Pilgern im Winter
Das muss man auf Jakobsweg in der kalten Jahreszeit beachten

Reiseredaktor Christian Bauer war schon oft auf Jakobswegen unterwegs. Seine liebste Jahreszeit ist der Winter. Alles Wissenswerte zum Pilgern in den kalten Monaten.
Publiziert: 10.01.2024 um 14:35 Uhr
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Aktualisiert: 10.01.2024 um 14:37 Uhr
Christian Bauer

Der Boom des Jakobswegs scheint nicht abzuebben. Im Gegenteil: Die Zahlen der Pilger, die sich nach Santiago de Compostela aufmachen, dem Endpunkt des Jakobswegs, steigen und steigen. Im Pilgerbüro wurden bis zum Oktober 2023 schon 380'000 Pilger gezählt. Viele davon wandern allerdings nur die letzten 100 Kilometer, die minimale Distanz für den Erhalt der offiziellen Pilgerurkunde. Das bedeutet: Auf dem Rest des Weges geht es viel ruhiger zu und her. Aber ja: Auf den beliebten Routen ist man selten allein.

Deshalb bin ich vermehrt im Winter in Spanien auf dem Jakobsweg unterwegs. Die unten stehenden Tipps beziehen sich auf meine Erfahrung auf dem Camino Francés, gelten aber auch für andere Wege in Spanien und Portugal.

Warum ist der Winter die beste Zeit für den Jakobsweg?

Zugegeben, ich liebe alle Jahreszeiten auf dem Jakobsweg: den Frühling, wenn die Natur erwacht, den Sommer mit seiner flirrenden Hitze und den milden Herbst, wenn man teilweise Weintrauben am Wegesrand pflücken kann. Frühling und Herbst (insbesondere die Monate Mai und September) sind mittlerweile die beliebtesten Zeiten, da viele Pilger den Sommer mit seinen bis zu 40 Grad meiden.

In der Pilgersaison von Ostern bis Oktober ist der Jakobsweg teilweise überlaufen. In den Wintermonaten hat man dagegen den Weg fast für sich allein.
Foto: Christian Bauer
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Die Pilgersaison startet an Ostern und endet im Oktober, wenn die meisten Herbergen schliessen. Sprich: In der kalten Jahreszeit hat man den Weg (fast) für sich allein! Dann trifft man meist nur Pilger, die schon einige Jakobswege gegangen sind und die eine starke Verbundenheit zur Pilgertradition leben. Die Stimmung auf dem Jakobsweg ist dadurch eine andere. Während sich in der Hauptsaison der Jakobsweg oft wie Wanderferien anfühlt (inklusive organisierten Reisegruppen), empfinde ich das Pilgererlebnis im Winter als authentischer.

Die Infrastruktur auf dem Camino im Winter

Ein Grossteil der Herbergen auf dem Camino Francés werden mittlerweile von privaten Anbietern betrieben, die meistens nur von Ostern bis etwa Oktober ihre Unterkünfte geöffnet halten. Nebst den privaten Unterkünften finden sich aber auch offizielle Herbergen, die von Gemeinden oder den Regionen betrieben werden. Diese haben das ganze Jahr über geöffnet – auch wenn manchmal die Heizung nur dann angeschmissen wird, wenn ein Pilger vor der Tür steht. Es kann also mitunter kalt sein.

Ein Bett findet man also auch im Winter. Allerdings ist man bei der Etappenplanung durch die geringere Anzahl an Herbergen etwas eingeschränkt. In den kleineren Dörfern haben zudem manche Bars und Supermärkte über den Winter geschlossen. Spätestens in den Etappenorten gibt es genügend Spots zum Verpflegen.

Kurzum: Die Infrastruktur ist auch im Winter ausreichend. Es braucht allerdings eine genauere Tagesplanung.

Wie viele Pilger sind im Winter unterwegs?

In der Hauptsaison kommen in Santiago zwischen 2000 und 3000 Pilger pro Tag an – mit einigen Spitzen, die nach oben ausschlagen. In den Wintermonaten sind es nur ein paar Dutzend. Beim Wandern trifft man kaum andere Pilger und kann die Landschaft in Ruhe geniessen.

Wie ist das Wetter im Winter?

Auch in Spanien wird es kalt. Insbesondere auf der Hochebene Meseta können die Temperaturen (insbesondere nachts) unter den Gefrierpunkt fallen. Ich war im Winter meist in Galicien unterwegs, wo es selten Minusgrade gibt. Tagsüber liegen die Temperaturen dort zwischen 10 bis 15 Grad. In der Sonne klettert das Thermometer auch im Winter bis zu «T-Shirt-Temperatur.»

Ganz Spanien ist ein Winterregen-Gebiet. Man muss also mit Niederschlägen rechnen. Besonders in Galicien bringt der Atlantik das ganze Jahr über Feuchtigkeit. Ich hatte auf meinen Winter-Caminos in Galicien schon das ganze Spektrum: von einer Woche perfektem Sonnenschein bis tagelangen Dauerregen.

Welche Ausrüstung braucht man im Winter auf dem Jakobsweg?

Nebst der normalen Trekkingausrüstung, die man auch im restlichen Jahr dabeihätte, braucht es im Winter zusätzlich:

  • dünne Thermounterwäsche, insbesondere für die Morgenstunden
  • Isolationsschicht, beispielsweise ein Fleece oder dünne Daunenjacke
  • gute Regenjacke
  • Regenhose
  • Handschuhe, Schal, Mütze
  • Schlafsack. Im Sommer kommt man mit einem dünnen Inlett aus. Da im Winter manche Herbergen nicht durchgeheizt werden, braucht es einen dickeren Schlafsack. Ein Temperaturbereich von etwa 10 Grad sind ausreichend.

Welches Wegstück kann man empfehlen?

Da ich gerne in Santiago ankomme, teile ich meine Wegstrecke dementsprechend ein. Bei etwa zwei Wochen Winterferien entspricht das der Strecke von Astorga nach Santiago auf dem Camino Francés oder die Strecke ab Porto auf dem Camino Portugues. 

Eine Tageseinteilung auf dem Camino Francés könnte folgendermassen aussehen:

1. Tag: Astorga – Foncebadón– 26 Kilometer
2. Tag: Foncebadón– Ponferrada – 25 Kilometer
3. Tag: Ponferrada – Villafrance del Bierco – 24 Kilometer
4. Tag: Villafranca – O Cebreiro – 30 Kilometer
5. Tag: O Cebreiro – Tricastela – 21 Kilometer
6. Tag: Tricastela – Sarria – 26 Kilometer
7. Tag: Sarria – Portomarin – 22 Kilometer
8. Tag: Portomarin – Palas de Rei – 24 Kilometer
9. Tag: Palas de Rei – Ribadiso – 26 Kilometer
10. Tag: Ribadiso – O Pedrouzo – 22 Kilometer
11. Tag: O Pedrouzo – Santiago de Compostela – 20 Kilometer

Buen Camino! 

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