5 Tipps vom Experten
So rettest du deine Ferienerholung in den Alltag

Der Erholungserfolg von Ferien hält in der Regel nur kurz an. Umso wichtiger sei es, bei der Rückkehr in den Alltag bestimmte Dinge zu implementieren, sagt Norbert Semmer (73), emeritierter Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie.
Publiziert: 13.08.2024 um 12:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2024 um 13:37 Uhr
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Jana GigerRedaktorin Service

Kaum aus den Ferien zurück, sind viele Menschen sofort wieder dem Alltagstrott ausgeliefert. «Untersuchungen haben gezeigt, dass man sich rund drei Wochen nach den Ferien wieder auf dem Gesundheitsniveau wie davor befindet», sagt Norbert Semmer (73), emeritierter Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Bern. Empfinde man seine Arbeit als belastend oder sinnlos, verpuffe die Wirkung noch schneller. Deshalb sei es am besten, wenn man eine Arbeite mache, auf die man sich freuen kann. Der Experte gibt folgende Tipps, um im Alltag möglichst lange von der Ferienerholung zu profitieren:

1

Positiv gestimmt sein

Die Erholung hält gemäss Semmer länger an, wenn man sich gegen Ferienende realistisch, aber gelassen auf die zu erwartenden Herausforderungen einstellt. «Das beinhaltet, positive und lösungsorientierte Gedanken zu formulieren.» Also nicht denken: «Oh Gott, ab Montag wirds wieder hektisch», sondern: «Ich muss gut planen, wie ich wieder anfange, ohne gleich in grosse Hektik zu verfallen.»

Je mehr Spass einem ein Hobby macht, desto besser kann man sich laut Experte dabei entspannen.
Foto: Shutterstock
2

Erholsame Aktivitäten beibehalten

Dinge wie Lesen, Stricken oder Joggen, für die man in den Ferien endlich wieder Zeit hatte und die einem Spass gemacht haben, sollte man gemäss Experte unbedingt in den Alltag einbauen. Denn: «Für die Erholung ist vor allem die Qualität der Aktivität entscheidend.» Das heisst, wenn einem etwas Freude macht, kann man sich dabei sehr gut erholen. «Wem es im Arbeitsalltag wieder schwerfällt, sich zum Joggen aufzuraffen, sollte möglichst konkrete Pläne machen», sagt Semmer. Das heisst, die Zeit und die Strecke festlegen und sich allenfalls mit einer Begleitung verabreden. «Ausserdem hilft es, sich am Anfang nicht zu hohe Ziele zu setzen.» Wenn man Mühe habe, die Motivation zu finden, sei es besser, sich vorzunehmen, zweimal in der Woche 20 Minuten joggen zu gehen, anstatt jeden Tag 30 Minuten.

Wie gut man am Abend entspannen kann, hängt unter anderem vom Arbeitsklima im Büro ab.
Foto: Getty Images
Kurze Kaffeepausen sind laut Experte enorm wichtig, um produktiv zu bleiben.
Foto: Getty Images/Westend61
3

Mehr kurze Pausen machen

«Die Erholungswirkung hält länger an, wenn man während der Arbeit viele kleine Pausen macht», sagt Semmer. Der Grund sei, dass die Erschöpfung nicht linear zunehme, sondern exponentiell. Das bedeutet, dass man nach zwei Stunden Arbeit mehr als doppelt so müde ist wie nach einer Stunde. Besonders effizient sei es, pro Stunde rund fünf Minuten Pause zu machen. «Damit kann man die Ermüdung frühzeitig abfangen und man ist über den Tag verteilt produktiver.» Ausserdem würden kurze Pausen das Risiko von Fehlern und Aufmerksamkeitsproblemen reduzieren.

4

Sich gegenseitig wertschätzen

Die Arbeit hat im Leben vieler Menschen einen hohen Stellenwert und beeinflusst das Privatleben. Folglich sei man nach einem erfolgreichen Arbeitstag gut gelaunt, während man nach einem stressigen Tag frustriert nach Hause komme, sagt Semmer. «Wertschätzung am Arbeitsplatz trägt dazu bei, dass man am Abend gelassener ist und ausreichend entspannen kann.» Deshalb seien ein positives Feedback und wohlwollende Worte bezüglich geleisteter Arbeit zentral – sowohl zwischen Vorgesetzten und Angestellten als auch zwischen Arbeitskolleginnen und -kollegen. Laut Experte ist der Einfluss vom Privatleben auf die Arbeit geringer, weil man oft erfolgreich versucht, persönliche Dinge von der Arbeit fernzuhalten.

zVg
Der Stress- und Erholungsexperte

Norbert Semmer (73) ist emeritierter Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Bern. Er beschäftigt sich seit über 40 Jahren mit den Auswirkungen von Belastung und Stress auf die Gesundheit. Im Auftrag des Bundes hat er ein Gutachten über die Wirkung von Freizeit auf die Gesundheit und Produktivität geschrieben. Er verweist auf die Bedeutung von Erholungsphasen, darunter auch kurze Pausen, um Stress zu reduzieren und Erschöpfung vorzubeugen.

zVg

Norbert Semmer (73) ist emeritierter Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Bern. Er beschäftigt sich seit über 40 Jahren mit den Auswirkungen von Belastung und Stress auf die Gesundheit. Im Auftrag des Bundes hat er ein Gutachten über die Wirkung von Freizeit auf die Gesundheit und Produktivität geschrieben. Er verweist auf die Bedeutung von Erholungsphasen, darunter auch kurze Pausen, um Stress zu reduzieren und Erschöpfung vorzubeugen.

5

Eine «Nicht-Stören-Kultur» pflegen

Wenn im Büro noch keine «Nicht-Stören-Kultur» herrsche, sagt Semmer, sei nach den Ferien ein guter Zeitpunkt, um eine solche einzuführen. «Eigentlich darf man die Angestellten und Arbeitskollegen nach Feierabend, am Wochenende und in den Ferien nur kontaktieren, wenn es wirklich dringend ist.» Denn bereits das Wissen, eventuell noch eine Mail zu erhalten, sei belastend. Wenn man in seiner arbeitsfreien Zeit trotzdem die Mails checken möchte, sollte man das laut Semmer nur zu vorher bestimmten Zeiten tun. «Diese Eingrenzung macht es leichter, abzuschalten», sagt er. Zudem rät der Experte, dass man im Betrieb den Ferienrückkehrern nach Möglichkeit eine Art Übergangszeit einräumt und sie nicht sofort mit massenhaften Anforderungen überfällt.

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