Diese künstliche Intelligenz simuliert menschliche Sprache
Chat-Software sorgt für Furore – Blick wagt den Selbstversuch

Das Internet dreht durch: Die Software ChatGPT schreibt eloquente Aufsätze, gibt Ratschläge und schreibt sogar Businesspläne. Dennoch ist die künstliche Intelligenz umstritten – und erweist sich auch im Blick-Selbstversuch als unzuverlässig.
Publiziert: 17.12.2022 um 09:42 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2022 um 09:51 Uhr
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Joschka SchaffnerRedaktor Politik

Sie kann lockere Gespräche führen, Geburtstagspartys planen oder Gedichte schreiben. Beinahe jede gestellte Frage beantwortet sie ohne zu zögern. Doch die Autorin am anderen Ende des Bildschirms ist nicht menschlich, sondern eine künstliche Intelligenz. Seit November steht sie der Allgemeinheit zur Verfügung – und löst einen regelrechten Hype aus.

ChatGPT, so der Name, ist der wohl fortschrittlichste Chatbot, den es gibt. Eine Software also, die Gespräche simulieren kann. Das Tool wurde vom amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelt, zu dessen Gründungsmitgliedern auch Elon Musk gehörte. Die künstliche Intelligenz (KI) steckt momentan in der öffentlichen Testphase. Und so funktionierts: In einem Online-Chat kann der User nach der Registrierung beliebige Fragen stellen. Und die KI gibt Antwort – in fast perfekt imitierter menschlicher Sprache. Laien können nicht erkennen, dass eine Software dahintersteckt. Dabei erkennt sie auch Zusammenhänge innerhalb eines Gesprächs. Die komplexesten Themen werden so eloquent beantwortet, dass ihre Macher davor warnen müssen. Unwahre Aussagen könnten dadurch nämlich übersehen werden.

Der Hype um KI-Apps

ChatGPT ist nicht die einzige KI-Anwendung, die im Netz für Aufsehen sorgt.

Bereits 2017 entfachten «Deepfakes» eine Diskussion um KI-Manipulationen. Durch sogenanntes Deep Learning können etwa Gesichter auf Bildern und Videos ausgetauscht werden. Die Technologie benötigt dafür aber eine grosse Anzahl an Bildern und Rechenleistung.

Im Januar 2021 veröffentlichte das Unternehmen OpenAI die künstliche Intelligenz DALL-E, die aus Anfragen in natürlicher Sprache in wenigen Sekunden erfundene Bilder generiert. Einen ähnlichen Weg schlägt die App Lensa ein. Sie kann seit wenigen Wochen mittels künstlicher Intelligenz aus bereitgestellten Selfies «magische Avatare» erstellen. Momentan gehört sie zu den am meisten heruntergeladenen Apps der Welt.

Sowohl ChatGPT, DALL-E als auch Lensa stehen in der Kritik, für die Erstellung von Inhalten auf gestohlene Werke von Autorinnen und Künstlern zurückzugreifen. Bei Lensa bemängeln Userinnen und User zudem, dass sich die Software sexistischer Stereotype bediene. Bei weiblichen Sujets generiert die KI oft ungefragt überaus freizügige Avatare.

ChatGPT ist nicht die einzige KI-Anwendung, die im Netz für Aufsehen sorgt.

Bereits 2017 entfachten «Deepfakes» eine Diskussion um KI-Manipulationen. Durch sogenanntes Deep Learning können etwa Gesichter auf Bildern und Videos ausgetauscht werden. Die Technologie benötigt dafür aber eine grosse Anzahl an Bildern und Rechenleistung.

Im Januar 2021 veröffentlichte das Unternehmen OpenAI die künstliche Intelligenz DALL-E, die aus Anfragen in natürlicher Sprache in wenigen Sekunden erfundene Bilder generiert. Einen ähnlichen Weg schlägt die App Lensa ein. Sie kann seit wenigen Wochen mittels künstlicher Intelligenz aus bereitgestellten Selfies «magische Avatare» erstellen. Momentan gehört sie zu den am meisten heruntergeladenen Apps der Welt.

