Blutegel, Giftschlangen und bewaffneter Guide
Diese Schrecken erleben Wanderfans

Wer wandert, kann was erleben. Meist bleiben schwere Beine und schöne Erinnerungen zurück. Doch der Abstecher in die Natur bietet auch böse Überraschungen. Das sind die verrückten Wandergeschichten unserer Leserinnen und Leser.
Publiziert: 13.10.2022 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2022 um 08:07 Uhr
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Vorsicht giftig: Die Aspisviper ist vor allem im Tessin, Wallis und im Jura anzutreffen.
Foto: KEYSTONE

Das Wetter eine Wucht, die Fernsicht fantastisch, der Aufstieg atemberaubend steil, die Gämsen ganz nah und die Seilbahn schwindelerregend hoch. So und ähnlich klingen Wandergeschichten. Dazu kommen geleistete Höhenmeter und gelaufene Kilometer. Doch es gibt auch die schreckhaften, unschönen und krassen Erlebnisse. Denn wer sich in der Natur bewegt, bekommt manchmal mehr Natur als erwünscht. Und damit ist nicht schlechtes Wetter gemeint. Unsere Leserinnen und Leser schildern ihre Schockmomente beim Wandern. Damit es gar nicht so weit kommt, lesen Sie hier die Tipps für sicheres Wandern.

Schwein gehabt

Der umgestürzte Baumstamm war perfekt für eine kurze Rast beim Wandern. Ich setzte mich hin, zog den Rucksack aus und trank gerade einen Schluck Tee, als etwas Grosses gegen meine Beine schlug und wegrannte. Es war ein Wildschwein, das offenbar in einer Mulde unter dem Baum sein Lager hatte und wegen meines unerwarteten Besuchs in Panik davonstürmte. Aber nicht nur das Wildschwein, auch ich hatte den Schreck meines Lebens.

Tipp: Wildschweine gehen dem Menschen aus dem Weg. Kommt es dennoch zu einer Begegnung: Ruhig bleiben, das Tier nicht in die Enge treiben, sich langsam entfernen. Sollte das Tier Drohgebärden wie Fauchen oder Schnauben machen, machen Sie sich gross, klatschen Sie laut in die Hände. Ein Baum oder grosser Fels bietet im Notfall Sicherheit.

Gefährlicher Gwunder

Als ich in Los Angeles lebte, machte ich jede Woche meine Hiking-Runde auf dem Runyon Canyon. Dabei entdeckte ich einmal eine Schlange. Fasziniert näherte ich mich dem Tier, schliesslich wollte ich diesen Moment mit meinem Handy festhalten. Als ich nur noch einen kleinen Schritt von dem gut einen Meter langen Reptil entfernt war, schrie hinter mir eine Frau hysterisch auf. «Bist du lebensmüde?», fragte sie mich mit grossen Augen, «das ist eine Klapperschlange, und ein Biss ist tödlich», klärte sie mich auf. Ich kam mir total naiv vor, sagte ihr aber, dass ich aus der Schweiz bin und giftige Tiere dort nicht vorkommen. Nun gut, ich machte also einen grossen Bogen um die Klapperschlange – ohne Beweisfoto – und wanderte weiter. Als ob das nicht genug Aufregung für einen Tag war, kam es tatsächlich zur zweiten tierischen Begegnung. Mit einer Tarantel. Ein Biss dieser Spinne ist zwar nicht tödlich, doch hat sie mir tausendmal mehr Angst eingejagt als die Klapperschlange. Das Wandern liess ich dann für einige Zeit sein, und mittlerweile bin ich froh, dass ich wieder in der Schweiz bin und hier keine Angst vor giftigen oder gruseligen Tieren haben muss.

Tipp: In der Schweiz gibt es nur zwei Arten von giftigen Schlangen: die Aspisviper, die vor allem im Tessin, Wallis und im Jura anzutreffen ist, sowie die Kreuzotter, die im östlichen Teil der Alpen lebt. Wer einer Schlange begegnet, soll Ruhe bewahren, stillstehen oder langsam zurückweichen, damit sie Gelegenheit zur Flucht hat. Schlangen greifen Menschen nicht an, wenn sie sich nicht bedrängt fühlen.

