südfrankreich eingeschleppt, worauf sie sich in ganz Europa verteilte. Allein in Frankreich zerstörte die Laus 2,5 Millionen Hektar Rebfläche. Eine unvorstellbare Katastrophe! Eine ins Leben gerufene Kommission sollte dem Treiben Einhalt gebieten, setzte aber auf chemische Schädlingsbekämpfung. Doch durchgesetzt hat sich dann die Methode, Unterlagsreben aus Amerika zu pflanzen, und auf diese die eigentlichen Edelsorten aufzupfropfen, weshalb man von Veredelung spricht. So kann der komplizierte Fortpflanzungsvorgang der Reblaus unterbrochen werden.

Es gibt aber einzelne Regionen, die von der Reblaus nicht betroffen waren. Die dortigen Rebstöcke bezeichnet man als wurzelecht oder pre-phylloxera, also als aus der Vor-Reblaus-Ära kommend. So in der wenig bekannten spanischen Region Almansa. Und das, obwohl die Böden dort nicht sandig sind wie an einigen Orten zum Beispiel in Ungarn, denn in Sand kann sich die Reblaus nicht entwickeln, sondern karg und steinig, auf 900 Höhenmetern. Unter anderem auch die Garnacha Tintonera, die nicht etwa mit der Garnacha-Rebe verwandt ist, sondern eine Kreuzung von Garnacha mit Petit Bouschet ist. Sie wird auch als Alicante Bouschet bezeichnet und ist verbreitet in Südfrankreich, in Algerien und in der spanischen Levante zu finden. Wie eben dieses Beispiel, Los Losares der Bodegas Piqueras, Jahrgang 2017. Pie Franco steht auf der Etikette, was so viel heisst wie «echter Fuss» und die Bedeutung von «wurzelecht» ganz anschaulich näherbringt. Der biologisch produzierte Wein zeigt in der Nase dunkle Früchte, eingekochte Kirschen etwa, Würze, wirkt im Gaumen leicht vegetabil, wobei die Fruchtnoten ganz klar dominieren, ohne aufdringlich zu wirken. Er ist tief, druckvoll, die Säure und Tannine haben das richtige Mass, der Fluss ist schön, weshalb er sich easy trinkt. Recht langer. Das ist viel Wein für einen bescheidenen Preis! Score: 17,5/20 (19 Franken. www.küferweg.ch).

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