Sowohl ChatGPT, DALL-E als auch Lensa stehen in der Kritik, für die Erstellung von Inhalten auf gestohlene Werke von Autorinnen und Künstlern zurückzugreifen. Bei Lensa bemängeln Userinnen und User zudem, dass sich die Software sexistischer Stereotype bediene. Bei weiblichen Sujets generiert die KI oft ungefragt überaus freizügige Avatare.

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Im Blick-Selbstversuch erweist sich die Software als unzuverlässig

Blick wagt den Selbstversuch und schreibt ChatGPT folgenden Text: «Schreibe mir einen Businessplan für ein Glühweinunternehmen.» Nach wenigen Sekunden folgt die Antwort: «Sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten Ihnen heute unser Konzept für ein Geschäft zum Verkauf von Glühwein vorstellen.» Die nachfolgenden Zeilen sind in fehlerfreiem Deutsch, mit verständlichen Sätzen und klar ausgearbeiteten Ideen. Bei näherer Betrachtung stutzt der Leser aber bei gewissen Vorschlägen.

Die künstliche Intelligenz ChatGPT entwickelt sich im Internet zum Hype. Seit Dezember können Interessierte mit der Software Gespräche führen.
Foto: DALL-E 2
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Für den alltäglichen Gebrauch ist die Software noch zu unzuverlässig. Dennoch kann sie etwa Essays schreiben, einen fehlerhaften Programmiercode sekundenschnell korrigieren sowie beliebige Themen in einfacher Sprache zusammenfassen. Die Technologie öffnet damit Tür und Tor für die Automatisierung zahlreicher Berufsfelder im digitalen Raum.

Erfundene Aussagen könnten zur Gefahr werden

Dabei weiss ChatGPT nur das, was ihr von ihren Machern antrainiert wurde. Sie versteht nicht, sondern erkennt Muster und greift für ihre Antwort auf verfügbare Textdaten zu. In der realen Anwendung könnte das zur Gefahr werden: Die KI erfindet Fakten, fälscht Quellen und verstrickt sich in Widersprüchen. In den sozialen Medien kursieren unzählige Beispiele, wie User die KI an ihr Limit treiben. Sie propagiert dabei etwa zerbrochenes Glas als Superfood oder scheitert gar an einfachsten Rechenbeispielen.

Auch die Glühwein-Anfrage von Blick zeigt die Grenzen der KI auf. ChatGPT schlägt nebst sinnvollen Verkaufsstrategien auch vor, «Baristi» für die Zubereitung der Glühweinspezialitäten anzustellen. Baristi bereiten aber Kaffee zu.

So antwortet ChatGPT auf Anfrage von Blick

In ChatGPT wurde folgende Anfrage gestellt: «Schreibe mir einen Business-Plan für ein Glühweinunternehmen.»

«Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten Ihnen heute unser Konzept für ein Geschäft zum Verkauf von Glühwein vorstellen.

Unser Geschäft wird sich auf den Verkauf von Glühwein während der kalten Wintermonate spezialisieren. Wir werden verschiedene Sorten anbieten, darunter traditionellen Glühwein, Glühwein mit Fruchtgeschmack und alkoholfreien Glühwein für Fahrer und Kinder. Unsere Glühweine werden frisch zubereitet und mit hochwertigen Zutaten wie Rotwein, Zimt, Nelken und Orangenschalen aromatisiert.

Um unsere Glühweine anzubieten, werden wir auf Weihnachtsmärkten und Strassenverkaufsständen in der Innenstadt vertreten sein. Wir werden auch Online-Verkäufe über unsere eigene Website und Soziale Medien anbieten.