Wandern bis zur Erschöpfung

Ein guter Freund ging mit einer Handvoll Bekannten wandern und fragte mich, ob ich mitkommen wolle. «Vier Stunden schaffe ich, mehr aber nicht», sagte ich ihm. Er nickte. Zwei Wochen später ging es in den Alpstein. Ich war noch nie dort, drum schluckte ich erst einmal leer: Überall ging es gefühlt senkrecht bergauf. Besonders blöd: Ein Kampfwanderer-Pärchen setzte sich gleich an die Spitze der Gruppe und gab ein Tempo vor, bei dem ich als Genusswanderin kaum mithalten konnte. Anstatt vier Stunden waren wir am Schluss sechs Stunden unterwegs, denn wir absolvierten die Drei-Seen-Tour: Von Brülisau aus Aufstieg zum Sämtiser- und Fälensee, weiter zur Meglisalp, und von dort aus gings dann – in einem krassen Auf und Ab – zum berühmten Seealpsee, wo wir übernachteten. Bereits beim ersten Halt in der Meglisalp waren meine Kräfte eigentlich aufgebraucht. Trotzdem schleppte ich mich noch den restlichen Tag über Stock und Stein. Am nächsten Tag gings erneut in die Höhe, diesmal zum Wildkirchli, und dann auf der anderen Seite wieder den Berg runter. Als ich schliesslich zu Hause war, hatte ich Fieberblasen und musste mich übergeben – vor Überanstrengung. Es war mir eine Lehre. Ich gehe nie mehr mit Leuten wandern, die ich von der Leistung her nicht einschätzen kann. Und heute würde ich – Gruppendruck hin oder her – nach dem Lunch auf der Meglisalp sagen: «Danke, aber nein, ich gehe wieder nach Hause.» Denn beim Wandern über seine Kräfte hinauszugehen, kann nicht nur krank machen, sondern auf dem Berg auch gefährlich werden.

Tipp: Beim Wandern in einer Gruppe immer auf die schwächsten Teilnehmerinnen und Teilnehmer Rücksicht nehmen und Tempo und Marschzeit entsprechend planen. Regelmässig Pause machen und sich nicht überschätzen. Im Zweifelsfall umkehren, falls möglich ein Transportmittel für den Rückweg wählen. Erschöpfung führt zu Unachtsamkeit und ist eine der Hauptursachen für Unfälle.

«Vorsicht ist besser als Nachsicht»

Die Groupe Mutuel unterstützt Privatpersonen und Unternehmen in der Prävention und fördert sicheres Verhalten, um Krankheits- und Unfallrisiken vorzubeugen.

Die Groupe Mutuel unterstützt Privatpersonen und Unternehmen in der Prävention und fördert sicheres Verhalten, um Krankheits- und Unfallrisiken vorzubeugen.

Blutige Überraschung

Einen Tag nachdem ich 2018 den Gunung Kinabalu, Malaysias höchsten Berg (4095 m ü. M.), bestiegen habe, machte ich dort einen kurzen Ausflug zu einem Wasserfall. Unterwegs musste ich mich wegen Bauchschmerzen dringend erleichtern. Das habe ich neben einer Höhle gemacht. Als ich den Wasserfall erreicht hatte, bemerkte ich an meinem Bein zwei grosse Blutegel. Die beiden waren schon recht vollgesaugt. Ich habe sie noch vor Ort abgerissen, was zu einer halbstündigen, heftigen Blutung geführt hat. Am Ende war ich sehr froh, dass ich es zurück in meine Unterkunft geschafft habe.

Tipp: Blutegel keinesfalls abreissen, sondern mit dem Fingernagel, Papier oder Bankkarte sorgfältig beim Sauger loslösen und wegschnippen. Bei gewaltsamem Reissen kann sich der Blutegel übergeben und somit Bakterien in die Wunde spülen. Sind Blutegel vollgesaugt, lassen sie sich übrigens fallen. Was bei uns öfter vorkommt, sind Zecken. Diese mit einer Pinzette knapp über Haut greifen und langsam gerade herausziehen. Danach die Wunde desinfizieren. Die Rötung sollte rasch abklingen. Bleibt sie länger, konsultieren Sie einen Arzt.

Vorsicht Steinschlag: Warnhinweise beachten und solche Gebiete einzeln und zügig durchqueren und nicht stehenbleiben.
Foto: KEYSTONE


Schmerzhafter Sprint

Diesen Sommer hörte man immer wieder von Steinschlägen in den Alpen. Aber mein Partner und ich dachten nicht, dass das auf einem normalen Wanderweg im Bündnerland passieren kann. Wir wanderten einen Hang entlang, als ich plötzlich ein Rumpeln hörte. «Sofort weg hier, das ist ein Steinschlag!», schrie ich meinem Partner zu, der rund 20 Meter hinter mir lief. Ich sprintete los, um nicht von den herunterfallenden Steinen getroffen zu werden. Doch das Rennen auf unebenem Gelände führte unweigerlich zum Stolpern. Ich knallte auf den Wanderweg, hatte mehrere Schürfwunden und einen blutigen Ellbogen. Doch immerhin entkam ich so dem herunterfallenden Gestein.

Tipp: Grundsätzlich die Warnschilder beachten. Steinschlaggebiete einzeln und zügig durchqueren und nicht stehen bleiben. Sorgfältig auftreten und darauf achten, keine Steine loszutreten. Aufmerksam bleiben: Steinschlag kündigt sich oft durch Grollen oder Rumpeln an.