Um unsere Glühweine herzustellen, werden wir eine kleine Küche in unserem Geschäft einrichten, in der wir die Glühweine frisch zubereiten können. Wir werden auch ein Team von fähigen Baristi einstellen, die unsere Glühweine an den Verkaufsständen servieren.

Um unser Geschäft aufzubauen, werden wir eine Gründungskapital von 50.000 Euro benötigen. Dieses Geld wird für den Kauf von Ausrüstung und Zutaten, die Einrichtung unserer Küche und den Aufbau unserer Online-Präsenz verwendet werden.

Wir sind überzeugt, dass unser Geschäft erfolgreich sein wird, da es in der kalten Jahreszeit eine beliebte Wahl für Getränke ist und wir uns durch die Qualität und Vielfalt unserer Glühweine von der Konkurrenz abheben werden.

Wir freuen uns darauf, Ihnen unser Konzept näher zu bringen und hoffen, dass Sie unser Geschäft unterstützen werden.

Mit freundlichen Grüssen,
[Ihr Name]»

In ChatGPT wurde folgende Anfrage gestellt: «Schreibe mir einen Business-Plan für ein Glühweinunternehmen.»

«Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten Ihnen heute unser Konzept für ein Geschäft zum Verkauf von Glühwein vorstellen.

Unser Geschäft wird sich auf den Verkauf von Glühwein während der kalten Wintermonate spezialisieren. Wir werden verschiedene Sorten anbieten, darunter traditionellen Glühwein, Glühwein mit Fruchtgeschmack und alkoholfreien Glühwein für Fahrer und Kinder. Unsere Glühweine werden frisch zubereitet und mit hochwertigen Zutaten wie Rotwein, Zimt, Nelken und Orangenschalen aromatisiert.

Um unsere Glühweine anzubieten, werden wir auf Weihnachtsmärkten und Strassenverkaufsständen in der Innenstadt vertreten sein. Wir werden auch Online-Verkäufe über unsere eigene Website und Soziale Medien anbieten.

Um unsere Glühweine herzustellen, werden wir eine kleine Küche in unserem Geschäft einrichten, in der wir die Glühweine frisch zubereiten können. Wir werden auch ein Team von fähigen Baristi einstellen, die unsere Glühweine an den Verkaufsständen servieren.

Um unser Geschäft aufzubauen, werden wir eine Gründungskapital von 50.000 Euro benötigen. Dieses Geld wird für den Kauf von Ausrüstung und Zutaten, die Einrichtung unserer Küche und den Aufbau unserer Online-Präsenz verwendet werden.

Wir sind überzeugt, dass unser Geschäft erfolgreich sein wird, da es in der kalten Jahreszeit eine beliebte Wahl für Getränke ist und wir uns durch die Qualität und Vielfalt unserer Glühweine von der Konkurrenz abheben werden.

Wir freuen uns darauf, Ihnen unser Konzept näher zu bringen und hoffen, dass Sie unser Geschäft unterstützen werden.

Mit freundlichen Grüssen,
[Ihr Name]»

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Nicht mehr als eine Spielerei?

Die Grenzen der KI liegen weiterhin beim Menschen. Wo ChatGPT mit fehlerhaftem Material trainiert wurde, gibt sie auch falsche Antworten. «Sie ist bloss ein Werkzeug, um mit menschlichem Wissen zu spielen», argumentiert etwa der US-Medienwissenschaftler Ian Bogost im amerikanischen Magazin «The Atlantic». Die Software kann also nicht intelligenter sein als das Material, das ihr gefüttert wird. Damit ist sie für viele Experten kein Schritt in Richtung der Idealvorstellung vieler Tech-Fanatiker: der sogenannten Artificial General Intelligence. Damit ist eine künstliche Intelligenz gemeint, die dieselbe Lernfähigkeit und die gleichen argumentativen Fähigkeiten besitzt wie ein Mensch. Dazu ist heute noch keine Software fähig.

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