Der bewaffnete Wanderguide

In Honduras machte ich zusammen mit meiner Freundin eine Wanderung im Nationalpark. Wir waren rund eine halbe Stunde alleine im Dschungel unterwegs, als wir auf einen Mann trafen. Er sprach nur Spanisch, und soweit wir ihn verstanden, war er eine Art Förster. Er meinte, es sei zu gefährlich, hier alleine unterwegs zu sein, er werde uns begleiten. Was uns irritierte, war seine riesige Machete – und die Tatsache, dass er eine Pistole im Gürtel trug. Egal, wir liessen ihn vorausgehen, und er fuchtelte dabei immer mit seiner Machete herum und schlug auch bei kleinsten Ästen den Weg frei. Der Mann erzählte viel, wir verstanden aber nur einen Bruchteil davon. Mit der Zeit beschlich uns ein mulmiges Gefühl: Alleine mit einem bewaffneten Mann im Dschungel? Nach einer Weile kamen wir zu einer Bananenplantage und sahen dort eine kleine Hütte. Da meinte der Mann zu uns, er wohne hier und würde uns jetzt alleine lassen. Während er fast ein wenig ein schlechtes Gewissen hatte, waren wir richtig erleichtert.

Tipp: Wer in unbekannten Gebieten unterwegs ist, sollte sich möglichst gut vorbereiten. Oder noch besser: einen Wanderguide buchen oder sich einer Wandergruppe anschliessen.

Sonnenstich und Raserei

Zu jedem Sommerlager der Pfadi gehört eine Tageswanderung. Als Pfadileiterin bei den Wölfli war das aber meistens keine grosse Sache, denn klagende Kinder sind auf Dauer tendenziell anstrengender als ein steiler Aufstieg. Einmal wurde ich aber eines Besseren belehrt. Nach dem Aufstieg auf den Stoos bei über 30 Grad habe ich mich in der Mittagspause für einige Minuten hingelegt. Das kurze Nickerchen führte aber nicht zur Erholung, sondern zu einem Sonnenstich. Dass ich einen Sonnenstich erlitten habe, habe ich aber erst beim Abstieg bemerkt. Als ich vor Übelkeit dann nicht mehr gehen konnte, organisierte eine Mitleiterin einen Landwirt, der uns den Berg hinabfahren konnte. Erleichtert stieg ich in sein Auto, bis ich nach wenigen Sekunden feststellen musste, dass der Landwirt wie ein Henker fuhr. Unten angekommen und kaum aus dem Auto ausgestiegen, musste sich mein Magen dann erleichtern – Sonnenstich und wilder Autofahrt sei Dank.

Tipp: Zur Wanderausrüstung gehört zwingend wetterfeste, warme Kleidung (Zwiebelprinzip). Aber eben auch Hut, Sonnenbrille und Sonnencreme, da gerade in der Höhe die Sonneneinstrahlung heftig sein kann.

Wer mit Hund wandert, sollte ihn vor allem bei der Begegnung mit Vieh an die Leine nehmen.
Foto: Shutterstock

Hund jagt Schaf, Hündeler jagt Hund

Zusammen mit einem Kollegen und dessen Hund, der nicht sonderlich gehorsam war, waren wir im schottischen Hochland unterwegs. Nach rund zwei Stunden in der Natur löste mein Wandergschpändli die Leine und liess den Hund frei laufen – was sich sofort als Fehler erwies. Denn die grasenden Schafe weckten offensichtlich den Jagdinstinkt des Tiers. Der Hund rannte auf ein Schaf zu, dieses wiederum rannte um sein Leben, und mein Kollege spurtete den beiden Tieren hinterher. Die Verfolgungsjagd führte das Trio ausser Sichtweite. Erst nach einer halben Stunde kamen Hund und Hündeler völlig durchnässt zurück. Dem Schaf ist zum Glück nichts passiert.

Tipp: Vielerorts herrscht Leinenzwang. Beim Wandern eignet sich ein Geschirr besser als ein Halsband. Und eine lange Leine mit zwei Karabinerhaken sorgt dafür, dass Hundehalter diese am Gürtel befestigen können. So bleiben die Hände frei. Bei Begegnung mit Kühen oder Herdenschutzhunden grossen Abstand wahren. Denn Hunde werden von Kühen und Schutzhunden als Bedrohung wahrgenommen.

Wandern wirkt Wunder

Auch wenns beim Wandern unliebsame Überraschungen geben kann: Das Gute überwiegt. Wer aufmerksam und mit genügend Zeit in der Natur unterwegs ist, kann deren ganze Schönheit erfassen. Dass dabei Kreislauf, Muskulatur und Psyche profitieren, ist die beste Nebenwirkung, die es gibt. Das Wanderland Schweiz bietet mit 65’000 Kilometern signalisierten Wegen perfekte Voraussetzungen für eindrückliche Erlebnisse.

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